Verfahrenstechnik Sturmfront im Anmarsch

16.03.2012

Beim Umgang mit Ressourcen bekommt der Water Footprint immer mehr Aufmerksamkeit. Im Umgang mit dem kostbarsten aller Rohstoffe ist noch viel Raum für Optimierungen. Die Angebote zu Wasser-Management sind entsprechend zahlreich.

Beim Umgang mit Wasser hat sich in den letzten Dekaden viel getan: Tote Flüsse gehören - zumindest in Deutschland - der Vergangenheit an. Der Einfluss der Industrie ist dennoch enorm, denn sie nutzt weltweit fast ein Viertel des verfügbaren Wassers. Entsprechend umfangreich sind die Bemühungen, Ressourcen und Kosten zu sparen. Verschiedenste Verfahren können bewirken, dass die an die Umwelt abgegebene Abwassermenge oder deren Verunreinigungen vermindert werden, verwertbare Stoffe dem Abwasserstrom gezielt entnommen und einer Wiederverwendung zugeführt werden oder die Mehrfachnutzung der Wasserressourcen erhöht wird. Der Trend geht dabei in Richtung ganzheitlicher Systembetrachtungen mit Kreislaufführung der Prozesswässer und Rückgewinnung von Wertstoffen beziehungsweise der zur Wasserbehandlung eingesetzten Chemikalien. Auch beim Abwasser greifen veränderte Ansätze: Konzentrierte, nicht vermischte Abwasserteilströme können einfacher und kostengünstiger behandelt, wertvolle Inhaltsstoffe ausgeschleust und das gereinigte Abwasser einer Wiederverwendung zugeführt werden. So bewerten Krüger Wabag und andere Gesellschaften aus der Wassertechniksparte von Veolia ihre Verfahren in der Wasseraufbereitung und Abwasserbehandlung systematisch hinsichtlich der Emission klimaschädlicher Gase über den gesamten Lebenszyklus hinweg. Dank der Gesamtbilanz für Kohlenstoff ist das Unternehmen in der Lage, verschiedene Lösungen zur Wasseraufbereitung zu ermitteln und mögliche Einsparmaßnahmen mit den damit verbundenen Kosten und Vorteilen aufzuzeigen. Auch in der Nahrungsmittelproduktion haben viele Unternehmen sich eigene Ziele zur schrittweisen Verminderung ihrer Emissionen gesetzt. Für andere Akteure steht neben dem nachhaltigen Umgang mit natürlichen Ressourcen schon aus Kostengründen die Verbesserung der Energieeffizienz im Vordergrund. Auch dies wirkt sich positiv in der CO 2-Bilanz aus.

Elektrolytische Aufbereitung

Auch bei der Verfahrungstechnik tut sich einiges. Ein am Fraunhofer-Institut für Grenzflächen und Bioverfahrenstechnik (IGB) etabliertes Verfahren zur Wasseraufbereitung ist die elektro-physikalische Fällung (EpF). Dabei entstehende Metall-Hydroxidflocken haben ein hohes Adsorptionsvermögen und können so fein verteilte Partikel binden. Außerdem kommt es zu Mitfällungs- und Einschlussfällungsreaktionen, bei denen gelöste organische und anorganische Stoffe gefällt werden. Die ausgefällten Stoffe lassen sich dann mechanisch abscheiden. Prozesse wie dieser sind jederzeit zu- und abschaltbar, die Integration in bestehende Anlagen und die Automatisierung problemlos möglich. So kann beispielsweise die kontinuierliche Online-Erfassung des organischen Kohlenstoffs eine bedarfsabhängige, energieoptimierte Aufbereitung gewährleisten. Durch das Einsparen von Chemikalien bieten elektrolytische und oxidative Verfahren nachhaltige Lösungen, um Betriebs-, Prozess- und Abwasser von Substanzen zu befreien, die in einer biologischen Klärstufe nicht abgebaut werden.

Echtes Wasser-Recycling dank MBR

Weiter verbreitet als in der allgemeinen Chemie sind Wasserkreisläufe bereits in der Oberflächentechnik. Die Betrachtung von Teilströmen beinhaltet aber auch für die chemische Industrie Einsatzmöglichkeiten für die Membrantechnik. In der Regel ist die Trennung und separate Aufbereitung von Teilströmen jedoch aufwendig. In der Abwassertechnik hat sich seit einigen Jahren der Membran-Bio-Reaktor (MBR) einen festen Platz erobert. Der biologische Reinigungsprozess kann sehr weitgehend ablaufen; die Membran sorgt für einen feststofffreien Ablauf. Die hohe Reinigungsleistung von MBR-Anwendungen ist eine notwendige Voraussetzung für den Einsatz von Umkehrosmosen für echtes Wasser-Recycling. In chemischer und pharmazeutischer Industrie ist man schon soweit. Andere Konzepte gehen noch weiter und zielen darauf ab, überhaupt kein Wasser abzuführen. Grundlagen für die Realisierung eines solchen Projekts schafft Evides Industriewasser in China: Dort wird im trockenen Norden eine Demonstrationsanlage für die Aufbereitung von Abwasser zu Industrieprozesswasser gebaut. Die Anlage wird Teil eines Prozesswasserkreislaufs sein, in den das gereinigte Wasser immer wieder zurückgeführt werden kann. Die hochkonzentrierte Schadstofffracht wird zum Feststoff eingedampft und entsorgt.

ChemWater nutzt Wasser effizienter

Entscheidend für solche Konzepte ist eine zuverlässige Prozessanalytik. Diese erfordert in der industriellen Wassertechnik neben der Entwicklung von Analysetechniken zur Prozessverfolgung eine Datenanalyse und -bewertung, worauf aufbauend Stoff- und Prozessdaten generiert werden können. Das EU-geförderte Projekt ChemWater soll die effizientere Nutzung von Wasserressourcen durch Vernetzung fördern. So können neue Erkenntnisse ausgewertet und für ein nachhaltiges industrielles Wasser-Management nutzbar gemacht werden. Kerngedanke des Projekts ist dabei, nicht nur den Nutzen von Wasser für die Chemie zu berücksichtigen, sondern auch den Nutzen der Chemie für das Wasser-Management. Damit soll die Rolle der Prozessindustrie als Technologieanbieter und Know-how-Träger unterstrichen werden. Es setzt sich die Erkenntnis durch, dass das integrierte Management und die Behandlung industrieller Roh-, Prozess- und Abwässer notwendige Bestandteile einer ressourceneffizienten Produktion sind. Sie sind Voraussetzung für eine ökonomisch wie ökologisch sinnvolle Nutzung von Wasser und dessen Inhaltsstoffen. Auf der Achema stehen ganzheitliche Systembetrachtungen daher im Fokus der Anbieter von Wasseraufbereitungstechnologien.

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