Bei der Optimierung des Verbrennungsmotors werden nach wie vor beeindruckende Fortschritte hinsichtlich Verbrauch und Emissionsreduzierung gemacht. Dennoch ist man sich in der Automobilbranche weitgehend einig, dass mehr Hybridantriebe erforderlich sein werden, um die für 2020 vorgesehenen CO2-Ziele einhalten zu können. Angesichts globaler Fertigungsverbünde sind dabei Hybridantriebe von Vorteil, die bei geringer Variantenvielfalt für möglichst viele Anwendungsszenarien geeignet sind.
Eine Herausforderung für die Entwickler besteht darin, preisgünstige und effiziente Konzepte zu entwickeln, um eine schnelle Marktdurchdringung zu fördern. Über ausreichende Stückzahlen kann der Markt die erwünschte Eigendynamik erhalten. Die Hybridantriebe sollten deshalb für sehr unterschiedliche Kundenanforderungen geeignet sein. Sie müssen zudem möglichst effizient arbeiten, damit sich der volle Nutzen der Hybridisierung erschließt. Dabei geht es nicht nur um Sparsamkeit: Die elektromotorische Unterstützung kann den Antriebskomfort erhöhen und für einen spontaneren Drehmoment- und Leistungseinsatz sorgen.
Nähme man allein die zukünftige CO2-Gesetzgebung als Maßstab, wäre der Bedarf an Hybridtechnik in Europa künftig besonders groß. Nach 2020 ist ein CO2-Ausstoß von 95 g/km gefordert. Doch in einer globalen Betrachtung sind die Rahmenbedingungen komplexer. In den USA wird Hybrid-Pkws beispielsweise eine größere Bedeutung für die Erfüllung des Flottenverbrauchs beigemessen, weil die Fahrzeuge im Schnitt schwerer sind und Dieselfahrzeuge bisher eine geringe Rolle spielen. Im Hinblick auf den Flottenverbrauch hilft Hybrid im Messzyklus besonders bei schweren Fahrzeugen. SUVs und Light Trucks spielen in den USA eine große Rolle im Markt, derzeit nimmt ihr Anteil sogar zu.
Das dicht urbanisierte Japan bietet günstige Voraussetzungen für Vollhybridantriebe, weil es mehr Rekuperationsphasen gibt als in Flächenländern. In den wachsenden Megacities in China beispielsweise besteht schließlich ein großes Interesse, lokale Emissionen völlig zu vermeiden, also rein elektrisch fahren zu können. Diese Tendenz ist auch in westlichen Metropolen abzusehen, wie etwa die Londoner „Congestion Charge“ zeigt. Emissionsfrei fahrende Autos sind dort von der Innenstadtmaut befreit. Andererseits lässt sich beispielsweise in ländlichen Regionen der Schwellenländer ein teurer Plug-in-Hybrid kaum vermarkten, zumal die Werkstatt-Infrastruktur nicht auf Hochvolt-Anwendungen vorbereitet ist.
Anforderungen an ein flexibles Hybridkonzept
Angesichts dieser sehr unterschiedlichen Zielsetzungen zeichnet sich ein global taugliches Hybridkonzept durch eine sehr hohe funktionale Flexibilität aus. Im Idealfall ermöglicht es einen kostengünstigen Mildhybrid mit 15 kW ebenso wie einen sportlichen Plug-in-Hybrid mit mehr als 100 kW, der selbst bei höheren Geschwindigkeiten rein elektrisch fahren kann – und darüber hinaus sämtliche Spielarten zwischen diesen beiden Extremen. Das Package sollte dabei möglichst unverändert bleiben, damit es für einen weltweiten Fertigungsverbund geeignet ist. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, kompakte Hochdrehzahl-E-Maschinen einzusetzen, die wenig Bauraum benötigen und weniger kosten.
Aber welche Hybridtechnik kann vom Mild- bis zum Plug-in-Hybrid skaliert werden? Der Markt wird derzeit im Wesentlichen von leistungsverzweigten und Parallelhybriden bestimmt. Die Arbeitsweise von leistungsverzweigten Hybriden lässt nur den Einsatz als Voll- und Plug-in-Hybrid zu. Ein Mildhybrid ist nicht praktikabel, weil die Leistungsverzweigung eine starke E-Maschine erfordert. Flexibler sind Parallelhybride, da der Verbrennungsmotor durch eine beliebige elektromotorische Leistung ergänzt werden kann.
Bei Parallelhybriden sind die E-Maschinen in der Regel koaxial zwischen Verbrennungsmotor und Getriebe angeordnet, laufen also mit Kurbelwellendrehzahl. Kompakte und kostengünstige Hochdrehzahlmaschinen sind daher nicht einsetzbar, dafür ist eine irgendwie geartete Drehzahlwandlung erforderlich. Eine pragmatische Umsetzung für einen Parallelhybrid mit kleiner E-Maschine besteht in der Anbindung per Riemen. Dieser kostengünstige Ansatz beschränkt die Anwendung allerdings auf Mildhybride mit geringer elektromotorischer Leistung. Luftgekühlte, per Riemen angebundene E-Maschinen erreichen zwar eine Spitzenleistung von etwa 12 bis 14 kW, die Dauerleistung liegt aber nur bei 2 bis 3 kW.
Torque-Split und skalierbare E-Maschine
Einen flexiblen, modularen Hybridbaukasten, der die Funktionalität des Parallelhybrids erweitert, verfolgt Getrag beispielsweise mit dem „HybridDrive“-Konzept. Beim Torque-Split-Hybridgetriebe, das für Anwendungen vom Mild- bis zum Plug-in-Hybrid geeignet ist, ist eine kompakte Hochdrehzahl-E-Maschine in das Gehäuse eines Doppelkupplungsgetriebes integriert. Diese wirkt in achsparalleler Anordnung auf die Getriebehälfte mit den geraden Gängen. Somit besteht hier die Möglichkeit, die Momente von Verbrennungsmotor und E-Maschine über unterschiedliche Pfade zu leiten. Beide Aggregate können dabei auf mehrere schaltbare Gänge zugreifen. Damit lässt sich die jeweilige Übersetzung an die unterschiedlichen Wirkungsgradkennfelder von Verbrennungsmotor und E-Maschine anpassen. Zudem besteht die Möglichkeit, je nach Konstellation auch das Übersetzungsverhältnis von E-Maschine zu Getriebewelle anzupassen.
Beim auf der IAA 2013 vorgestellten „HybridDrive 7HDT300“ ist eine E-Maschine verbaut, die eine Drehzahl von mehr als 18.000 erreicht, ein Wert, der sich noch steigern lässt. Da die E- Maschine in den Ölkühlkreislauf des Doppelkupplungsgetriebes integriert ist, erreicht sie bereits bei einem Mildhybrid mit 48 Volt eine Spitzenleistung von 16 kW und eine Dauerleistung von 10 kW. Das und die wirkungsgradoptimierte Drehmomentverteilung machen den Torque-Split-Mildhybrid zu einer effizienten und kostengünstigen Einstiegslösung.
Im direkten Vergleich mit einer parallelen Riemenlösung mit fester Übersetzung verbraucht der Torque-Split-Mildhybrid im WLTP-Zyklus (Worldwide-Harmonized-Light-Duty-Test-Procedure) etwa sieben Prozent weniger Kraftstoff. Außerdem ist er für nahezu alle Märkte geeignet, weil die Werkstätten keine besonderen Kompetenzen für Hochvolt-Anwendungen benötigen.
Gegenüber der Riemenlösung hat der Torque-Split-Mildhybrid gleich mehrere funktionale Vorteile: Unter anderem stehen hier beim Boosting mehr Reserven zur Verfügung. Des Weiteren arbeiten sowohl die elektromotorische Unterstützung als auch die Rekuperation verlustärmer. Das Getriebe macht außerdem eine erweiterte Segelfunktion mit rein elektrischer Beschleunigung möglich. Schließlich erlaubt die Dauerleistung von 10 kW realistisch ein rein elektrisches Fahren bis ungefähr 20 km/h. Das Torque-Split-Mildhybrid-Getriebe bietet somit bereits Funktionalitäten eines Vollhybrids, bleibt aber bei der Auslegung der Batterie und des Bordnetzes ein Hybrid milder Ausprägung.
In der maximalen Ausbaustufe, einem Plug-in-Hybrid mit 360 Volt, kann die Leistung der E-Maschine über 100 kW betragen, ohne dass zusätzlicher Bauraum im Getriebegehäuse erforderlich ist. Innerhalb des breiten Spektrums zwischen Mild- und Plug-in-Hybrid lässt sich die E-Maschine beliebig skalieren, weil keine unterschiedlichen Bauteile benötigt werden. Zur Anpassung der Leistung stehen zwei Parameter zur Verfügung: die Anzahl der Wicklungen sowie die Länge des Aggregats. Diese lässt sich bei unverändertem Blechschnitt durch die Anpassung der Wicklung variieren.
Ausblick für Hybride
Die Hybridisierung kann dazu beitragen, den Bedarf an fossilen Brennstoffen zu senken und zukünftige CO2-Normen zu erfüllen, ohne das Fahrvergnügen zu beeinträchtigen. Realistisch betrachtet lässt sich aber nicht einmal über den Lebenszyklus einer Pkw-Reihe sicher voraussagen, welches Maß an Hybridisierung für die Märkte gefordert sein wird. Umso mehr sind Automobilhersteller mit der Herausforderung konfrontiert, sich zwischen konventionellem Antrieb und Plug-in-Hybrid möglichst flexibel aufstellen zu können. Im Vergleich zum parallelen und leistungsverzweigten Hybrid stellt dabei der Torque-Split-Hybrid das effizienteste Konzept dar. Er eröffnet die Möglichkeit, kostengünstige und sparsame Hybridantriebe anzubieten, die genau auf die Bedürfnisse des jeweiligen Marktes abgestimmt werden können.