Fehler 1: Zu viel Brainstorming
Nur was bereits in den Köpfen ist, wird gesammelt und gesichtet. Bei Ideenwettbewerben und langweiligen Brainstorming-Runden wird oft in bekannten Bahnen gedacht. Es gibt Machtspiele und lange Gesichter statt neuer Ideen. Das Klima ist geprägt von „Ja, aber!“ und „Da sind wir schon lange dran.“ Frust wird zur Sackgasse: Ich erinnere mich an einen Projektleiter, der sagte „wir sind ausgebrainstormt“, es gab einfach keine Ideen mehr. Manchmal hilft (noch mehr) Brainstorming eben nicht mehr weiter.
Abhilfe: Methoden strukturierter Innovation
Die psychologische Trägheit hochkompetenter Ingenieure zu knacken, das ist der Anfang. Jeder von uns entwickelt diese Trägheit durch gesammelte Erfahrungen. Kann man zum Beispiel einen Luftballon mit einem Loch aufblasen? Das geht doch nicht. Eine ähnliche Situation gab es im Fertigungsprozess für Kunststoffteile. Wie soll ein Formteil mit einem Loch durch Luftdruck geformt werden? Die Luft entweicht doch gleich wieder. Denkt man. Mit strukturierten Methoden können solche Denkblockaden gelöst werden. Geholfen hat hier das Konzept der Idealität. Ein Baustein beim erfinderischen Problemlösen, kurz TRIZ.
Fehler 2: Im eigenen Saft kochen
Entwickler, oft mit klassischer Ingenieurlaufbahn, arbeiten in der Konzeptphase oft alleine oder in homogenen Gruppen. Andere Abteilungen einbinden? Fehlanzeige. Eine Komfortzone, die nur allzu bequem ist. Als Ingenieur mit dem Kunden zu sprechen ist oft nicht möglich, weil der Vertrieb „schon weiß, was der Kunde will“. Außerdem sorgen sich Führungskräfte um das Unternehmensimage der Allwissenheit, wenn man auf einmal anfängt, Fragen zu stellen.
Abhilfe: Vielfältige Einflüsse suchen und nutzen
Interdisziplinäre Teams, bestehend aus verschiedenen Abteilungen, sind ein erster Schritt. Einen frischen Blick liefern darüber hinaus Studierende aus fachverwandten Studiengängen. Sie haben den nötigen Abstand für Fragen wie „Ihre Kunden sind wirklich bereit, darauf 14 Tage oder länger zu warten?“ Oder man fragt möglichst früh den Kunden: So erfährt man als stolzer Entwickler schnell, was Anwender von 40 Waschprogrammen und vielen Knöpfen tatsächlich halten. Industriekunden in Innovationsworkshops einzubinden ist sicherlich die Königsdisziplin, aber in Sachen Kundenbindung kaum zu überbieten.
Fehler 3: Zaghafte Ziele ohne strategische Relevanz
Schnelle Erfolge und Quick Wins halten Team und Management bei der Stange. Übersehen wird häufig, dass Quick Wins nicht das Ziel sind. Denn schnell beschäftigen sich die Entwickler mit trivialen Optimierungen und banalen Weiterentwicklungen. Bei einem Verpackungsmaschinenhersteller ging die Zaghaftigkeit so weit, dass nur noch an bereits verkauften Produkten gearbeitet wurde – Null Risiko plus eine bekannte Regel: „20 Prozent schneller, billiger oder zuverlässiger“. Statt offenem Denken waren nur Ideen zulässig, die das Produkt quasi unverändert ließen. So wird alle Begeisterung und Inspiration im Keim erstickt.
Abhilfe: Ambitionierte Ziele und eine greifbare Vision
Abseits der 20-Prozent-Regel hilft das Konzept der Idealität, neue Wege zu gehen. Statt eine neue Pfeffermühle mit 20 Pro-
zent mehr Leistung zu entwickeln, hilft die Frage: Was wäre denn ideal? Im Idealfall bekommt man einfach Pfeffer auf sein Steak – frisch und schnell. Jetzt ist die Frage: Wie geht das am besten? Ideales Denken hilft, die Trägheit im Kopf zu überwinden und ambitionierte Ziele zu haben. Beschreiben Sie die ideale Pfeffermühle und Sie haben eine anspruchsvolle Spezifikation, für die es sich lohnt, Lösungen zu verfolgen, bis die Köpfe rauchen.
Fehler 5: Teuer und komplex statt genial einfach
Zusätzliche Funktionalitäten sind der Traum vieler Entwickler. Oft zu Lasten der Zuverlässigkeit, Übersichtlichkeit und Einfachheit. Ein Produkt weiterzuentwickeln, indem Funktionalitäten und Bauteile ergänzt werden, ist eine häufige Vorgehensweise. Denken Sie nur an Außenjalousien großer Gebäude. Um diese vor Windschäden zu schützen, wurden schon viele Firmen erfinderisch: Windräder messen die Windstärke, bei zu hoher schalten sich Elektromotoren ein. Ein Sonnenschutz fährt zurück und Beschädigung wird vermieden. Ergebnis: gestiegene Komplexität, Fehleranfälligkeit und Frustration beim Anwender, der das System nicht mehr im Griff hat. Das eigentliche Problem bleibt ungelöst: Wind übt unerwünschte Kräfte auf die Struktur aus.
Abhilfe: Den Widerspruch zwischen Kosten und Innovation auflösen
Je innovativer, umso teurer – das muss nicht sein. Innovative Ideen kosten nur einen Bruchteil konventioneller Lösungen. Kosten- und Werttreiber helfen zu erkennen, wie kompromissfreie Lösungen aussehen. Eine innovative Sonnenblende besteht aus einem 3D-gewebtem Stoff, der Sonne und Wasser zurückhält, aber Wind durchlässt. Ohne zusätzliche Aggregate oder Regelkreise. Ein Ingenieur aus Ostdeutschland hat einmal gesagt: „West-Ingenieure konnten einfach etwas zukaufen, wenn sie ein Problem hatten. Das konnten wir nicht. Also haben wir versucht, Probleme einfach zu lösen!“ Der innovative Sonnenblenden-Stoff hätte ihn sicher begeistert. Und Begeisterung ist ja einer der wirksamsten Motivatoren. Auch für erfolgreiche Innovationen.