Licht ist traditionell weiß und manchmal dimmbar, vollfarbige Beleuchtung ist teuer und unflexibel. Mit der LED-Beleuchtung ändert sich das, denn eine einzelne Leuchte kann dimmbares Licht in beliebiger Farbe liefern. Dabei ist es leicht, in unserer Phantasie wundervolle farbige Beleuchtungsszenarien für zu Hause zu kreieren. Die bestehenden Beleuchtungskonzepte sind allerdings hoffnungslos überfordert.
Das Ergebnis ist im Markt deutlich sichtbar: LED-Beleuchtung ist weiß, in vielen Supermärkten erhältlich und ersetzt traditionelle Lampen. Vollfarbfähige Lampen wie die Osram Lightify, Philips HUE oder RGB-LED-Stripes gibt es in Elektronikläden oder online. Vor allem richtige Technikfans scheuen keine Mühen, ihr Zuhause mit farbiger Beleuchtung auszustatten. Die Beleuchtungsindustrie scheint dieser Entwicklung jedoch nur sehr zögerlich zu folgen.
Das Beleuchtungsdilemma
Das Zögern hat unterschiedliche Gründe. Das traditionelle Konzept mit einer, zwei oder drei Lampen pro Zimmer, an- und ausgeschaltet über einen Lichtschalter, kann die Möglichkeiten der farbigen Beleuchtung nicht abdecken. Der Versuch, einfach existierende weiße Leuchten gegen vollfarbfähige auszutauschen, um dann eine tolle und moderne farbige Beleuchtung zu erhalten, endet oft so: Die neuen RGB-Leuchten werden als dimmbare weiße Beleuchtung eingesetzt.
Wir brauchen also neue Beleuchtungskonzepte, um aus dem reinen Austauschgeschäft zu einem viel breiteren, bunteren und wachsenden Beleuchtungsmarkt zu kommen. Die Beleuchtungsindustrie kann solche Konzepte nicht allein entwickeln, da dafür neue Wege zur Steuerung erforderlich sind. Das ist traditionell die Aufgabe der Hersteller von Schalterprogrammen und Gebäudeautomatisierungs-Komponenten. Die Beleuchtungsindustrie muss ihr Know-how in diese Richtung erweitern oder Partner finden, um das gemeinsame Ziel zu erreichen. Das scheint eine lösbare Aufgabe, ist aber leider nicht das größte Problem.
Obwohl alle neuen Beleuchtungskonzepte auf Flexibilität, Smartphone-Integration und leichte Re-Konfigurierbarkeit setzen, werden Schalter nicht verschwinden und müssen obendrein noch mit den Beleuchtungselementen kommunizieren. Das Schema „Energie an/aus“ reicht nicht mehr aus. Ob diese Kommunikation drahtgebunden oder drahtlos erfolgt, ist zunächst einmal zweitrangig. Wichtig ist: Alle Beleuchtungselemente müssen mit Schaltern und Sensoren standardisiert kommunizieren können.
Es gibt keinen Standard, der diese Anforderung vollständig erfüllt. Insbesondere nicht, da dieser Standard drahtlose und drahtgebundene Kommunikation in einer heterogenen Umgebung problemlos kombinieren muss. Durch den immer stärkeren Fokus auf Flexibilität und Re-Konfigurierbarkeit scheint drahtlos eine gute Wahl zu sein, und immer mehr Beleuchtungsfirmen bewegen sich in diese Richtung.
Oberflächlich betrachtet, sollte die Interoperabilität auf Anwendungsebene, zum Beispiel durch standardisierte Geräteprofile, ausreichen. Bei genauerer Betrachtung ist dies aber schon auf physikalischer Ebene erforderlich.
Geräte abstrakt beschreiben
Geräteprofile sind ein bekannter Weg, um Geräte abstrakt zu beschreiben. Bluetooth, ZigBee und Z-Wave kennen solche Profile. Um unterschiedliche Technologien zu kombinieren, werden typischerweise Gateways eingesetzt. Egal welche Technologie ein Gerät verwendet, in einer heterogenen drahtlosen Kommunikationsstruktur mit Mesh-Topologie wird sich folgende Struktur ergeben: Die gelben Knoten sind zum Beispiel Leuchten mit ZigBee-Kommunikation, die grünen Knoten Schalter mit Z-Wave. Das Gateway (gelb und grün) besitzt zwei Funktransceiver, einer für 2,4-GHz-ZigBee und ein anderer für Sub-GHz Z-Wave. Ein solches Netzwerk ist zum Beispiel in einem langen Korridor installiert. Das Gateway befindet sich am entfernten Ende, und eine Person drückt den Schalter am anderen Ende.
Die Multi-Hop-Kommunikation im Mesh-Netzwerk macht es möglich, dass die Daten vom Lichtschalter über mehrere Knoten zum Gateway gelangen. Das Gateway übersetzt die Daten und schickt diese durch das andere Netzwerk bis zur Leuchte an dem Ende des Korridors, wo die Person den Schalter gedrückt hat. Das alles dauert, und es entsteht der Eindruck: „Ich habe gedrückt und nichts passiert.“
Für Anwendungen ohne optisches Feedback ist diese Verzögerung kein Problem, weshalb andere Bereiche der Gebäudeautomatisierung unter viel geringerem Druck für einen gemeinsamen Standard stehen. Der Beleuchtungsindustrie kommt damit eine Vorreiter- und Vordenkerrolle zu.
Sie muss die erforderliche direkte Kommunikation der Steuerung, zum Beispiel Schalter und Leuchte, realisieren. Die Physik wird sich dadurch nicht ändern, und entferntere Leuchten gehen weiterhin verzögert an oder aus. Aber das ist nicht problematisch und ähnlich zu bestehenden Installationen, in denen Leuchten in Gruppen aktiviert werden. Geräte, die sich auf der Applikationsebene verstehen, sind nur der erste Schritt. Für ein akzeptables Nutzungserlebnis ist mehr nötig. Das dargestellte Gateway-Szenario verdeutlicht leider auch, dass sich bei einer solchen Lösung die Reaktionszeit der Leuchten von Schalter zu Schalter ändert. Drückt die Person den Schalter, der am nächsten zum Gateway ist, werden die Leuchten in der direkten Umgebung schnell genug reagieren, da die Kommunikationswege ja nun viel kürzer sind.
Das spezielle Problem der Beleuchtungsindustrie besteht darin, dass mehrere Geräte, welche alle eine gemeinsame Kommunikationstechnologie verwenden, erforderlich sind. Diese Geräte kommen aber traditionell von getrennten Herstellern.
Das Licht im Dunkeln
Glücklicherweise beginnt die Beleuchtungsindustrie aber, sich dieser Rolle bewusst zu werden – und wird dabei von global agierenden Unternehmen wie General Electric, Osram und Philips vorangetrieben. Die Connected Lighting Alliance versteht sich dabei als Dachorganisation, welche die Standardisierung in den unterschiedlichen Beleuchtungsmärkten steuert. Lighting European ist eine ähnliche europäische Vereinigung, die sich jedoch auf die technologischen Aspekte der LED-Beleuchtung konzentriert, weniger auf Interoperabilität.
Die Connected Lighting Alliance nahm sich ein Jahr Zeit, um die verfügbaren Technologien und Protokolle auf Tauglichkeit für die Anforderungen der modernen Beleuchtung zu untersuchen. Obwohl kein untersuchter Standard alle Anforderungen erfüllte, kam ZigBee Light Link (ZLL) dem Ziel am nächsten. Ebenso bemerkenswert war die Erkenntnis, dass unterschiedliche Beleuchtungsbereiche wie Straßen-, Industrie- oder Heimbeleuchtung auch unterschiedliche Technologien und Standards einsetzen werden. Demzufolge wird ZLL vorrangig im Gebäudebereich gesehen.
ZigBee Light Link
Wie schon aus dem Namen erkennbar, ist ZigBee Light Link ein Anwendungsprofil der ZigBee Alliance. Es verwendet viele Elemente des ZigBee-Home-Automation-Profils, fügt jedoch noch beleuchtungsspezifische Aspekte wie Touchlink hinzu. Außerdem wird Sicherheit verpflichtend festgelegt. Eine herausragende Eigenschaft des ZigBee-Standards ist ein weltweit einheitlicher Zertifizierungsprozess für jedes Gerät, um die Interoperabilität sicherzustellen.
ZigBee verwendet ein Multi-Hop-Mesh-Netzwerk mit automatischer Routenerkennung, Selbstheilung und zuverlässigem Datentransport über viele Hops. Die ZigBee Cluster Library (ZCL) beschreibt die Geräteprofile mit Kommandos, Parametern, zeitgesteuerten Ereignissen und automatischer Datenaktualisierung. Das ZLL-Profil definiert beleuchtungsspezifische Geräte wie ein „on/off light“, ein „colour light“, ein „colour temperature light“ oder einen „colour scene controller“. Obwohl auch Sensoren, zum Beispiel „on/off sensor“ definiert werden, sind Schalter oder Fensterkontakte nicht enthalten. Deren Definition kommt aus dem Home-Automation-Profil (HA), über welches die meisten Komponenten der Gebäudeautomatisierung abgedeckt sind. ZLL und HA lassen sich beliebig und problemlos miteinander kombinieren.
Idealerweise sollten Beleuchtungs- und Schalterprogrammhersteller ihre Kräfte vereinen und gemeinsam ein System von interoperablen Geräten entwickeln. Unglücklicherweise fehlen diese Partnerschaften noch, weshalb standardkonforme ZigBee-Steuerelemente leider noch eine Seltenheit sind.