Unter Bioethanol, das auch als Bio-Alkohol angegeben wird, bezeichnet man das ausschließlich aus Biomasse oder in seltenen Fällen aus biologisch abbaubaren Abfällen hergestellte Ethanol. Biomasse besteht in der Regel aus speziell für die Herstellung von Bioethanol angebautem Weizen, Mais oder Raps. „Diese Form der Herstellung ist nicht nachhaltig, was mittlerweile kein Geheimnis mehr ist“, so Markus Geßner, Marketing- und Vertriebsverantwortlicher bei Emil Otto.
Gleiches gilt für die Herstellung von Biokraftstoffen als Alternative zu fossilen Energieträgern. Diese werden aus den gleichen Rohstoffen hergestellt. Daher lassen sich zum Beispiel die CO2-Opportunitätskosten von Biokraftstoffen auch auf Bioethanol umlegen. Die CO2-Opportunitätskosten bezeichnen die potenzielle Kohlenstoffspeicherung aus der Renaturierung von Agrarflächen. Diese korrespondieren mit der entgangenen potenziellen Kohlenstoffspeicherung bei der weiteren Nutzung von Biokraftstoffen oder Bioethanol.
Wasserverbrauch, Artenvielfalt: Vielfältige Probleme
So hat das ifeu - Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg in einer 2022 veröffentlichten Studie zu den CO2-Opportunitätskosten von Biokraftstoffen in Deutschland herausgefunden, dass der Anbau von Rohstoffen zur Erzeugung von biologischen Kraftstoffen eine Einsparung an Treibhausgasemissionen in Höhe von 9,2 Millionen t CO2-Äq. ergab. Würden allerdings die dazu genutzten Flächen für das Wachstum einer natürlichen Vegetation genutzt werden, wäre eine mittlere jährliche Kohlenstoffbindung in Höhe von über 16 Millionen t CO2 möglich. Somit liegen die CO2-Opportunitätskosten der Biokraftstoffproduktion deutlich über der Emissionsminderung. Außerdem reduzieren die großen Anbauflächen die Artenvielfalt bei gleichzeitig erhöhtem Wasserverbrauch. „Der Wasserbedarf ist enorm, da für einen l Biokraftstoff oder Bioethanol je nach Wetterlage und Region 3.500 l Wasser erforderlich sind“, führt Geßner aus.
Geßner hat das Thema Artenvielfalt als Freizeit-Imker aber auch aus eigener Erfahrung sehr deutlich vor Augen: „Wir alle sprechen vom Bienensterben. Mittlerweile ist auch bekannt, welche Auswirkungen dies auf unser Leben hat. Dennoch werden nach wie vor riesige Monokulturen angebaut, um schlussendlich Bioethanol herzustellen. Der Ertrag der Anbauflächen wird nicht nur mit Pestiziden und Ähnlichem gesichert, vielmehr beeinträchtigen sie außerdem die Artenvielfalt und Biodiversität. Den Einsatz von Bioethanol halten wir aber nicht nur aus ökologischen, sondern auch aus ethischen Gründen für nicht richtig. Denn die starke Nutzung von Agrarflächen für diese Produkte treibt nachweislich die Lebensmittelpreise in die Höhe.“
Genügend Gründe für Emil Otto, um auf Bioethanol als Rohstoff für Flussmittel auf Alkoholbasis zu verzichten. „Es ist bedenklich, wenn chemische Produkte aufgrund des Zusatzes von Bioethanol als „Bio“ bezeichnet werden. Wir Hersteller müssen daher genau hinzuschauen, was wir verarbeiten. Ich werfe niemanden Green-Washing vor. Allerdings halte ich es für falsch, ein nachweislich nicht nachhaltiges Produkt aus Marketinggründen mit der Bezeichnung „Bio zu versehen“, betont Geßner.
„Unsere alkoholbasierten Elektronikflussmittel werden fast ausschließlich, aufgrund Ihrer Eigenschaften, mit Isopropylalkohol hergestellt“, so Geßner. Er weist allerdings auch darauf hin, dass bei einigen wenigen Produkten, geringe Mengen Bioethanols auch von Emil Otto verarbeitet werden müssen: „Nach unseren Recherchen bekommen wir seit mehr als zehn Jahren, Ethanol mit dem Hauptanteil aus Agrarressourcen, da Ethanol, der auf anderen Herstellungsarten basiert, nur selten in reiner und ungemischter Sorte lieferbar ist.“