Bislang sieht das Szenario einer komplexeren Reparatur oft so aus: Der Techniker greift zum Handbuch und blättert darin, bis er alle benötigten Informationen zusammen hat. Das macht seine Arbeit umständlich und langwierig. Auch der elektronische Zugriff auf wichtige Daten mittels eines Laptops schafft hier keine Abhilfe - lediglich mehrfaches Durchklicken ersetzt das lästige Blättern. Zudem muss der Reparateur hierfür jedes Mal sein Werkzeug weglegen. Wäre es da nicht optimal, würde der Techniker mit seinen Augen auf einen Blick nicht nur die reale Welt, sondern zeitgleich virtuelle Informationen wie etwa Reparaturanleitungen oder Zeichnungen erfassen können?
Hört sich nach Science Fiction an? Nein! Denn mit einer Entwicklung des Fraunhofer-Instituts COMEDD soll der Techniker in der Lage sein, mit den Augen durch seine Arbeitsmaterialien zu blättern - und dabei gleichzeitig die Hände frei haben für die zu nötigen Reparaturen. Möglich macht dies eine neuartige Datenbrille mit OLED-Mikrodisplay, die neben der realen Umwelt eine erweiterte Realität (augmented reality) mit zusätzlichen Informationen sichtbar macht. Bis dato war es so, dass man Befehle für die erweiterte Realität immer mittels eines Datenhandschuhs oder Joysticks eingeben musste. Das Display der neuen Datenbrille lässt sich dagegen mit den Augen steuern. Sie erlaubt es also dem Mechaniker, so zu arbeiten wie es oben beschrieben. Entwickelt wurde die kluge Brille zusammen mit dem Fraunhofer-Institut IOSB (Blickrichtungsverfolgung) und Trivisio Prototyping (Optikdesign).
„Wir nutzen in unserer Brille einen neuartigen CMOS-Chip mit integrierter Kamera und OLED-Mikrodisplay“, erklärt Projektleiter Dr. Rigo Herold, Systemdesigner der Datenbrille bei COMEDD. Neu an der Entwicklung ist, dass hier erstmals OLEDs mit Photodioden auf den CMOS-Chip integriert sind. Die Forscher haben ihn mit mikroskalierten Sende- und Empfangseinheiten ausgerüstet. Dabei erfolgt die Anordnung der Informationen hintereinander - bezeichnet wird dies als Arraystruktur.
„So entsteht ein bidirektionales Mikrodisplay. Das heißt, wir können sowohl Bilder aufnehmen als auch wiedergeben“, schildert Herold. Der Chip gestaltet sich so: Er ist 11mm mal 13 mm klein, enthält vier Leuchtpixel und eine Photodiode in der Mitte, die die Augenbewegungen des Anwenders erfasst. Die Pixel sind zuständig für die Bilder, die auf das Mikrodisplay, das eine Leuchtfläche von 10,24 mm mal 7,68 mm besitzt, eingespielt werden. „Das Display besteht aus einer verschachtelten Matrix von OLED-Leuchtpixeln und dazwischen eingebetteten Photodetektoren, die quasi als Kamera arbeiten“, erläutert Rigo Herold. Und schickt begeistert gleich hinterher, was mit ihr so alles möglich ist: „Blickt der Betrachter durch die Brille zum Horizont, wird vor ihm in einigem Abstand etwa eine Landkarte in einer Größe von bis zu einem Meter oder eine Montagezeichnung projiziert. Bei Letzterer kann man mit einem Blick auf die Pfeiltaste eine Seite umblättern.“