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Prozessautomation Synchron-Reluktanzmotor versus Asynchronmotor

02.06.2014

Wird der Synchron-Reluktanzmotor den Asynchronmotor verdrängen? Hohe Energieeffizienz, ein kostengünstiger und materialsparender Läufer könnten dafür sorgen. Doch wie funktioniert der Herausforderer und für welche Anwendungen ist er von Vorteil?

Die steigenden Energiepreise lenken den Fokus der Nutzer immer stärker auf die Energieeffizienz der eingesetzten Elektroantriebe. Neben dem bisherigen Standardantrieb mit Asynchronmotoren stellt der Synchron-Reluktanzmotor eine kostengünstige Alternative dar. Er ist speziell für den drehzahlvariablen Betrieb am Umrichter entwickelt, hat eine ausgezeichnete Energieeffizienz mit IE4 und eignet sich so besonders für Lastfälle mit hohen Betriebsstundenzahlen und langem Betrieb bei Teillast.

Der Synchron-Reluktanzmotor arbeitet nach einem einfachen Prinzip. Der Ständerstrom I erzeugt ein magnetisches Feld im Motor. Durch den magnetischen Zug entsteht eine Kraft F auf den Läufer. Dieser besteht nur aus einem Eisenstück und enthält weder Magnete noch eine Wicklung. Auf den Läufer wird in dieser symmetrischen Position kein Drehmoment ausgeübt. Wird der Läufer jedoch aus der Nulllage herausgedreht, treten durch den asymmetrischen Zug am Läufer Kräfte F auf, die zu einem Drehmoment M führen. Das auftretende Drehmoment ist das sogenannte Reluktanzmoment, das bei einem Auslenkungswinkel von +/- 45 ° das Kippmoment erreicht.

Reluktanzmotoren sind Synchronmotoren in Schenkelpol­ausführung. Die Besonderheit der heute auf dem Markt angebotenen Synchron-Reluktanzmotoren ist die spezielle Führung des magnetischen Läuferflusses durch die anisotropen Läuferbleche, bei denen sich magnetisch gut leitende Stege in der d-Achse mit schlecht leitenden Flusssperren aus Luft in der q-Achse abwechseln. In den Nuten des Standardständers liegt eine verteilte Drehstromwicklung, die meist vierpolig ausgeführt ist.

Die besonders gestalteten Flussstege der Pole und die Flusssperren in den Lücken (q-Achse) sind für das Betriebsverhalten des Motors entscheidend. Je größer der Quotient aus magnetischem Fluss in d-Richtung im Verhältnis zu dem Fluss in q-Richtung ist, desto größer ist das erzielbare Spitzen-Drehmoment, das Kippmoment, des Motors.

Wird die Ständerwicklung bestromt, bildet sich ein magnetisches Motorfeld. Der Läufer stellt sich mit den Flussstegen der Pole in die Richtung dieses Feldes ein. Der Läufer synchronisiert sich mit dem Feld, verhakt sich quasi über Fäden an den Polen des Feldes. Wenn sich das Feld dann dreht, wird er mitgezogen. Über den speisenden Frequenzumrichter kann jede gewünschte (Drehfeld-) Drehzahl n ~ f (Frequenz f) eingestellt werden. Bei Belastung der Welle werden die Fäden in die Länge gezogen und der Läufer dreht sich aus der Leerlaufwinkellage heraus – wie bei jedem Synchronmotor stellt sich ein Polradwinkel ein. Bei starker Überlast vergrößert sich dieser, sodass die Fäden reißen und der Läufer außer Tritt fällt.

Der Läufer des Synchron-Reluktanzmotors ist sehr einfach aufgebaut – nur aus geschichteten Blechen, die von Endringen gehalten werden. Im Gegensatz zum Asynchronmotor trägt er keine Kurzschlusswicklung aus Aluminium oder Kupfer. Auch teure permanente Magnete (PM) wie beim PM-Synchronmotor sind nicht eingebaut. Dadurch ist der Läufer materialsparend und kostengünstig aufgebaut sowie leicht zu fertigen und zu montieren.

Motor arbeitet ohne Läuferlagegeber

Für den drehzahlvariabelen Betrieb ist wie bei allen Drehfeldmotoren ein Frequenzumrichter mit Spannungszwischenkreis (U-Umrichter) notwendig. Aus Kostengründen arbeitet der Motor ohne Läuferlagegeber. Daher muss die Software des speisenden Umrichters auf diesen geberlosen (sensorless) Betrieb einstellbar sein. Ein Identifikationslauf bei der Inbetriebnahme – wie er von Asynchron- und Synchronmotoren schon lange bekannt ist – optimiert die Anpassung des Frequenzumrichters an die speziellen Motorinduktivitäten des Reluktanzmotors in d- und q-Richtung. Weitere anwendungsspezifische Einstellungen zur Anpassung an eine Lastkennlinie können danach vorgenommen werden.

Lange Zeit waren die Asynchronmotoren das Arbeitspferd der Antriebstechnik. Bei diesen Motoren treten prinzipiell im Läufer Stromwärmeverluste (I²R-Verluste) in der Kurzschlusswicklung auf. Sie machen etwa ein Drittel der Verluste aus. Um sie zu reduzieren, ersetzt man die Aluminiumwicklung heute oft durch eine teure Kupferwicklung, die aufwändig in Spritzgusstechnik einzubringen ist.

Da der Synchron-Reluktanzmotor im Läufer keine Wicklung trägt, treten bei ihm so gut wie keine Läuferverluste auf. Der Läufer wird somit auch nicht erwärmt, was Vorteile für den ganzen Motor aber besonders für die Lager bringt. Wegen der fehlenden Wicklung ist die Läufermasse klein, was zu einem geringeren Massenträgheitsmoment des Läufers führt. Dies bringt im dynamischen Betrieb Vorteile. Die Permanentmagnet-Synchronmotoren haben im Gegensatz dazu im Läufer teure Magnete aus Metalle der Seltenen Erden. Die Magnete werden entweder auf der Läuferoberfläche aufgeklebt und mit Bandagen gesichert oder in Taschen vergraben. Das alles verteuert den Motor erheblich und erschwert die Montage des Läufers in der Produktion. Im Motorenvergleich ist der Synchron-Reluktanzmotor folglich die kostengünstigere Variante.

Wegen der Schenkelpolausführung des Läufers mit Luftsperren des Flusses im Läufer kann der Synchron-Reluk­tanzmotor einen etwas größeren Magnetisierungsstromanteil im Vergleich zu einem Kurzschlussläufer eines Asynchronmotors haben. Das wirkt sich aber nicht auf den Netzstrom aus, weil der Magnetisierungsbedarf grundsätzlich vom Zwischenkreiskondensator C gedeckt wird.

Umfassende Untersuchungen zeigen, dass die meisten drehzahlvariablen Antriebe selten im Volllastpunkt mit dem besten Wirkungsgrad laufen. Sie arbeiten eher im Teillastbereich mit verminderter Drehzahl und Last. Der Synchron-Reluktanzmotor weist sehr gute Effizienzwerte gerade in diesem Bereich auf. Somit ist er für Betriebsfälle in der Praxis mit wechselnden Lasten bei Pumpen, beispielsweise nach dem „Blauen-Engel“-Profil, bestens geeignet.

Mit Blick auf die Stichtage der EU-Richtlinien für 2015 und 2017 sollte überlegt werden, ob man für die Umrüstung eine höhere Effizienzklasse wählt und beim Betrieb jetzt schon spart. Der IE4-Synchron-Reluktanzmotor ist zweckmäßig im Paket mit dem passenden Frequenzumrichter zu betreiben. Wegen seines hohen Wirkungsgrads im Teillastbereich ist er für Pumpen- und Lüfterantriebe, die mit hohen Betriebsstundenzahlen laufen, geeignet. Er kann aber auch gegen das volle Bemessungsmoment anlaufen, wie das bei Kompressoren gewünscht wird. Drehzahlvariable Antriebe mit diesem Paket amortisieren sich meist schon in weniger als zwei Jahren. Eine solche Retrofitmaßnahme wird auch durch das Förderprogramm der Bundesregierung für den Mittelstand unterstützt. Anbieter des Motors sind ATB, Reel/KSB, ABB und Siemens.

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