Es leuchtet ein, dass ein Klärsystem mit einer Schmutzwasser-Bandbreite von 50 bis 100Prozent nur dann mit optimaler Energieausnutzung gefahren werden kann, wenn die ausgewählten Prozesslufterzeuger sich vollautomatisch an alle Bedarfssituationen anpassen. „Deshalb haben wir für die Erzeugung der Prozessluft im November 2010 ein neues Erzeugungskonzept realisiert“, erklärt Klärwerksmeister Heiko Müller. „Jetzt decktein neues drehzahlgeregeltes Aerzener-Turbogebläse als aktive Grundlastanlage im Normalfall unseren Prozessluftbedarf alleine ab.“ Müller und seine Kollegen in der Kläranlage Bremervörde können bis zu zwei Drehkolbengebläse aus der alten Lösung für die Erzeugung der Spitzenlast vollautomatisch zuschalten. Mit dieser gezielten Verteilung der Grundlast auf ein entsprechend dimensioniertes Turbogebläse und der Spitzenlast auf bis zu zwei Drehkolbengebläse wird die Prozessluft besonders energieeffizient erzeugt. Das wirkt sich deutlich auf die Gesamtkosten aus, denn für die Prozesslufterzeugung fallen rund 75Prozent der gesamten Energiekosten der Kläranlage an. Die vor dem neuen Erzeugungskonzept vorhandenen älteren Gebläse in Bremervörde konnten nach etlichen Jahren Laufzeit in ihrem unteren Leistungsbereich nicht mehr den noch niedrigeren Schwachlastbedarf abdecken. Die Aggregate wurden daher häufig stillgesetzt. Eine neue Lösung musste zwei wesentliche Bedingungen unbedingt erfüllen:
Die Aggregate des neuen Konzepts sollten drehzahlgeregelt sein und über eine größere Leistungsbandbreite insbesondere auch im unteren Leistungsbereich verfügen, um auch den Schwachlastbedarf abdecken zu können.Sie sollten nach Möglichkeit über die gesamte Bedarfsbandbreite zu 100Prozent im drehzahlgeregelten Lastlaufbetrieb gefahren werden.
Die Initialzündung für ein neues Erzeugungskonzept entstand im September 2009 bei einem regelmäßig stattfindenden Erfahrungsaustausch von Leitern benachbarter Kläranlagen. In einem Referat wurde damals ein Konzept für biologisch arbeitende Kläranlagen vorgestellt, in dem Turbogebläse die benötigte Prozessluft erzeugen. „Der Vorschlag interessierte uns sehr“, erinnert sich Heiko Müller. „Deshalb starteten wir anschließend mit unseren aus der Vergangenheit bekannten Bedarfsdaten eine Ausschreibung.“ Mehrere Anbieter machten Vorschläge für ein neues Konzept und entsprechende Angebote. In diese Vorauswahl war nicht nur die Firma eingebunden, die das Referat gehalten hatte, sondern auch der bisherige langjährige Lieferant aus Aerzen. „Nach einem detaillierten Vergleich aller vorliegenden Angebote entschieden wir uns für deren Vorschläge, sodass wir die gute Zusammenarbeit fortsetzen konnten“, erklärt Müller.
Über ein Jahr ohne Leerlauf und ohne Probleme
Ein Jahr später, im November 2010, wurde ein neues Aerzener-Turbogebläse des Typs AT100-0,6 mit einer Antriebsleistung von 75kW installiert. Danach hat das Aggregat innerhalb von 14Monaten rund 10.700Bh absolviert und ist damit praktisch ohne Leerlaufzeiten rund um die Uhr im leistungsgeregelten Lastbetrieb gefahren worden (Stand Februar 2012) - ein Beweis für seine optimale Auslegung. Mit einer Leistungsbandbreite von 36 bis 80m³/min übernimmt es als Grundlasterzeuger die Prozessluftversorgung der Kläranlage. Die zwei Drehkolbengebläse aus dem alten Versorgungskonzept können als Reserveanlagen und als Spitzenlasterzeuger automatisch zugeschaltet werden. Im Vorfeld der Kaufentscheidung war ermittelt worden, dass unter Berücksichtigung der vorhandenen Beckentiefe ein Enddruck von 0,4bar für eine optimale Belüftung ausreicht. Auf diesen Wert wurde das Laufrad des Turbos für höchstmögliche Energieeffizienz maßgeschneidert ausgelegt. Höhere Drücke bis max. 1,0bar sind durch Einsatz entsprechender Laufräder möglich. Sowohl das neue AT-Turbogebläse als auch die zwei rund zwölf Jahre alten Drehkolbengebläse der Baureihe Delta Blower wurden in einem separaten Gebäude optimal installiert. Die Zuluft tritt von außen ein. Eine Filtermatte verhindert das Eindringen von Staub in das Aggregat. Die warme Abluft tritt mit Ventilatorunterstützung aus dem Raum aus. Alle Aggregate speisen über eine gemeinsame Sammelschiene in der Station direkt an das Belebungsbecken ein. Eine Sonde im Becken ermittelt kontinuierlich den Sauerstoffgehalt und steuert über die Drehzahl der Aggregate die Liefermenge der Prozessluft. Das aufbereitete Wasser wird am Ende des Aufbereitungsprozesses mit einem Reinheitsgrad von circa 95Prozent in die benachbarte Oste eingeleitet. „Mit diesem Konzept decken wir unseren Bedarf optimal und mit höchstmöglicher Energieeffizienz“, lobt Heiko Müller. „Das Turbogebläse arbeitet mit seiner großen Leistungsbandbreite trotz unserer stark schwankenden Einleitungsmengen zwischen 1.500 und 3.000m³/Tag als ideale Grundlastanlage. Bedarfsabhängig können die Drehkolbengebläse vollautomatisch als Spitzenlastanlagen zugeschaltet werden.“ Die AT-Turbogebläse werden ohne Getriebe durch luftgekühlte Hochgeschwindigkeits-Permanentmagnetmotoren angetrieben und am Bedarf ausgerichtet drehzahlgeregelt gefahren. In den Permanentmotoren wird der Elektromagnetismus mit einem Permanentmagnetismus des Rotors kombiniert. Dieser Rotor benötigt für seine Magnetisierung keine Energie. Da nur der Stator elektrisch magnetisiert wird, weisen Permanentmagnetmotore im Vergleich zu konventionellen Motoren einen höheren Wirkungsgrad auf. Turbo- und Ventilatorlaufrad sind direkt auf die Motorwelle montiert. Die kompakte, stufenlos regelbare Einheit arbeitet wartungsfrei. Die schmierstofffreien Luftlager garantieren einen wirtschaftlichen, zuverlässigen und wartungsfreien Betrieb und die Erzeugung absolut ölfreier Druckluft ohne Leckagerisiko und ohne zusätzliche Entsorgungskosten für Altöl. Die anschlussfertige, kompakte Bauweise garantiert eine schnelle, einfache und kostengünstige Installation. Die Turbos arbeiten mit Umdrehungen bis zu 42.000min -1und mit berührungsfreien Luftlagern. Sie werden im Idealfall im frequenzgeregelten Dauerlaufbetrieb oder im Last-Leerlauf-Betrieb gefahren. Während der Anlaufphase dreht sich der Rotor zunächst einige Umdrehungen auf der Folie, erzeugt mit beginnender Drehzahl jedoch durch die eigene Rotation ein Luftpolster. Diese Luftpolsterlagerung, vergleichbar mit der hydrodynamischen Gleitlagerung, wird auch als aerodynamische Lagerung bezeichnet. Nach Erreichen einer Mindestdrehzahl rotiert die Welle dann absolut berührungs- und verschleißfrei in der Lagerung. Anfallende einfache Service-Arbeiten beschränken sich bei diesen Turbogebläsen auf wenige Handgriffe wie den Austausch der Filtermatten, die von geschulten Mitarbeitern des Betreibers in vielen Fällen selbst vorgenommen werden können. „Mit unserem neuen Erzeugungskonzept für die Prozessluft haben wir nach unserer bisherigen Erfahrung eine optimale Lösung mit höchstmöglicher Energieeffizienz geschaffen“, resümmiert Heiko Müller. „Unsere eigenen Aufwendungen für die Wartung reduzieren sich auf wenige Minuten pro Jahr für das Wechseln der Filtermatten. Und die Spezialisten aus Aerzen garantieren für ein optimal abgestimmtes Gesamtkonzept. Mit unserer jetzigen Kombination mit einem Turbogebläse für die Grundlast und zwei Drehkolbengebläsen für Spitzenlast und Reserve haben wir nach unserer Überzeugung ein ideales, sehr empfehlenswertes Konzept realisiert.“ Die biologisch arbeitende Kläranlage wird so betriebssicher, zuverlässig und besonders energiewirtschaftlich mit Prozessluft versorgt.Aerzener auf der Hannover Messe Halle 26 Stand E14