80-GHz-Technologie für Füllstandmessungen in extremen Medien Schwarzweißer Extremtest mit Milch und Kohle

Endress+Hauser (Deutschland) GmbH+Co.KG

Bild: iStock, LoveTheWind
02.06.2018

Fotografen nutzen Schwarzweißfotografie vorzugsweise für Porträts, da sie mehr Kontrast bietet und den Blick aufs Wesentliche lenkt. Ganz analog bietet sich ein Schwarzweiß-Versuch an, um das Potential der 80-GHz-Technologie unter Extrembedingungen zu testen: in der Herstellung von weißer Kalksteinmilch und in der Stahlproduktion mit schwarzem Kohlenstaub.

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Für die beiden Versuchsteilnehmer, Stefan Aichhorn vom Stahlverarbeitungsprofi Voestalpine und Florian Reisinger vom Mühlenbauer Cemtec, gibt es bei weitem nicht nur schwarz und weiß. Vielmehr sind beide ständig auf der Suche nach pragmatischen und dennoch zuverlässigen Lösungen zur Messung von Füllständen in ihren jeweiligen Arbeitsgebieten. Für die Füllstandmessung in extremen Medien haben sie schon verschiedenste Messprinzipien ausprobiert. Die neue 80-GHz-Technik schien beiden eine vielversprechende Neuerung zu sein. Zeit für einen ausgiebigen Test unter realistischen Extrembedingungen.

Weiße Anwendung: Kalksteinmilch

Im riesigen Forschungslabor des Anlagenbauers Cemtec experimentieren Florian Reisinger und seine Kollegen mit Maschinen für das Mahlen von Grundstoffen. Für ihre Kunden testen sie den optimalen Mahlprozess im Kleinen, um ihn dann als komplette Anlage zu planen beziehungsweise zu realisieren. Aktuell arbeitet Reisingers Team an einer Maschine zum Nassmahlen für die Füllstoff- beziehungsweise Automobilindustrie. Das erklärte Ziel ist, das fein gemahlene Endprodukt unter den Grenzwert von 30 µm zu bringen. „Bei solchen Feinheiten stößt das Trockenmahlen einfach an seine Grenzen. Hier ist Nassmahlen die wirtschaftlichere Herangehensweise“, erklärt Florian Reisinger.

In der Laboranlage kommt zuerst das trockene Ausgangsprodukt – im aktuellen Fall Kalkstein – in den Einrührbehälter. Der Kalkstein wird mit Wasser vermengt und anschließend in eine Rührwerkskugelmühle geleitet. Dort wird das klebrige Gemisch von unten nach oben durch Keramikkugeln gepumpt, wobei die Kugeln je nach der gewünschten Feinheit des Endprodukts größer oder kleiner sind. „Je gröber die Kugeln, desto gröber nachher das Endprodukt“, fasst Florian Reisinger die Grundidee zusammen. Das Ergebnis des Mahlprozesses ist dann die sogenannte Kalksteinmilch.

Extrem hohe Endfeinheit

Kalksteinmilch dient vor allem als Füllstoff bei der Herstellung hochwertiger Kunststoffe. Dafür werden extrem kleine Keramikkugeln in der Mühle benötigt: 80 Prozent der Milch müssen eine Endfeinheit von weniger als 1 µm aufweisen. Das Problem ist allerdings, dass die Flüssigkeit an vielen Materialien haften bleibt und deshalb so gut wie jedes Messgerät verklebt. Als weitere Herausforderungen bei der Füllstandmessung erwiesen sich die geringe Größe des Rührwerktanks sowie die Einbauten mit dem integrierten Rührwerk und dem Kühler. Hier hatte Florian Reisinger große Hoffnungen in die neuen Möglichkeiten der 80-GHz-Technik gesetzt: Mit einem Abstrahlwinkel von lediglich 3 Grad sind auch in kleinen Behältern mit Einbauten sehr genaue Messungen möglich.

Die ersten Versuche verliefen jedoch enttäuschend: Alle gängigen 80-GHz-Messgeräte funktionierten in der stark anhaftenden Kalksteinmilch nicht lange und mussten ständig gereinigt werden. Kurz vor Ende der Testphase traf Florian Reisinger dann auf Herbert Springer, den Produktmanager für Füllstand bei Endress+Hauser. Dieser empfahl ihm, eine sogenannte Drip-off-Antenne aus PTFE auszuprobieren.

Was aus dem Englischen als Abtropf-Antenne übersetzt werden könnte, erwies sich als wortwörtliches Versprechen: Die Kalksteinmilch perlte einfach an der Antenne ab, und es war keinerlei Reinigung nötig. Florian Reisingers Fazit: „Erst mit 80 GHz und dem Sensor Micropilot FMR60 mit seiner ausgefeilten Antennenform gelang es uns, eine kontinuierliche Messung vorzunehmen. Mit allen anderen Alternativen kamen wir nicht weiter.“

Schwarze Anwendung: Kohlenstaub

Von weißer Kalksteinmilch jetzt zu schwarzem Kohlenstaub. Stefan Aichhorn verantwortet bei Voestalpine die Messtechnik in 160 Bunkern verschiedenster Größen und Formen. In den Bunkern sind 45 verschiedene Materialien wie zum Beispiel Kalk oder Kohlenstaub gelagert, mit Körnungen vom Staubkorn bis hin zur Faustkorngröße. In Stahlwerken, die spezielle Systemlösungen für Automobile, Haushaltsgeräte oder die Luftfahrt produzieren, ist solch eine große Materialvielfalt unerlässlich. Da in der Stahlindustrie jeder Maschinenstillstand zu extrem hohen Ausfallkosten führt, stehen die für die Messtechnik Zuständigen unter besonders großem Druck, reibungslose Prozesse und zuverlässige Messungen zu gewährleisten.

Zur Füllstandmessung hatten sich in den meisten Bunkern bisher Seilsonden in verschiedensten Formen bewährt. Um herauszufinden, welches Potential für diesen Zweck in der neuen 80-GHz-Technik steckt, testete Stefan Aichmann sie in einem Bunker mit Kohlenstaub, einem elementaren Bestandteil für unterschiedliche Bearbeitungsstufen von Stahl. Problem Nummer 1: Die Einbaustellen im Test-Bunker waren nur schwer erreichbar. Zudem erwiesen sich der hohe Staubfaktor des Mediums und die schnelle Befüllung als ziemliche Herausforderungen. Schnelles Befüllen heißt konkret, dass die 9 m Höhenunterschied, die eine Füllhöhenveränderung von 15 auf 68 Prozent mit sich bringt, innerhalb von 18 Minuten bewältigt werden. Die Entnahme erfolgt hingegen relativ langsam. Bei alledem ist die präzise Messung der Füllstandhöhe entscheidend, da das Förderband die Verteilung korrekt auf drei Behälter aufteilen muss, um kein Material zu vergeuden und einen effizienten Produktionsablauf sicherzustellen.

Mit der früheren Seilsonde war regelmäßig das Problem aufgetaucht, dass sie bei einer zu schnellen Befüllung den oberen Füllrand berührte und so das Signal kurzzeitig beeinflusste. Hier setzte Stefan Aichhorn große Hoffnungen in das Radarsignal der 80-GHz-Messgeräte.

Keine Störungen trotz schneller Befüllung

Er prüfte alle gängigen Modelle und stellte fest, dass sie sich leicht auf der linken Seite des Bunkers anbringen ließen und problemlos mit der Geometrie zurechtkamen. Jedoch kam keines der Messgeräte mit der extrem staubigen Befüllung klar: Immer wieder brach das Signal ab, und die Geräte mussten in regelmäßigen Abständen gereinigt werden. Auch hier war des Rätsels Lösung eine Drip-off-Antenne, dieses Mal beim Endress+Hauser-Sensor Micropilot FMR67. In seinem Büro zeigt Stefan Aichhorn stolz die Testauswertungen: Selbst bei der schnellsten Befüllung sind keinerlei Störungen erkennbar, stattdessen ein kontinuierlich ansteigendes Signal zur Füllstandhöhe. Nach den ersten erfolgreichen Tests im Kohlenstaubbehälter startete Stefan Aichhorn einen zweiten Testlauf in einem Bunker mit Turbokalk. Bei diesem Medium war früher das Signal immer wieder gedämpft worden. Auch hier zeigte die neue 80-GHz-Messtechnik keinerlei Wackeln und keinen Signalverzug. Und das Reinigen der Messgeräte entfällt in beiden Anwendungen komplett. Aichhorn berichtet: „Ich musste das Gerät noch kein einziges Mal saubermachen. Fürs Foto habe ich es jetzt nur von außen poliert.“

Bildergalerie

  • Dank des geringen Abstrahlwinkels kann man mit der 80-GHz-Technik auch in kleinen Behältern mit Einbauten sehr genau messen.

    Dank des geringen Abstrahlwinkels kann man mit der 80-GHz-Technik auch in kleinen Behältern mit Einbauten sehr genau messen.

    Bild: Endress+Hauser

  • Im Kohlenstaub-Behälter erweist sich die optische Füllstandmessung mit 80-GHz-Technologie (rechts) der bisherigen Seilsonde (links) als deutlich überlegen.

    Im Kohlenstaub-Behälter erweist sich die optische Füllstandmessung mit 80-GHz-Technologie (rechts) der bisherigen Seilsonde (links) als deutlich überlegen.

    Bild: Endress+Hauser

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