P&A:
Herr Dr. Georgy, das Reinheitsgebot feierte 2016 den 500. Geburtstag. Ist das Thema nach so langer Zeit überhaupt noch zeitgemäß?
Dr. Knut Georgy:
Das Reinheitsgebot zeigt ganz deutlich, wie wichtig die Einhaltung von Lebensmittelgesetzen ist, denn nur so kann ein gutes Produkt über Jahrhunderte gewährleistet werden. Besonders heute, in Zeiten zunehmender Meldungen über die schlechte Qualität von Lebensmittel und Getränken, sind die Themen gesunde Lebensmittel und Verbraucherschutz aktueller denn je. Aus diesem Grund haben wir für Brauereien den Sensor VisiTrace DO sowie das mobile Sauerstoffmessgerät Beverly auf den Markt gebracht.
Erläutern Sie bitte kurz die Funktionsweise der beiden Produkte?
VisiTrace DO wird im Brauprozess nach der Filtration, vor der Abfüllung und nach der Wasser-Entgasung eingesetzt. Der Sensor misst die Sauerstoffkonzentration im niedrigen ppb-Bereich und ist widerstandfähig gegenüber aktivem Chlor und Chlordioxid. Das tragbare Messgerät Beverly ermöglicht die einfache und schnelle Qualitätskontrolle an jeder beliebigen Stelle. So kann es beispielsweise im Bereich der Abfüllung zur Kontrolle eingesetzt werden, denn auch dort muss der Sauerstoffgehalt regelmäßig überprüft werden. Im Inneren ist ein VisiFerm-DO-Sensor verbaut, der auf der optischen Messung des Sauerstoffgehalts beruht.
2016 fanden einige Brauereiveranstaltungen statt, die Sie besucht haben. Die BrauBeviale in Nürnberg stellte von allen die Größte dar. Mit welchem Messefazit gehen Sie in das neue Jahr?
Letztes Jahr haben wir an drei Veranstaltungen in Deutschland, Belgien und den USA teilgenommen. Besonders die Tagungen und kleineren Messen bieten immer reichlich Platz für neue Impulse. Der Austausch mit den Besuchern und anderen Teilnehmern ist wichtig, damit wir unsere Produkte weiterentwickeln und für die teils sehr spezifischen Kundenanforderungen adäquate Lösungen finden können. Auch auf der BrauBeviale haben wir wieder vielversprechende Kontakte geknüpft. Diese sowie die Vielzahl unserer namhaften Kunden zeigen, dass die Hamilton-Lösungen im Brauprozess nicht mehr wegzudenken sind. Das zeigte sich auch bei dem Brauerseminar, das wir nun schon zum vierten Mal veranstaltet haben.
Kommen wir von der Brauereibranche zur Bioprozesstechnik. Dort kommen Ihre Sensoren nicht nur in Unternehmen zum Einsatz, sondern auch an Universitäten und in Schülerlaboren.
Ja, das stimmt. Die Forschung stellt an Universitäten und daran angebundenen Instituten, wie beispielsweise dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT), sowie Fachschulen eine wichtige Disziplin dar und nimmt dementsprechend einen hohen Stellenwert ein. Wir freuen uns sehr, dass junge Menschen die Forschung vorantreiben und neue Erkenntnisse gewinnen. Was 2016 besonders erfreulich war: Die Sensoren kamen bei „Jugend forscht“ zum Einsatz, und ein Teilnehmer hat damit den zweiten Platz im Fachbereich Biologie im Bundeswettbewerb belegt.
Sind Ihre Sensoren ausschließlich für Anwender in Brauereien und der Bioprozesstechnik interessant?
Nein, sie bewähren sich auch in vielen anderen Bereichen. Denn mit der Vielzahl an Sensoren für die Messung von pH-Wert, ORP, der Leitfähigkeit, gelöstem Sauerstoff und der gesamten sowie lebenden Zelldichte decken wir ein breites Feld ab. Dadurch eignen sich unsere Produkte nicht nur für Brauereien und die Bioprozesstechnik, sondern auch für viele weitere Einsatzgebiete. Als Beispiel lassen sich Rohrleitungen von Klimaanlagen nennen. Diese Anlagen können je nach Einsatzgebiet sehr groß sein, und sie sind bei der Verwendung von Schwarzstahl als Rohrleitungsmaterial einem hohen Korrosionsrisiko ausgesetzt. Aus diesem Grund haben wir in einem Krankenhaus Sensoren zur Messung des gelösten Sauerstoffs und der Leitfähigkeit implementiert.
Wieso ist die Überwachung der beiden Parameter wichtig?
Ein hoher Gehalt an gelöstem Sauerstoff im Kühlmedium begünstigt die Korrosion von Rohrleitungen, Armaturen und Wärmetauschern. Im schlimmsten Fall kommt es zu einer Leckage, mit der Folge, dass ganze Stationen geschlossen oder der Operationsbetrieb stillgelegt werden müssen. Das gilt es in jedem Fall zu verhindern. Gleichzeitig ist die Messung der Leitfähigkeit und damit indirekt die Konzentration des Korrosionsinhibitors entscheidend. Ist zu wenig davon vorhanden, steigt die Gefahr von Korrosion.
Das klingt nach einem interessanten Wachstumsmarkt. Gibt es noch ein Projekt, welches Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist aus dem letzten Jahr?
Ja, und damit wären wir wieder bei dem Thema gesunde Lebensmittel und speziell bei Fischen. Eine konstante Wasserqualität ist bei der Fischzucht und bei dem Transport von Offshore-Fischfarmen zu den Verarbeitungsbetrieben ein entscheidendes Kriterium. Denn nicht nur das Überleben der Speisefische, sondern auch deren Qualität hängt maßgeblich davon ab. Aus diesem Grund muss man die Parameter pH-Wert, Leitfähigkeit, gelöster Sauerstoff sowie ORP permanent überwachen und anpassen. Die Arc-Technik erleichtert die Installation und Einbindung erheblich.
Das Potenzial der unterschiedlichen Märkte sowie die steigende Nachfrage verlangen doch sicherlich nach größeren Produktionsvolumen. Wie begegnen Sie dieser Herausforderung?
Wir geraten tatsächlich mit Hamilton Bonaduz am derzeitigen Standort in Bonaduz, Schweiz, an die Kapazitätsgrenzen. Um weiterhin die gewohnte Qualität liefern zu können, erfolgte im September der Spatenstich für einen Neubau in Domat/Ems. Das Areal ist 10.000 Quadratmeter groß und bietet Hamilton Ems sowie Hamilton Storage eine neue Heimat. Hamilton Ems ist eine neugegründete Tochterfirma mit Fokus auf Entwicklung und Produktion von Hightech-Kunststoffkomponenten für die gesamte Hamilton-Gruppe. Hamilton Storage entwickelt umfassende und automatisierte Tieftemperatur-Probenmanagementsysteme, die bei vielen Life-Science-Prozessen von großer Bedeutung sind. Wir können durch die Neugründung rund 100 neue Arbeitsplätze schaffen. Zusätzlich agiert seit September in Badalona, Barcelona, Hamilton Iberia als Ländergesellschaft für die Business Unit Process Analytics.
Werfen wir noch einen Blick in die Zukunft. Was erwarten Sie vom Jahr 2017?
Wenn der Bau der neuen Halle wie geplant vonstattengeht, werden dort im Herbst 2017 die ersten Produkte hergestellt. Dies ist ein wichtiger Schritt für die Zukunft des Unternehmens. Des Weiteren planen wir ein Inhouse-Applikationslabor mit Bioreaktoren. Damit können wir schnell auf die Herausforderungen der Kunden reagieren und ihnen kundenspezifische Lösungen anbieten. Mit Hilfe des Labors möchten wir unsere Produkte kontinuierlich weiterentwickeln und das so benutzerfreundlich wie möglich. Wie auch 2016 werden wir wieder an zahlreichen kleineren und größeren Veranstaltungen der verschiedenen Branchen teilnehmen und freuen uns, sowohl in bekannten Märkten als auch in mögliche neue Einsatzgebiete weiter vordringen zu können.