600 kW Dauerleistung bei 98,7  Prozent Wechselrichter der nächsten Generation – mehr Leistung, weniger Verlust

Wechselrichter der nächsten Generation: Das Fraunhofer IZM entwickelt kompakte Wechselrichter mit hohem Wirkungsgrad.

Bild: DALL·E / publish-industry
16.04.2025

Ein Forschungsprojekt unter Leitung des Fraunhofer IZM hat einen neuartigen Wechselrichter für Elektrofahrzeuge entwickelt, der bis zu 600 kW Dauerleistung bei einem Wirkungsgrad von 98,7 Prozent erreicht. Möglich wird dies durch Siliziumkarbid-Halbleiter, integrierte Leiterplattenstrukturen und ein fortschrittliches Kühlsystem aus dem 3D-Drucker.

Wechselrichter sind die Manager im Antriebsstrang moderner Elektroautos. Sie bereiten die elektrische Energie aus der Batterie für den Motor auf. Am Fraunhofer IZM wurde diese zentrale Komponente jetzt neu definiert: Auf Basis neuester Entwicklungen in der Leistungselektronik entstand ein Wechselrichter, der hohe Energiemengen bei geringer Induktivität auf kleinstem Raum verarbeitet – mit einem gemessenen Spitzenwirkungsgrad von 98,7 Prozent.

600 Kilowatt? Dieser Wechselrichter bleibt cool!

Um die Energie aus der Batterie auf die Straße zu bringen, brauchen die Motoren heutiger Elektroautos einen Wechselrichter. Er ist sozusagen das Umspannwerk im Auto. Der Wechselrichter wandelt den Gleichstrom aus der Batterie in das um, was heutige Motoren antreibt: Dreiphasenwechselstrom, auch Drehstrom genannt. Je höher die Leistung im Antriebsstrang, desto mehr Strom fließt. Damit steigt auch die Wahrscheinlichkeit von Wärmeverlusten. Diesen störenden Nebeneffekt minimiert ein neuartiger Umrichter, den das Fraunhofer IZM jetzt in Zusammenarbeit mit Porsche und Bosch entwickelt hat: Der Dauerleistungswandler.

Der Name ist Programm, denn auch über lange Zeiträume stellt der Dauerpower-Wechselrichter knapp 600 kW Leistung bereit, was etwa 815 PS entspricht. Zum Vergleich: Das ist nicht nur gut anderthalbmal so viel, wie derzeit in einem 40-Tonnen-LKW üblich, es setzt vor allem neue Maßstäbe im Segment der elektrisch angetriebenen Sportwagen. Für kurzfristige Leistungsspitzen erreicht der Wechselrichter sogar Werte von 720 kW oder 979 PS. Um solche Energiemengen verarbeiten zu können, wurde bei der Entwicklung des Dauerpower-Moduls auf modernste Halbleitertechnik mit Siliziumkarbid-Transistoren (SiC) gesetzt und ein neues Kühlsystem entwickelt.

Hohe Effizienz und niedrige Induktivität

Die Basis für die herausragende Leistungsfähigkeit des Dauerpower-Wechselrichters bildet der Einsatz von Transistoren aus Siliziumkarbid (SiC). Ein großes Plus liegt in der geringeren Modulinduktivität von 1,1 Nanohenry– unter Modulen mit ähnlicher Stromleitfähigkeit ist das absolute Spitzenklasse. Dominik Seidenstücker, der federführend an dieser Entwicklung beteiligt war, erläutert weitere Vorteile: „Im Vergleich zu herkömmlichen Siliziumtransistoren zeichnen sich Siliziumkarbid-Halbleiter durch eine wesentlich höhere Temperaturbeständigkeit, geringere Halbleiterkapazitäten und einen reduzierten Durchlasswiderstand bei gleicher Halbleiterfläche aus. Daher bieten sie das Potenzial, Schalt- und Leitverluste erheblich zu reduzieren.“

Um das System besonders kompakt zu gestalten, wurden zudem DC-Link-Kondensatoren mit PolyCharge NanoLam-Technologie verwendet. Im Vergleich zu den üblichen Polypropylen-Kondensatoren bieten sie mehr als die doppelte Leistungsdichte. Durch ein spezielles Leiterplattenverfahren, bei dem die Halbleitermodule eingebettet werden, wird die Systemeffizienz weiter gesteigert.

Dazu erläutert Dominik Seidenstücker: „Das Leiterplattenembedding ermöglicht uns, den Abstand zwischen den Hin- und Rückleitern zu verringern und so die Streuinduktivität zu reduzieren. Die geringere Streuinduktivität des Moduls führt dazu, dass wir schneller schalten können. Dies wiederum reduziert die Verluste im Halbleiter abermals.“ Außerdem erlaubt diese Technologie eine kostengünstige Massenproduktion. Das hochmoderne, auf SiC-Technologie basierende Design hält die Wärmeentwicklung in den 12 verbauten Halbleitermodulen auf niedrigem Niveau. Leitet der Dauerpower-Wechselrichter bei Bedarf besonders große Energiemengen zum Antriebsaggregat, sorgt ein raffiniertes Kühlsystem für viel Spielraum.

Hochmodernes Kühlsystem aus dem 3D-Drucker

Damit die Leistungselektronik auch unter Volllastbedingungen zuverlässig arbeiten kann, wurde ein Kühlsystem entwickelt, das im Wesentlichen auf zwei Teilen basiert: Zum einen wurde ein 3D-gedrucktes Kupferkühlelement entwickelt. „Wir haben uns für Kupfer entschieden, da Kupfer eine bessere thermische Leitfähigkeit hat als Aluminium und dadurch die Wärme besser spreizen kann“, so Seidenstücker. Das Element ist an die thermischen Anforderungen der Bauteile angepasst und sorgt für eine gleichmäßige Wärmeabfuhr. Durch den Einsatz von Silbersinterverbindungen werden die temperaturkritischen Komponenten direkt an das Kühlsystem angeschlossen, wodurch eine bestmögliche thermische Integration erreicht wird.

Weitergeleitet wird die Wärme an eine Wasserkühlung, die zweite Komponente des Kühlsystems. Sie wird im Aluminium-3D-Druck-Verfahren hergestellt und führt das Kühlwasser durch eine parallele Kühlstruktur, die den Druck im System verteilt. Der Druckabfall ist mit nur 150 mbar bei 10 l Kühlmittel pro Minute extrem gering – ein klarer Beweis für die hohe Effizienz der Kühltechnik. Selbst nach 15 Minuten Dauerlastbetrieb beträgt die Temperaturdifferenz zwischen Gehäuse und Kühlmedium weniger als 20 K. Am gekühlten Phasenausgang konnte eine maximale Temperaturerhöhung von nur 41 K gemessen werden. Dank dieser fortschrittlichen Kühltechnologie bleibt der Wechselrichter auch bei hoher Beanspruchung im Bereich optimaler Betriebstemperaturen. Salopp gesagt: Im Dauerpower bleibt selbst das Kühlsystem cool.

Maximale Leistungsdichte

Die einzelnen Baugruppen des Dauerpower-Wechselrichters sind also bestens aufeinander abgestimmt. Orchestriert wird ihr Zusammenspiel durch eine Software, die ebenfalls vom Fraunhofer IZM für das Projekt entwickelt wurde. Nicht zuletzt ermöglicht das smarte Design des Moduls ein Kraftpaket, das neue Maßstäbe in Sachen Leistungsdichte setzt: Mit 200 kVA pro Liter leistet der Wechselrichter das Zwei- bis Vierfache dessen, was in gängigen Elektroautos üblich ist. Das heutige Spitzensegment übertrifft er um ein Drittel. Hochleistungs-Elektrofahrzeuge können künftig also von deutlich kleineren Umrichtern mit mehr Leistung ins Rennen geschickt werden. Zudem bietet der Dauerpower-Wechselrichter eine hohe Modularität: Einzelne Komponenten können leichter ausgetauscht oder gewartet werden. Das spart Ressourcen und ermöglicht eine wesentlich längere Nutzungsdauer der Fahrzeuge.

Die Kombination aus modernster Halbleitertechnik, verbesserter Kühlung und hoher Leistungsfähigkeit macht den Wechselrichter zu einem Schlüsselbaustein für die nächste Generation elektrischer Antriebe. Das Projekt trägt maßgeblich zur Weiterentwicklung der Elektromobilität bei und legt die Messlatte in Sachen Leistung, Effizienz und Nachhaltigkeit ein deutliches Stück höher. Unterstützt wurde das Projekt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, durchgeführt wurde es in Zusammenarbeit mit Porsche und Robert Bosch.

Technische Daten

  • 3-phasiger Antriebsumrichter

  • 48 SiC-Halbleiter

  • circa 3 l Volumen des Power Cores

  • 800 beziehungsweise 1.200 V Basis

  • Dauerleistung von knapp 600 kW (835 V x 720 ARMS)

  • Spitzenleistung von 720 kW (800 V x 900 ARMS)

  • Leistungsdichte von 200 kVA pro Liter

  • Spitzen-Effizienz von 98,7 Prozent

Bildergalerie

  • Schnitt durch eines der drei Phasenmodule des 600-kW-Umrichters.

    Schnitt durch eines der drei Phasenmodule des 600-kW-Umrichters.

    Bild: Fraunhofer IZM | Volker Mai

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