Entwicklungsingenieure müssen bei ihren Projekten oftmals straffe Zeitpläne einhalten. Jede Verzögerung auf dem Weg zur Produkteinführung kann sich als äußerst kostspielig erweisen und die Marktposition schwächen. Viele Elektronikprodukte entsprechen bei der formellen EMV-Konformitätsprüfung, die in der Regel am Ende des Entwicklungszyklus‘ ansteht, nicht direkt den geltenden Normen und Vorgaben. Nachgelagerte Arbeitsschritte zur EMV-Fehlersuche, Isolierung und Behebung des Problems können die Folge sein. Es ist daher sinnvoll, EMV-Tests als vorbeugende Maßnahme bereits in den Entwicklungsprozess zu integrieren, um unerwünschte Signalemissionen frühzeitig zu entdecken. Dies ist kosteneffizienter als ein aufwendiges Redesign und erhöht die Wahrscheinlichkeit, die EMV-Konformitätsprüfung gleich beim ersten Versuch zu bestehen.
Mit der zunehmenden Einführung von Geräten auf Basis von Wide-Bandgap-Halbleitern steigt auch der Umgang mit Hochspannung und hohen Schaltgeschwindigkeiten. Schnell schaltende Kondensatoren und Spulen beispielsweise begünstigen wiederum elektromagnetische Störeffekte (EMI) in Form von leitungsgebundenen und abgestrahlten Emissionen. Die zentralen Fragestellungen im Rahmen von EMV-Tests bei der Produktentwicklung lauten unter anderem: Wie lassen sich Störquellen und Kopplungsmechanismen identifizieren und lokalisieren? Und wie lässt sich die Wirksamkeit von Designanpassungen auf die Signalemissionen unmittelbar darstellen und bewerten?
Bedeutung von EMV-Tests
Elektromagnetische Störaussendungen (EMI, Electromagnetic Interference) werden durch ungewollte elektromagnetische Felder verursacht. Sie können die Signalqualität und ordnungsgemäße Funktion anderer elektronischer Geräte beeinträchtigen. Um die EMI-Strahlung gesamtheitlich zu minimieren, müssen lokale Emissionsquellen auf den integrierten Komponenten frühzeitig identifiziert und behoben werden. Die Bewertung elektromagnetischer Störstrahlung erfolgt über Messungen mit speziellen Nahfeldsonden (H- und E-Feld-Sonden). Als Teil des Pre-Compliance-Tests kann auf diese Weise sichergestellt werden, dass die Emissionen mit den geltenden EMV-Normen und Standards vereinbar sind.
Pre-Compliance-Tests werden empfohlen, um mögliche Probleme in einem frühen Stadium der Entwicklungsphase zu erkennen. Die EMV-Konformitätsprüfung stellt anschließend eine wesentlich kleinere Hürde dar. Redesigns, Verzögerungen und zusätzliche Kosten in der späteren Projektphase lassen sich vermeiden. Pre-Compliance-Tests erlauben jederzeit eine detaillierte Analyse der Signalemissionen, sodass entsprechende Korrekturmaßnahmen ergriffen werden können.
Der formelle EMV-Konformitätstest wird in der Regel von zertifizierten Prüflaboren durchgeführt, kann in einigen Fällen aber auch vom Hersteller selbst übernommen werden. Konformitätstests müssen die strengen Vorgaben und präzisen Verfahrensweisen der EMV-Normen erfüllen. Da dies eine spezielle Ausrüstung sowie Absorberkammern und qualifiziertes Personal erfordert, sind Konformitätstest mit hohen Kosten verbunden.
EMV-Messtechnik für die Entwicklung und Qualitätssicherung
Der EMV-Scanner SCN-500 der schwedischen Firma Pendulum ist ein effizientes Pre-Compliance-Tool für die Messung und Analyse elektromagnetischer Störungen. Der Scanner hilft dabei, die Emissionsquellen zu lokalisieren und verschiedene Konstruktionslösungen durch wiederholte Messungen miteinander zu vergleichen. Der Scanner nutzt ein XYZ-Positioniersystem, um 2D-, 3D- oder 4D-Emissionsanalysen von elektronischen Bauteilen durchzuführen. Elektromagnetische Hotspots werden in einer farbigen Kartendarstellung sichtbar gemacht.
Für ein komplettes EMV-Messsystem benötigt man den Scanner SCN-500 mit auswählbarem Sondensatz, einen PC mit Scanner-Software und einen Spektrumanalysator. Dieser muss auf den Frequenzbereich der relevanten Signalemissionen abgestimmt sein. Bei sehr kleinen Störsignalen empfiehlt sich ein Vorverstärker. Die Scanner-Software unterstützt eine Vielzahl kompatibler Spektrumanalysatoren von unterschiedlichen Herstellern, zum Beispiel die Geräteserie FPL1000 von Rohde & Schwarz.
Der SCN-Scanner zeichnet sich durch seine präzise Abtastung in 0,1-mm-Schritten aus. Er ist für drei unterschiedlich große Arbeitsbereiche bis zu 600 x 400 x 300 mm verfügbar. Die maximale Dimension des Prüflings ist demnach durch den mechanischen Aufbau des Scanners limitiert, er kann jedoch in y-Richtung verschoben werden. Alle Modelle können jeweils mit 3-, 6- oder 10-GHz-Sonden verwendet werden. Die mitgelieferten Sonden decken vielfältige Applikationen ab. Sie detektieren H- und E-Felder und sind sowohl für niederfrequente als auch für hochfrequente Störer geeignet, die senkrecht vom Prüfling abgestrahlt werden oder seitlich austreten, zum Beispiel an Kabel- oder Gehäuseübergängen.
Vorteile der 3D-Messung
Bei der zweidimensionalen Messung mit dem EMV-Scanner bewegt sich die Nahfeldsonde in einem definierten, festen Abstand über oder unter dem Prüfling. Der 2D-Scan empfiehlt sich daher nur bei Objekten mit sehr geringen Höhendifferenzen. Die 3D-Messung berücksichtigt dagegen die Oberflächenform des Prüflings und scannt diesen mit konstantem Abstand zu den jeweiligen Messpunkten ab. Kleine Komponenten werden so genauer erfasst, selbst wenn sie von großen Bauteilen wie Kondensatoren oder Kühlkörpern umgeben sind.
Die 4D-Modellvarianten des SCN-Scanners sind zusätzlich mit einer Rotationsfunktion für die Nahfeldsonde ausgestattet. Während der Messung wird mittels Drehung der Sonde die Position mit der stärksten Signalerfassung ermittelt und die zugehörige Amplitude abgespeichert. Dieser Vorgang wiederholt sich in jeder Messposition. Unterschiedliche Empfindlichkeiten der Sonde aufgrund verschiedener Messwinkel können so ausgeschlossen werden, was die Messung an Kabeln und insbesondere an Schirmgehäusen vereinfacht.
Die Störfestigkeit testen
EMV-Konformität beinhaltet auch die Störfestigkeit (EMS, Electromagnetic Susceptibility) gegenüber externen Einflüssen, um zu gewährleisten, dass ein Gerät in einer typischen, elektromagnetischen Umgebung ordnungsgemäß funktioniert. Zur Bewertung der Störfestigkeit bietet der Scanner SCN-500 eine Immunitäts-Softwareoption. Der Messaufbau beinhaltet einen Signalgenerator, eine Antenne (hier: Nahfeldsonde) und ein Error Detection Device (EDD), das die Ausfälle des Prüflings detektiert. Hierbei kann es sich um ein Multimeter handeln oder um ein anderes Gerät mit einer Kommunikationsschnittstelle zur Software. Der PC steuert den Generator und Scanner und bekommt über das EDD die Ausfall-Rückmeldung.
Die ausgegebene Leistung bei Ausfall wird, wie bei der EMI-Messung, grafisch aufbereitet. Die Messungen sind leicht zu interpretieren und für einen objektiven Vergleich reproduzierbar. Während des Messvorgangs bewegt der Scanner die Antenne in vorgegebenen Positionen über das Testobjekt. In jeder Messposition wobbelt der Signalgenerator in Frequenz und Amplitude, während das EDD den Ausfall des Prüfobjekts erfasst.
Messungen mit dem EMV-Scanner durchführen
Für die Messung mit dem EMV-Scanner müssen diverse Parameter wie der Frequenzbereich, die Auflösungsbandbreite oder die Anzahl der Sweeps pro Messpunkt am Spektrumanalysator festgelegt werden. Der Frequenzbereich bestimmt zudem die Auswahl der Nahfeldsonde.
Mit steigender Sweep-Anzahl erweitert sich die Möglichkeit, auch sporadische Signalstörungen zu erfassen. Hierdurch verlängert sich die Messzeit. Der Spektrumanalysator lässt sich vollständig über die Software konfigurieren. Diese bietet auch vordefinierte Messbereiche, die individuell angepasst werden können.
Zur Durchführung einer 2D-Messung müssen die Position des Prüflings auf dem Scanner sowie die Messhöhe definiert werden. Hierbei ist es hilfreich, ein Foto des Bauteils zu importieren, was später auch die Zuordnung der Emissionsquellen erleichtert. Da ein Foto nie verzerrungsfrei vorliegt, ist eine softwareseitige Korrektur erforderlich, indem zunächst vier definierte Punkte mit der Sonde vermessen werden. Bei Prüfobjekten mit unterschiedlichen Bauteilhöhen ist es möglich, mehrere Messbereiche mit jeweils unterschiedlichen Scan-Abständen festzulegen.
Für die 3D-Messung kann eine vorhandene STL-Datei importiert werden. Damit die Software die Sondenposition im Raum erkennt, müssen in einem manuellen Vorgang zunächst verschiedene Messpunkte angefahren werden. Für den Scan wird anschließend der gewünschte Abstand zur Oberfläche des Prüflings angegeben. Der optional verfügbare Laser-Abstandsmesser vereinfacht das Setup, indem automatisch ein 3D-Modell des Prüflings erstellt wird – ohne CAD-Daten und ohne die manuelle Positionierung des Scanners. Dies spart Zeit und erhöht die Zuverlässigkeit der Messung.
Interpretation der Messergebnisse
Für die Visualisierung und Interpretation der Messungen sind die Ergebnisse und das Foto des Prüflings zu laden. Beim 2D-Scan ergibt sich der HF-Pegel der Signalemissionen aus dem dargestellten Farbverlauf sowie der Höhe des Messergebnisses. Beim 3D-Scan wird die Messung als Hüllkurve über das 3D-Objekt gelegt. Die Höhe der Hüllkurve entspricht dem Scan-Abstand. Die HF-Pegeldifferenz wird als Farbverlauf visualisiert.
Die Messergebnisse werden zusätzlich in einem Spektrum angezeigt: Das Max-Hold-Spektrum bildet die Maximalamplituden über der gesamte Messfläche ab und macht die emittierten Frequenzen sichtbar. Eine weitere Ansicht stellt das Frequenzspektrum an einem ausgewählten Messpunkt auf dem Prüfobjekt dar. Dieser wird in der grafischen Darstellung mit einem Kreuz markiert.
Zusammenfassung
Es ist im Allgemeinen kostengünstiger, Designprobleme in Verbindung mit elektromagnetischen Störungen zu einem frühen Zeitpunkt der Produktentwicklung zu lösen. Teure Redesigns und Projektverzögerungen lassen sich so vermeiden. Mit Pre-Compliance-Tests können Signalemissionen von elektronischen Bauteilen jederzeit analysiert werden, um rechtzeitige Korrekturmaßnahmen zu ergreifen. Nahfeldscanner wie der SCN-500 von Pendulum vereinfachen die EMV-Fehlersuche durch 3D-Visualisierung der Störquellen. Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit, den formellen EMV-Konformitätstest beim ersten Versuch zu bestehen.