Im Rahmen des Verbundprojekts „MetPVNet“ hatten sie ein Jahr lang die Reanalyse des Copernicus Atmosphere Monitoring Service (CAMS) mit realen Messdaten zur Sonnenstrahlung von 25 DWD-Stationen in Deutschland verglichen.
Noch wenig über Aerosol-Einfluss bekannt
Wie stark sich die Atmosphäre erwärmt oder abkühlt, hängt nicht nur von Wolken und Treibhausgasen ab. Auch Aerosolpartikel spielen eine wichtige Rolle dabei. Die winzigen Partikel (umgangssprachlich auch Feinstaub genannt) schweben in der Luft und können trotz ihrer geringen Größe einen Teil der Sonnenenergie zurückstrahlen oder aufnehmen.
Darüber, wie stark sich dieser Effekt in der Praxis auf die erzeugte Strommenge aus Photovoltaikanlagen (PV) auswirkt, ist bisher noch zu wenig bekannt. Im interdisziplinären Forschungsprojekt „MetPVNet“ hatten deshalb Expertinnen und Experten aus der Atmosphärenforschung und dem Themenfeld Erneuerbare Energien zusammengearbeitet, um innovative energiemeteorologische Methoden zu Vorhersagen von Einstrahlung und PV-Leistung auf Anlagenebene (weiter-) zu entwickeln und mit Praxispartnern zu testen.
Im Rahmen des Verbundprojekts, das von 2017 bis 2021 lief, wurde auch eine Studie durchgeführt, deren Ergebnisse inzwischen publiziert worden sind. Dabei wurde der Strahlungseffekt von Aerosol exemplarisch für Deutschland im Jahr 2015 am Boden und in der Atmosphäre mit zwei komplementären Modellierungsansätzen untersucht: Zum einen wurden Daten zur Sonneneinstrahlung in unbewölkten Situationen in ganz Deutschland von 25 Stationen innerhalb des Beobachtungsnetzes des Deutschen Wetterdienstes (DWD) sowie des globalen Aeronet-Netzwerkes ausgewertet.
Zum anderen wurde der Strahlungseffekt durch explizite Strahlungstransfersimulationen aus der Reanalyse des Copernicus Atmosphere Monitoring Service (CAMS) der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) zu Spurengasen und Aerosol geschätzt.
Ergebnis der Studie: Aerosol schwächt Sonnenenergie
Die Auswertung ergab für das Beispieljahr 2015, dass es in Deutschland ein deutliches Gefälle in der Sonnenenergie gibt: Aufgrund des höheren Sonnenstandes scheint im Süden der Bundesrepublik die Sonne im Jahresmittel mit bis zu 0,5 Megawatstunden pro Quadratmeter intensiver als im Norden. Aufgrund von Aerosol aus kontinentalen Quellen wird die Sonnenenergie im Osten stärker abgeschwächt als im Westen Deutschlands.
Beide Effekte überlagern sich und sorgen dafür, dass der Ertrag von Photovoltaikanlagen im Jahresmittel an der Neiße im äußersten Osten Deutschlands bis zu 0,05 Megawatt pro Quadratmeter geringer ausfällt als in den Alpen im äußersten Süden Deutschlands. In der Praxis spielen eine Vielzahl weiterer Einflussfaktoren von der Bewölkung bis hin zur Höhe der Solaranlage eine Rolle.
„Die Strahlungswirkung von Aerosol sollte bei den tagesaktuellen Prognosen für Solarstrom unbedingt mit berücksichtigt werden. Das CAMS-Modell des Europäischen Klimabeobachtungsprogramms Copernicus ist eine gute Datengrundlage, die aber noch verfeinert werden sollte, damit die Netzbetreiber den steigenden Anteil an Strom aus Photovoltaikanlagen in ihren Stromnetzen besser steuern können. Unsere Grundlagenforschung liefert so einen wichtigen Baustein für die Energiewende und betont die gesellschaftliche Relevanz des Forschungsthemas Aerosol über die Luftqualität hinaus“, betont Dr. Hartwig Deneke, Leiter der Arbeitsgruppe Satellitenfernerkundung am TROPOS. Seine Arbeitsgruppe nutzt Satellitendaten, um die Eigenschaften von Wolken und Aerosol zu untersuchen und ihren Einfluss auf die solare und terrestrische Strahlung zu bestimmen.
Bedeutung der Bodenmessungen
Die Studie unterstreicht außerdem, dass Bodenmessungen der Sonneneinstrahlung als Referenz wichtig sind, da die tatsächliche Sonnenenergie auf den Solaranlagen sehr stark schwankt und dies bisher nur teilweise von Luftqualitätsmodellen vorhergesagt werden kann. Die jetzt veröffentlichte Analyse ist ein wichtiger Schritt zu einem exakten Solar-Wetterbericht, der Weg dorthin aber noch lang.
„In unserer Studie konnten wir nur ein Jahr auswerten. Sonneneinstrahlung und Luftqualität schwanken aber zwischen den Jahren mitunter deutlich. Wir wollen daher im nächsten Schritt mit den Jahren 2003 bis 2021 einen längeren Zeitraum auswerten und sind gespannt, ob unsere Erkenntnisse aus 2015 auch auf andere Jahre 1:1 übertragbar sind“, erklärt Jonas Witthuhn vom TROPOS. Von einer verbesserten Vorhersage der Photovoltaik-Leistung könnten nicht nur Stromnetzbetreiber in Deutschland, sondern weltweit profitieren.