Laut Bundesumwelt ist der Betrieb von Gebäuden verantwortlich für ungefähr 35 Prozent des Endenergieverbrauchs und 30 Prozent der CO2-Emissionen in Deutschland. Eine riesige Verantwortung für das Gelingen der Klimawende tragen demnach die Gebäudeeigentümer und -betreiber. Wie unterstützen Sie speziell Unternehmen bei der Dekarbonisierung?
Spätestens seit die Bundesregierung das Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2045 in ihrem Klimaschutzgesetz verankert hat, ist für alle Sektoren klar, dass sie in etwas mehr als 20 Jahren die Netto-Null-Emission vorweisen müssen. Das betrifft die Industrie, die Land- und Energiewirtschaft genauso wie den Verkehr oder den Gebäudebereich. Wir alle – und da schließen wir von Johnson Controls uns mit ein – müssen unsere CO2-Emissionen reduzieren, um die Dekarbonisierung zum vorgeschriebenen Zeitpunkt zu erzielen. Als Thought Leader für intelligente und zukunftsfähige Lösungen in der digitalen Gebäudetechnik sehen wir unsere Aufgabe darin, Unternehmen auf ihrer Reise hin zu Net-Zero zu begleiten – strategisch und mit innovativen Technologien.
Welche Marschroute empfehlen Sie demnach, um die Dekarbonisierung erfolgreich auf den Weg zu bringen, Herr Emin?
In Sachen Energietransformation im Gebäudebereich haben wir viel Erfahrung und wissen darum genau, wie Unternehmen zielführend vorgehen sollten. Unsere Empfehlung ist, im ersten Schritt klar die zu erreichenden Ziele herauszuarbeiten – und sie erst dann mit sehr konkreten Maßnahmen umzusetzen. Aus unserer Sicht ist das der einzig richtige Weg, da die Dekarbonisierung ganzheitlich und langfristig geplant werden muss. Schließlich sind vom Gebäudemanagement über die Lieferketten bis hin zur Produktion zahlreiche Faktoren zu beachten, die in der Regel höchst individuell zu betrachten sind. Daher begleiten wir meist bereits in der Konzeptionsphase.
Wie könnten konkrete Maßnahmen aussehen?
Die Voraussetzungen sind von Unternehmen zu Unternehmen und von Gebäude zu Gebäude unterschiedlich. Doch unbestritten ist, dass die Netto-Null-Emissionen nur mit digitaler Unterstützung zu erzielen sind. Die bietet eine Gebäudeautomation, die speziell auf Energieeinsparungen bei gleichzeitigem Rückgang der CO2-Emissionen abzielt. Dafür integriert sie möglichst die gesamte technische Gebäudeausrüstung und sammelt und analysiert deren Daten, damit Gebäudebetreiber eine fundierte Basis für zukünftige Entscheidungen haben. Es mögen zwar ganz verschiedene Geräte in eine Gebäudeautomation eingebunden sein, aber für Unternehmen ist die Automation alternativlos – und daher die richtige Wahl! Übrigens gibt es dazu auch aktuelle Gesetzes-vorgaben: Seit Anfang 2024 macht das GEG einen Automationsgrad für den Großteil aller Nichtwohngebäude verpflichtend.
Welche Anforderungen stellt das GEG?
Das GEG 2024 ist ein zentraler Baustein der deutschen Wärmewende. Das neue Heizungsgesetz formuliert für Nichtwohngebäude, dass die Gebäudeautomation eine Chance „zu einem energieeffizienten, wirtschaftlichen und sicheren Betrieb“ sei. Perspektivisch macht es moderne Gebäudetechnik, allen voran die Gebäudeautomation, dadurch unverzichtbar. Es braucht zukunftsfähige Lösungen mit Weitsicht, denn die Intelligenz von Gebäuden und damit die Digitalisierung wird in Zukunft eine entscheidende Rolle spielen.
Mit OpenBlue haben Sie eine Gebäudeautomation im Portfolio, die KI einsetzt…?
Richtig, OpenBlue geht nochmal einen Schritt weiter. Mithilfe von künstlicher Intelligenz analysiert unsere Plattform alle aus den angebundenen Systemen, Betriebsmitteln und Sensoren einfließenden Daten kontinuierlich und optimiert auf dieser Basis mithilfe von selbsterlernenden Algorithmen eigenständig den Zustand der integrierten Anlagen. So läuft das Gebäudemanagement in Echtzeit ab und die Wartung wird vorausschauender. Zudem alarmiert OpenBlue proaktiv bei der Überschreitung festgelegter Schwellwerte oder bei Unregelmäßigkeiten vor möglichen Fehlfunktionen. Im Ergebnis steigern sich einmal mehr die Betriebseffizienz sowie die Ausfallsicherheit – und helfen dabei, Kosten zu reduzieren. Zugleich bessert sich die Luftqualität in den Innenräumen bei deutlich reduziertem Energieverbrauch und CO2-Ausstoß. OpenBlue wurde zuletzt vom globalen Technologieforschungsunternehmen ABI Research als Gesamtmarktführer ausgezeichnet. Die Forscher gaben unserem Ökosystem mit seinen vernetzten Technologien und Dienstleistungen unter neun anderen Plattformanbietern die höchste Bewertung für die Implementierung.
Haben Sie, abgesehen von der
Automation von Gebäuden, weitere Tipps für Unternehmen? Für viele ist das Thema Dekarbonisierung ja noch immer echtes Neuland?
Branchenübergreifend können wir Unternehmen im mutigen Voranschreiten nur bestärken, denn die eindeutige Positionierung in Sachen Dekarbonisierung ist mittlerweile unerlässlich. Das Erzielen der Netto-Null-Emission wird nicht nur gesetzlich verlangt, sondern sichert Unternehmen auch zunehmend Wettbewerbsvorteile. So kann es beispielsweise positive Auswirkungen auf Ausschreibungen, die Vergabe von Krediten oder die Mitarbeitergewinnung haben. Nicht unerheblich ist ebenfalls, dass die Klimaanstrengungen aller Marktteilnehmer das Risiko von Energieengpässen mindert und steigende Energiekosten vorbeugt. Wir von Johnson Controls begleiten unsere Kunden von der Zieldefinition und Potenzialermittlung über die Entwicklung und Umsetzung individueller Lösungen bis hin zur dauerhalten Sicherstellung der Klimaneutralität. Im Rahmen unseres ganzheitlichen Ansatzes bieten wir auch Finanzierungsmodelle sowie „As a Service“-Abonnementmodelle an, damit Unternehmen einerseits flexibler sind und andererseits schneller auf die aktuell intelligentesten Gebäudetechnologien zugreifen können. Außerdem: Beratung, Analyse und Umsetzung lassen sich in den meisten Fällen durch die eingesparten Energiekosten gegenfinanzieren und überdies fördern – häufig amortisiert sich ein Invest schnell. So entwickeln wir gemeinsam mit unseren Kunden individuelle Konzepte für die „Net-Zero“. Dabei berücksichtigen wir selbstverständlich sowohl gängige als auch neue Normen und Zertifizierungen und helfen dabei, aktuelle Trends zu verstehen.
Und welchen Anspruch verfolgt Ihr Unternehmen Johnson Controls in Sachen Nachhaltigkeit?
Selbstverständlich setzen wir uns schon sehr lange mit unserem eigenen CO2-Fußabbdruck und unserem Beitrag zum Klimaschutz auseinander. Aus diesem Grund haben wir uns dazu verpflichtet, die Netto-Null-Emission in den Scopes 1 und 2 bereits bis 2040 zu erreichen. Damit liegen wir 10 Jahre vor der Zielvorgabe des Pariser Klimaschutzabkommens. Als erstes Etappenziel streben wir bis 2030 die Senkung unserer betrieblichen Emissionen in den Scopes 1 und 2 um 55 Prozent sowie in Scope 3 um 16 Prozent an. Aktuell befinden wir uns da-hingehend auf einem sehr guten Weg. In den Scopes 1 und 2 haben wir derzeit schon knapp 44 Prozent erreicht, in Scope 3 haben wir unser Ziel mit 27 Prozent bereits übertroffen.
Was treibt Sie an, gerade als neuer General Manager?
Die Nachhaltigkeit ist seit über 135 Jahren fest in der Unternehmens-DNA von Johnson Controls verankert und beeinflusst jeden Aspekt unserer Arbeit. Das fängt bei unserer Philosophie an und geht über unseren Kundenservice bis hin zu unserem gesellschaftlichen Engagement. Natürlich möchten wir in Sachen Nachhaltigkeit und Dekarbonisierung mit gutem Beispiel vorangehen. Unser Anspruch ist es, die digitalen Möglichkeiten noch stärker auszuschöpfen und Synergien innerhalb unseres Lösungsportfolios zu nutzen, um Gebäude noch intelligenter und nachhaltiger auszustatten. Für unsere Transparenz und Leistung im Bereich Klimaschutz haben wir zuletzt vom Carbon Disclosure Project die Note A- für unsere Umweltleistungen erhalten. Solche Auszeichnungen sind ein großer Ansporn auch für mich persönlich. Wir bei Johnson Controls werden uns nie ausruhen, sondern weiterhin mutige Schritte in Richtung einer nachhaltigeren Zukunft unternehmen. Denn nur indem wir entschlossen handeln, können wir unseren Planeten zu einem besseren Ort für alle machen.