Satelliten gibt es in allen möglichen Formen und Größen, vom ganz kleinen Cubesat mit einer Kantenlänge von gerade einmal 10 cm bis hin zur Internationalen Raumstation (ISS), die mehrere Astronauten für deren Projekte auch über längere Zeiträume aufnehmen kann. Das Gewicht jedoch ist ein zentrales Problem für jeden Satelliten, ganz gleich, wie groß oder wofür – je leichter er selbst ist, umso mehr Nutzlast kann mitgeführt werden. Allerdings sind noch weitere raumfahrtspezifische Besonderheiten zu bedenken. Beim Start und dem folgenden Aufstieg in die Atmosphäre und darüber hinaus wird ein Satellit – und damit auch jedes Instrument an Bord – großen Stoß- und Erschütterungskräften ausgesetzt, mit einem Vielfachen der Erdbeschleunigung. Endlich im Weltall, sind die Satelliten dann extremen Temperaturschwankungen ausgesetzt, die aus den ständigen Wechseln zwischen Sonne und Schatten resultieren – so umkreist die ISS die Erde in 90 Minuten und durchläuft quasi jedes Mal einen kompletten Tag- und Nachtzyklus.
Härteste Belastungen
Schon ein Einstiegsmodell wie der CubeSat-Satellit kostet in etwa 150.000 US-D, bis er sich endlich im Weltall befindet. Größere und technisch höher entwickelte, kommerzielle und militärische Satelliten kosten ein Vielfaches, so dass die Kosten bei einem Scheitern unermesslich hoch sind und ein Bauteilversagen daher einfach inakzeptabel ist. Elektronische Verbindungen stellen hierbei eine besondere Herausforderung dar, da Steckverbinder in der Elektronik nicht nur die Integrität des Signals gewährleisten sollen, sondern auch eine mechanisch belastbare, physikalische Schnittstelle bilden. Extreme Stoß-, Vibrations- und Temperaturbelastungen stellen für solche Bauteile die schlimmste Kombination dar, die aus Kunststoff- und Metallwerkstoffen mit unterschiedlichen Wärmeaus¬dehnungskoeffizienten hergestellt werden.
Aus diesem Grund haben die Hersteller von High-Reliability-Systemen hohe Anforderungen an Steck¬verbindungssysteme wie die Datamate- und Gecko-Familien von Harwin. Die neuen Hi-Rel-Steckverbinder der Baureihe Gecko im 1,25-mm-Raster wurden durch die große Erfahrung von Harwins in der Fertigung hochzuverlässiger Steckverbinder für sicherheits¬relevante Anwendungen möglich, die aus den über viele Jahre gesammelten Rückmeldungen zur Datamate-Familie schöpft. Die 2-mm-Steckverbinderfamilie Datamate mit Kabel-zu-Kabel, Kabel-zu-Leiterplatte- und Leiterplatte-zu-Leiterplatte-Versionen ist viele Male speziell für den Einsatz in rauen Umgebungen konzipiert worden, wie zum Beispiel beim NASA-Weltraumroboterprogramm Robonaut 2 und in vielen erfolgreichen Cubesat-Projekten. Die Kontaktierung beim Datamate erfolgt ‚buchsenseitig‘ über eine gestanzte, goldbeschichtete Vier-Zungen-Kontaktklammer aus Berylliumkupfer mit stark vorgespannten Kontaktzungen. Die Klammern sind in der weiblichen Steckverbinderhälfte untergebracht und halten die runden Kontaktstifte mit hohem Anpressdruck fest, was auch unter rauen Bedingungen die Integrität der elektrischen Verbindung gewährleistet. Zur Datamate-Familie gehören auch leichte Mischtechnik¬versionen im Miniatur¬gehäuse, die eine Vielzahl an Konfigurationen mit Signal-, Strom- und/oder Koaxkontakten bieten. Die Stromversorgungskontakte dieser Mix-Tek-Steckverbinder aus der Datamate-Familie sind bis 20 Ampere belastbar – was sie besonders für Anwendungen mit häufigen Spitzenbelastungen qualifiziert, bei denen es auf Steckverbindungen mit hoher Stromtragfähigkeit ankommt. Die Datamate-Signalkontakte sind bis drei Ampere strombelastbar und die Koax-Kontakte weisen eine Nennimpedanz von 50 Ohm auf. Zum Datamate-Portfolio gehören darüber hinaus auch Ausführungen mit RFI/EMI-Abschirmung (Datamate S-Tek) und eine Vielzahl an möglichen Verriegelungen für mehr Sicherheit.
Immer kleiner und leichter
Ohne Wenn und Aber verlangt die Raumfahrtindustrie jedoch, wie viele andere Branchen auch, nach immer kleineren und leichteren Bauteilen, natürlich mit unverminderter Festigkeit gegenüber Stoß- und Vibrationsbelastungen. Daher wurde es Zeit, für eine neue Gecko-Steckverbinder¬familie im 1,25-mm-Raster. Die flachen G125-Steckverbinder befinden sich in einem Miniaturgehäuse. Durch den Kontaktabstand von 1,25 mm ergibt sich im Vergleich zu anderen Hochleistungssteckverbindern wie Micro-D eine Platzersparnis von 35 Prozent, und sogar 45 Prozent gegenüber Steckverbindungen im 2-mm-Raster. Die Steckverbinder sind pro Kontakt mit bis zu zwei Ampere belastbar. Die geprüfte G125-Familie kann in einem erweiterten Temperaturbereich von -65 °C bis 150 °C und unter extremen Vibrationen (Z-Achse, 100 g, 6 m/s) eingesetzt werden. Siehe Abbildung 1. Das Verhalten von Miniatursteckverbindern unter extremen Bedingungen hängt stark von der konstruktiven Auslegung der Kontaktierung ab. Für Anwendungen mit erhöhter Zuverlässigkeit werden in der Branche viele verschiedene Ausführungen eingesetzt. Harwin setzt dafür beim Gecko einen speziellen und patentierten, kupferlegierten Vier-Zungen-Kontakt ein.
Spezielle Anforderungen
Die Steckverbinder der Gecko-Familie bieten bis zu 50 Kontakte pro Stecker und sind als zweireihige Kabel-zu-Leiterplatte- und Leiterplatte-zu-Leiterplatte-Konfektionierungen erhältlich. Außerdem verfügen sie über einen Verpolschutz zur Vermeidung von Fehlsteckungen, Nr.-1-Position-Erkennung für die schnelle Sichtinspektion und optionale Verriegelungen für das problemlose und schnelle Entriegeln ohne Sonderwerkzeug. Die konfektionierten Steckverbinder sind kabelseitig vergossen, was zur Zugentlastung beiträgt. Die Steckverbinder G125 sind auf möglichst viele Steckzyklen ausgelegt und benötigen nur geringe Steck- und Ausziehkräfte. Die Körper sind aus RoHS-konformen, umweltfreundlichen Materialien hergestellt, was die Verwendung potenziell schädlicher Chemikalien überflüssig macht, noch bevor sie auf der Liste der eingeschränkt nutzbaren Substanzen (RSL) erscheinen. Vorkonfektionierte Kabel sind in einer Vielzahl verschiedener Ausführungen mit männlichen und weiblichen Steckerhälften, mit einem oder zwei konfektionierten Enden und in vielen verschiedenen Standardlängen erhältlich. Platinensteckverbinder sind in Gurten auf Rolle verpackt.
Künftige Missionen
Harwin ist zurzeit an zwei Satellitenprojekten beteiligt: dem QB50-Projekt am Surrey Space Centre und dem WUSAT-Programm an der Warwick University. „Das Satellitenteam der Warwick University besteht bereits seit acht Jahren“, erklärt Dr. Bill Crofts, WUSAT-Projektleiter. „Wir haben im Rahmen eines ESA-Projekts sechs Jahre (2006 bis 2012) als zuständiges Team am Subsystem 'Elektrische Versorgung' für den European Student Moon Orbiter (ESMO) gearbeitet. Harwin hat uns fast während dieser gesamten Zeit bei der Arbeit unterstützt. Seit Anfang 2012 hat das WUSAT-Team dann an der Entwicklung eines eigenen Cubesat-Satelliten gearbeitet. Im Mai 2013 wurde der erste Cubesat (WUSAT1) des Teams mit einem Stratosphären¬wetterballon bis in 30 km Höhe gebracht, um seine Systeme vor den kommenden Raketenmissionen testen zu können. Bei diesem erfolgreichen Probelauf hat der Satellit einige spektakuläre Bilder und Videos aufgenommen. Der Einsatz von Harwins hochzuverlässigen Gecko-Steckverbinder als Verbindung zwischen den Leiterplatten der Substeme war ein entscheidender Beitrag zur konstruktiven Auslegung des Satelliten. Sie haben dafür gesorgt, dass das Elektroniksystem des Satelliten auch in einer rauen Umgebung bei Temperaturen von unter -50 °C zuverlässig weiterarbeiten konnte.“
„Momentan arbeiten wir an einer Weiterentwicklung des Satelliten (WUSAT2), der dann ein spektroskopisches Instrument auf eine Höhe von fast 100 km mitnehmen soll. Der WUSAT2 wird im März 2015 an Bord einer ESA-Trägerrakete (REXUS) vom nordschwedischen Esrange Space Centre aus ins Weltall gebracht. Die Spektroskopie-Nutzlast wird bei der Rückkehr zur Erde Elementproben der Erdatmosphäre nehmen und so ein Verfahren für die Analyse potenzieller Exoplaneten außerhalb unseres Sonnensystems nachbilden und nachweisen. Und wieder einmal werden die zuverlässigen Harwin-Steckverbinder ein äußerst wichtiger Bestandteil der Konstruktion dieses Satelliten sein. Er wird nicht nur die Vibrationen und Beschleunigungskräfte beim Raketenstart überstehen müssen, sondern auch Temperaturen von unter -100 °C ausgesetzt sein. Das Kommunikationssystem muss dabei höchst zuverlässig arbeiten, da der Satellit nach seiner Rückkehr vielleicht nicht geborgen werden kann, weshalb alle Daten erfolgreich übertragen werden müssen.“