Aussendung von Photonen Weltrekord bei Quantenverschränkung in Glasfaser

Hier wird die Quantenverschränkung zwischen zwei Orten künstlerisch dargestellt.

Bild: ÖAW/Harald Ritsch
10.01.2023

Forschende der Österreichischen Akademie der Wissenschaften ist es erstmals gelungen, Photonen über 248-km-Glasfaser zu verschränken. Für eine derartige Quantenkommunikation ist dies ein neuer Langstreckenrekord und ein bedeutender Schritt auf dem Weg zum Quanteninternet. Bisher lag die maximale Distanz in diesem Bereich bei 100 km.

Einmal mehr haben Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen des Wiener Instituts für Quantenoptik und Quanteninformation der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) einen neuen Weltrekord bei der Quantenverschränkung aufgestellt: Erstmals ist es gelungen, verschränkte Photonen, also Lichtteilchen, über 248 km verlegte Glasfaser zu schicken. Die bisherige Rekorddistanz über knapp 100 km aus dem Jahr 2019 wurde somit mehr als verdoppelt.

Ziel des jüngsten Experiments war die Erstellung eines ersten Knotens im Quapital-Netzwerk, einem Forschungsprojekt für ein zentraleuropäisches Quanteninternet. Quantennetzwerke versprechen absolut abhörsichere Kommunikation und leistungsstarke verteilte Sensornetzwerke für Forschung und Technologie – sie gelten als Kommunikationswege der Zukunft. Bahnbrechende Vorarbeiten hat in diesem Bereich auch Nobelpreisträger Anton Zeilinger geleistet.

„Spukhafte Fernwirkung“ St. Pölten bis Bratislava

Im Rahmen des Quapital-Projekts schickte ein Sendeapparat in Wien stabil über mehrere Tage Quantenzustände nach Sankt Pölten und Bratislava. Dort wurden sie gemessen und ihre quantenphysikalischen Eigenschaften nachgewiesen. Dabei wurde eine Quelle für verschränkte Photonenpaare im Keller des Physikinstituts der Universität Wien an zwei bereits verlegte Glasfasern angeschlossen. Die beiden je zirka 125 km langen Faserleitungen führten zu Empfangsstationen in der Nähe von Sankt Pölten sowie in der Slowakischen Akademie der Wissenschaften in Bratislava.

„Quantenverschränkung ermöglicht es, sogenannten korrelierten Zufall zu erzeugen. Das ist, als ob zwei Münzen, die an verschiedenen Orten – in unserem Fall Sankt Pölten und Bratislava – geworfen werden, stets auf dieselbe Seite fallen“, erklärt Rupert Ursin, wissenschaftlicher Leiter des Projekts an der ÖAW. Dieser von Einstein als „spukhafte Fernwirkung“ bezeichnete Effekt sei nicht nur aus physikalischer Sicht interessant, sondern habe ganz konkrete Anwendungen.

Die auch kommerziell ausgereifteste davon ist die verschlüsselte Datenübertragung mit Hilfe von Quantentechnologie. Bei dieser sogenannten Quantenkryptographie können die „Münzwürfe“ dazu verwendet werden, Nachrichten prinzipiell unknackbar zu verschlüsseln. Aber auch die Verknüpfung von zukünftigen Quantencomputern wird durch die Übertragung von Verschränkung ermöglicht.

Wichtige Voraussetzung für zukünftiges Quanteninternet

Sebastian Neumann, ÖAW-Erstautor der Publikation und mit der Durchführung des Experiments betraut, schildert die größten Herausforderungen: „Im Unterschied zum ‚normalen‘ Internetsignal können Quantenzustände nicht am Weg ausgelesen und verstärkt werden. Dadurch werden die Leitungsverluste zu einem Problem, weil nur etwa jedes hundertmillionste weggeschickte Photonenpaar auch tatsächlich an den Detektoren ankommt.“

Dementsprechend hoch müsse die Rate der in Wien erzeugten Photonen sein. „Dafür haben wir eine spezielle Photonenquelle konstruiert, über die wir sogar eigens publiziert haben“, sagt Neumann. Außerdem müsse das Signal gegen Temperaturschwankungen in der Faser unempfindlich gemacht werden, wofür ein eigenes Stabilisierungssystem ersonnen wurde. Dies ermöglicht einen ununterbrochenen Betrieb der Leitung, eine weitere wichtige Voraussetzung für ein zukünftiges Quanteninternet.

Für die Erforschung der Quantenverschränkung mit Photonen wurde Anton Zeilinger am 10. Dezember mit dem Nobelpreis für Physik bedacht. Österreichische Forschung zur Quantenphysik, wie sie an der ÖAW betrieben wird und an der auch Zeilinger forscht, befindet sich hier im internationalen Spitzenfeld.

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