Mittlerweile kommt die Software Engineering Base in einer Vielzahl von Unternehmen zur Anwendung - für den Softwareentwickler Aucotec Zeit, einige Anwendungsbeispiele zu sammeln und einen Erfahrungsaustausch zu organisieren. Vor allem Anlagenbauer, die sehr komplexen Herausforderungen gegenüberstehen, kamen zum vierten Aucotec-Technologietag Anfang November nach Hannover. Neben Vorträgen zu neuen Engineering-Entwicklungen stellten der Verfahrenstechniker Claudius Peters, Oberflächenspezialist Rippert und Zementklinkerhersteller IKN anschauliche Beispiele für die Synergien vor, die das Umstellen ihrer Engineering-Prozesse auf datenbankbasierte Projektierung mit sich brachten.
Die Vortragenden waren sich einig, dass die Herangehensweise, die sich mit der Software-Plattform Engineering Base (EB) ergibt, Umdenken erfordert, aber zu erheblicher Zeitersparnis und qualitativ deutlich hochwertigeren Dokumentationen führt. Reinhard Knapp, leitender Produktmanager bei Aucotec, brachte das so auf den Punkt: „EB verschiebt das Engineering vom Plan zu den Daten. Es ist nicht mehr dokumentenzentriert, sondern die Daten selbst stehen im Vordergrund, inklusive ihrer Verknüpfungen.“ Grundlage dafür: die Datenbank, die als „single source of truth“ alle Informationen jedem Beteiligten jederzeit zugänglich macht. Ein Plan ist dabei nur eine der möglichen Sichtweisen auf das Anlagenmodell, nicht mehr zwingend der Ausgangspunkt. Objekte lassen sich rein alphanumerisch er- und bearbeiten, die grafische Entsprechung entsteht weitgehend automatisch.
Datenbank statt Dateninseln
Ulrich Cord, Gruppenleiter Automatisierungstechnik bei dem Buxtehuder Schüttgut- und Verfahrenstechnik-Spezialisten Claudius Peters erklärte: „Wir wollten weg von den Papierprozessen der Dokumentenwelt. Wir befinden uns in einem Wandel, den Aucotecs Plattform EB angestoßen hat. Für uns ist das schon jetzt eine Erfolgsgeschichte.“ EB habe interdisziplinär Brücken geschlagen und die Kommunikationskultur im Engineering verändert. „Die Köpfe stecken jetzt viel früher und viel enger zusammen“, so Cord. Wie ineffizient sequenzielles Arbeiten sei, habe erst die neue, datenbankgestützte Planung gezeigt, die die Arbeit verschiedener Disziplinen erheblich parallelisiert hat. „Unsere Erwartung, dass die Behinderungen des Workflows durch die bisherigen Dateninseln aus verschiedenen Tools wegfallen, hat sich voll erfüllt“, sagte der Engineering-Experte.
Die Arbeiten zu einer Zementproduktionslinie im Iran gab den Ausschlag für IKN, Experten in Sachen Pyrolinien zur Zementklinker-Herstellung: Die immer komplexeren Projekte verlangen eine deutlich modernere Software. Bei Projekten mit vielen Tausend E-Mails, über 5.000 Zeichnungen, 900 Instrumenten, Flowsheets mit 15 Revisionen und Partnern aus mehreren Ländern ist Übersicht das A&O. „Das Datenmodell von EB rannte bei uns offene Türen ein, wir haben das sehr schnell verinnerlicht“, berichtete der technische Leiter Jörg Hammerich. Er hob die Transparenz hervor, die IKN-Großprojekte jetzt haben, weil sich komplexe Anlagen komplett abbilden lassen und alle Beteiligten an derselben Datenbasis arbeiten. Schon zur Definition der ersten groben Anlagenidee komme das System zum Einsatz. Die einzelnen Disziplinen nehmen dann darauf aufbauend ihre Detaillierungen vor. „Alle kritischen Informationen zu den Anlagenteilen werden in EB zusammengehalten“, so Hammerich. Das Ergebnis für ihn: mehr Überblick und weniger Absprache-, Kontroll- und Korrektur-Aufwände.
Durchgängigkeit als roter Faden
Der Oberflächenveredler Rippert projektiert seine Anlagen nach der international verbindlichen Norm IEC 81346, die für die Komponenten neben dem Produkt- und Einbauortsaspekt auch eine Funktionszuordnung vorschreibt. Die Planer machten sich diese Anforderung zunutze. „Wir haben regelrecht ein Funktionsdenken entwickelt“, erzählte der Administrator Thomas Möller. „Dieses Denken erfordert eine andere Arbeitsweise, aber es lohnt sich, denn es bringt erhebliche Zeitersparnis und gliedert die Teilanlagen sehr übersichtlich. Dabei sind die Möglichkeit zur funktionsorientierten Baugruppenbildung und die damit einhergehende Standardisierung EBs große Vorteile“, erklärte er. In einem ersten Großprojekt wurde die Struktur einer Emaillierkabine nur einmal aufgebaut, mehrfach kopiert und zu drei Linien zusammengefügt. „Grafische Änderungen waren da nicht nötig, die Stromlaufpläne erzeugten sich von selbst“, so Möller.
Dass EB das Funktionsdenken besonders unterstützt, war allerdings nicht der Hauptgrund, warum Rippert sich für EB entschieden hatte. Die Zukunftsfähigkeit und die Durchgängigkeit der Projekte vom verfahrenstechnischen Fließbild bis zur Steuerungstechnik hatten den Ausschlag gegeben. „Diese Forderung konnte nur EB erfüllen“, sagte Thomas Möller über Ripperts Suche nach dem passenden System.
Das Thema „echte“ Durchgängigkeit zog sich wie ein roter Faden durch die Vorträge und Gespräche der Gäste. Nicht mehr über Schnittstellen und File-Grenzen seine Daten zusammensuchen zu müssen, sondern durchgängige Abbildung und Begleitung der Projekte von der ersten Idee über die Ausschreibungsphase bis zu den Wartungsunterlagen, das sahen alle als entscheidenden Pluspunkt.