Fachbeitrag NFC schlägt grosse Wellen

RUTRONIK Elektronische Bauelemente GmbH



01.07.2013

NFC ist eine von mehreren Funkschnittstellen in Smartphones, die man für für Eingabe- und Ausgabezwecke, zur lokalen Datenübertragung oder als Internetgateway nutzen kann. Zudem können bis zu 100 mW Energie übertragen werden, so dass einige Geräte ohne eigene Stromversorgung auskommen. NFC wird so zur günstigen Alternative zu WiFi und Bluetooth.

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Ganz gleich, welche Geräte derzeit entwickelt werden - ohne eine eigene App für gängige Smartphones werden Hersteller bald Wettbewerbsnachteile haben. Eine App zur Bedienung, Überwachung, Wartung oder auch für die herstellerinterne Logistik ist schnell erstellt. Als lokale Funkschnittstelle stehen meist WiFi, klassisches Bluetooth, Bluetooth Low Energy, ANT und NFC zur Verfügung. Jede Technologie hat ihre Daseinsberechtigung - aber was kann man mit möglichst geringen finanziellen Zusatzkosten nutzen und welche Einschränkungen muss man in Kauf nehmen?

NFC ist auch nur RFID

NFC (Near Field Communication) beruht auf den bekannten RFID-Protokollen ISO/IEC 14443 (Short Range) oder - praktisch schon unterstützt, aber offiziell noch im Freigabeprozess - 15693 (Long Range). Im Gegensatz zum klassischen RFID gibt es bei NFC drei verschiedene Betriebsmodi. Ein Smartphone kann sowohl als Emitter fungieren, also selber ein elektromagnetisches Feld aufbauen (Reader Mode), als auch als Transponder, der rein passiv auf fremdgenerierte Felder reagiert (Card Emulation Mode). Beim Peer-to-Peer-Mode kommunizieren zwei NFC-Geräte praktisch zeitgleich aktiv und passiv miteinander. Um eine Entwicklung möglichst kostengünstig so zu erweitern, dass sie mit einem Smartphone interagieren kann, nutzt man speziell den aktiven Reader-Modus der tragbaren Minicomputer. Über eine induktive Antenne in Form von kostengünstigen, aber recht großen Leiterbahnen auf dem PCB oder in Form einer Spule als bestückbares Bauteil kann das Mobiltelefon auf einen Speicher der Zielapplikation zugreifen. Da der Speicher zugleich auch mit dem Mikrocontroller der Zielapplikation verbunden ist, spricht man von einem Dual-Interface-Memory. Solche Speicherbausteine gibt es als EEPROM oder FeRAM mit unterschiedlichen Speichergrößen, AES-Verschlüsselungen, Host-Schnittstellen und Energy-Harvesting-Funktion. Je nach Anwendung verwendet man beispielsweise nur einen 64-kByte-Speicher, oder man wählt einen kleineren 4-kByte-Speicher, der lediglich als Zwischenpuffer zur Datenübertragung eingesetzt wird. Ebenfalls von der Anwendung abhängig ist die Verwendung des Protokolls. ISO/IEC 14443 ist mit bis zu 106 kBit/s eher auf schnellere Datenübertragung ausgelegt. Je nach Antennenausführung sollte das Smartphone jedoch direkt an das Zielgerät gehalten werden. Die typische Reichweite liegt bei etwa 10 cm, darüber hinaus werden die Antennendimensionen sehr unpraktisch. Bei ISO/IEC 15693 können hingegen Reichweiten um die 30 cm mit praktikablen Antennen erzielt werden. Aufgrund der Datenrate von 26 kBit/s eignet sich diese Technologie aber eher zum Austausch von Einstellungsdaten als zur Übertragung von Firmwareupdates oder Informationen mit ähnlichen Volumina.

Bekannt für Payment, hilfreich für vieles

Es gibt unzählige Anwendungsfälle, in denen der gleichzeitige Speicherzugriff via Mikrocontroller und Smartphone nützlich sein kann. So lässt sich das Pairing zwischen Bluetooth-Geräten damit vereinfachen ebenso wie die Einbindung von WiFi-Geräten in bestehende Infrastrukturen. Das Eingeben von Pin-Codes, Netzwerknamen oder Sicherheitsschlüssel kann aufgrund der kurzen NFC-Betriebsdistanzen möglicherweise entfallen. Wer den Zugriff weiter einschränken möchte, kann zudem aufgrund der fälschungssicheren UID (weltweit einmalige Identifizierungsnummer eines RFID-Speichers) das Gerät identifizieren und durch einen Datenbankabgleich das Bluetoothpairing oder die WiFi-Anbindung gestatten oder ablehnen.Rüstet man eine Mikrowelle oder einen Backofen mit einem solchen Dual-Interface-Speicherchip aus, können mit dem Mobiltelefon Rezepte aus dem Internet geladen werden und die empfohlenen Einstellungen für die Küchenmaschinen direkt per NFC einprogrammiert werden. Digitale Preis- und Namensschilder, welche mit einem ePaper-Display ausgerüstet sind, lassen sich nicht nur mit einem NFC-Handy programmieren, per NFC wird auch die Energie zur �?nderung der Displayanzeige gleich mitgeliefert, so dass keine Batterie und kein Connector für Kabelanschlüsse nötig sind. Auf diese Art lassen sich auch Temperatursensoren versorgen, die bei Berührung mit einem NFC-fähigen Mobiltelefon den Messwert aufnehmen und zur Speicherung oder weiteren Verarbeitung an das Telefon übertragen. Bereits bei der Produktion und Bestückung von Platinen lassen sich gleich zu Beginn Produktionsdaten hinterlegen und so das Tracking der Produktionsstufen vereinfachen. Damit können spätere Services, Wartungen, Reparaturen und Updates versteckt dokumentiert werden. Zudem wird auch die Verwechslung der Hardware ausgeschlossen. Ein solches Merkmal ist nicht nur für den Hersteller oder Servicetechniker nützlich, auch der Endverbraucher profitiert davon: Hat ein Gerät einen Fehler, kann der Nutzer sein Smartphone in die Nähe des Gerätes bringen und bekommt automatisch eine Anleitung angezeigt, wo der Fehler liegt und was er tun muss, um ihn zu beheben. Über den NFC-Speicher werden das Gerät, sein Zustand und der generierte Fehlercode des Mikrocontrollers an das Smartphone übertragen. Die herstellerspezifische App sendet die Daten an einen Server. Dieser antwortet mit dem Link zum richtigen PDF, wo dokumentiert ist, welche Knöpfe man drücken muss, damit das Gerät wieder seine Arbeit aufnimmt. Auch fertig produzierte Geräte lassen sich noch umprogrammieren, ohne dass die Verpackung geöffnet oder eine Batterie eingelegt werden muss. Ebenso kann der potenzielle Konsument im Geschäft sein Smartphone zur Identifizierung an die Ware halten und bekommt eine Sekunde später das passende Werbevideo aus dem Internet an das Handy gesendet - unansehnliche QR-Codes müssen also nicht länger die Augen von den schönen Produkten ablenken.

Bereits verfügbare Produkte

Rutronik arbeitet als offizieller Franchisepartner mit drei Herstellern solcher NFC-fähigen Dual-Interface-Speicherchips zusammen. Die Produkte von Panasonic, Fujitsu und ST unterscheiden sich in den Spezifikationen nur geringfügig. Während ST auf EEPROM und ISO15693 setzt, verwendet Fujitsu FeRAM und ebenso ISO15693, Panasonic hingegen FeRAM und ISO14443. Energy Harvesting bieten ST und Panasonic - beide erlauben eine Versorgung durch Smartphones (oder andere RFID-Reader) mit bis zu 100 mW, was für einen Mikrocontroller, Sensoren und ein LC-Display ausreicht. Um Entwicklern die Möglichkeit zu geben, die Lösung selbst ausgiebig auszuprobieren, bietet ST das Demonstrationskit „M24LR-Discovery“. Es besteht aus einer Reader-Platine, die auf dem CR95HF basiert und per USB an einen Computer angeschlossen werden kann. Außerdem liegt dem Kit ein passives PCB basierend auf einem M24LR04E bei. Der M24LR04E versorgt über die empfangene Energie einen Mikrocontroller, einen A/D-Wandler für die Anzeige der induzierten Versorgungsspannung, einen Temperatursensor, Knöpfe und ein LC-Display. Aktiviert man NFC an seinem Handy und hält es in die Nähe der M24LR-Platine, so zeigt es Temperatur oder Spannung an. Handelt es sich um ein NFC-fähiges Android-Smartphone, so lässt sich der Controller bzw. das Display mittels einer verfügbaren App umprogrammieren. Als Alternative zum Android-NFC-Handy bietet ST auf seiner Homepage ein Windows-Programm für die beiliegende CR95HF-Platine zum Download, mit dem man die M24LR-Platine umprogrammieren kann.Neben dem M24LR04E mit vier Speicherblöcken á 1 kBit sind auch Versionen mit 16 oder 64 Speicherblöcken erhältlich. Jeder Speicherblock kann mit drei Passwörtern individuell gegen Schreib- und/oder Lesezugriff per Funk geschützt werden. Das EEPROM hält eine Million Schreibzyklen aus und speichert Daten bis zu vierzig Jahre lang ohne Datenverlust. Die Spannungsversorgung kann im Bereich zwischen 1,8 und 5,5 V erfolgen. Der High-Speed-Mode des RF-Interfaces erlaubt bis zu 53 kBit/s. Wird ein solcher passiver NFC Transponder eingesetzt, der mit sogenannter Lastrückkopplung des vom Smartphone ausgesendeten elektromagnetischen Feldes arbeitet, ist keine Funk-Zertifizierung notwendig. Das erspart mehrere tausend Euro im Vergleich zu aktiv funkenden Technologien.

Günstige Alternativen

Unter Umständen ist NFC trotz der geringen Zusatzkosten von nur wenigen Cent nicht die günstigste Art, sein Gerät mit einem Smartphone zu verbinden. Eine spannende Alternative ist ein Wireless-System-On-Chip-Derivat von Nordic Semiconductor. Für den nRF51822 bietet Nordic einen kostenlosen Bluetooth Low Energy Stack an. Sowohl der Chip als auch der Stack sind bereits von der Bluetooth Special Interest Group zertifiziert. Der Kunde erhält einen Cortex-ARM-M0-Mikrocontroller mit A/D-Wandlern, flexiblem GPIO-Management und 128- oder 256-kByte-Flash-Speicher und benötigt extern nur einen 16 MHz Quarz, einen ST-BAL-NRF01D3-Balun-Filter und eine 2,4-GHz-Antenne, die ebenfalls kostenlos auf dem PCB realisiert werden kann. Die BoM fällt mit insgesamt unter zwei Euro sehr gering aus, wenn man dafür auf weitere Controller verzichten kann. Die Reichweite übertrifft mit rund 50 m nicht nur NFC, sondern auch klassisches Bluetooth bei derselben Sendeleistung. Dennoch hält eine CR2032-Knopfzelle meist mehrere Jahre.Das Beispiel zeigt: Nicht immer ist die auf den ersten Blick günstigste Lösung tatschlich die optimale. Ausgewiesene Wireless-Experten des Distributors haben den herstellerübergreifenden Überblick über die verschiedenen Möglichkeiten und stehen Kunden mit kompetentem Rat und Tat zur Seite.

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