Sensorik & Messtechnik Was machen Ihre Durchflussmesser im Weinberg, Herr Scholasch?

21.02.2013

Wann bewässern Winzer ihre Reben? Die meisten vertrauen auf Erfahrung, manche auf den Nachbarn. Im Zweifel gilt: „Viel hilft viel.“ Stimmt nicht, sagt Thibaut Scholasch. Mit Geschäftspartner Sébastien Payen bringt er Messtechnik auf den Weinberg. Das spart Wasser und soll sogar den Geschmack verbessern.

„Xylemfluss-Sensoren zur Messung des Wasserhaushalts bei Pflanzen gibt es schon seit 20 Jahren. [Anm. d. Red.: Das Xylem-Gewebe von Pflanzen dient ihrem Wassertransport.] Doch bisher wurden sie nur für die Forschung eingesetzt. Wir bringen sie in den Weinberg. Im Gegensatz zu vielen dort herrschenden Vorstellungen gibt es große Unterschiede zwischen dem augenscheinlichen Zustand der Rebe und dem, was im Inneren passiert. Wenn die Pflanze etwa die Blätter einrollt, ist das nicht unbedingt das Zeichen, sofort zu bewässern. Die Reben konzentrieren sich dann ganz auf ihre Frucht. Mit diesem Hintergrundwissen kann man enorme Mengen Wasser sparen. Einer unserer Kunden verbraucht 75 Prozent weniger Wasser als bisher. Traditionell setzt der Weinanbau und die Landwirtschaft überhaupt neue Ideen aber eher langsam um. Ein Grund ist, dass es sich um ein Saisongeschäft handelt: Während bei einer kontinuierlichen Produktion ständig Verbesserungspotenzial gefunden und umgesetzt wird, hört man auf dem Acker in der Zeit von Winter bis Frühling auf, sich zu fragen, was man nächstes Mal besser machen kann. Das verhindern vieles. Trotzdem konnten wir schon viele Winzer von unserem Ansatz überzeugen. Wir haben Kunden in Kalifornien, aber auch in Frankreich, Argentinien, Spanien, Portugal und Italien. In einigen Regionen ist die aktive Bewässerung verboten, aber auch dort können wir für bestimmte Hanglagen unterschiedliche Aromaprofile vorhersagen, die auf dem Wasserkonsum der jeweiligen Reben basieren. Schon vor der Ernte lässt sich so feststellen, wo das größte Potenzial herrscht. Verglichen mit dem bisherigen Stand ist das ein großer Fortschritt, denn ohne unsere Technik kann man dieses Potenzial erst nach der Fermentation erkennen. In Zukunft wollen wir unser Know-how auf andere Pflanzen übertragen, bei denen das Aroma wichtig ist. Ich habe vor kurzem Kakao- und Kaffeeplantagen in Kolumbien besucht. Auch bei diesen Pflanzen gibt es eine deutliche Verbindung zwischen dem Wasserhaushalt und der Geschmacksentwicklung der Früchte. Für Oliven, Mandeln oder Pistazien gilt das ebenso. Und letztlich lässt sich durch unsere Erkenntnisse auch die Bewässerung von Nutzpflanzen wie Kartoffeln, Weizen oder Reis überdenken - so kann auch dort jede Menge Wasser gespart werden.“

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