Das Virus hält uns in Atem, und es scheint, als würde die Welt still stehen. Die Produktion in vielen Fabriken wurde gestoppt. Unser wirtschaftliches System wackelt und droht zu fallen. „Die Gründe dafür sind ein marodes Gesundheitssystem, unflexible Produktion im Ausland und verschlafener Fortschritt“, sagt Werner Hampel, Geschäftsführer von Robtec und Mister Robot. „Wenn Deutschland seine Lebensmittel, Produkte und Medikamente selbst herstellen würde, dann wäre diese wirtschaftliche Krise gar nicht erst entstanden.“
Eine funktionierende Produktionslandschaft in Deutschland könnte die Bevölkerung rasend schnell mit Atemschutzmasken statt mit Designerklamotten, mit Beatmungsgeräten statt mit Automobilen und mit Impfstoffen und Medizin statt mit Angst füttern. Doch leider müssen wir uns stattdessen darauf verlassen, dass unterbezahltes und ständig überlastetes Pflegepersonal nun die größte Herausforderung unseres Gesundheitssystems stemmt.
Dies ist kein Problem, das wir alleine lösen können. Es ist eine Aufgabe für die gesamte Menschheit. Wir alle müssen zusammen halten, damit diese Krise bald ausgestanden ist und die Opferzahlen so niedrig wie möglich gehalten werden.
Wirtschaftlicher Schaden ist enorm
Seit Beginn der Menschheit gab es immer wieder Seuchen und Pandemien, wie die Pest, die Pocke oder die spanische Grippe. Jedoch stehen wir heute noch immer – trotz modernster Technik – einer Pandemie ohne Waffen gegenüber.
Dank des Internets können wir wenigstens mit Freunden und Familie in Kontakt bleiben. Wir können uns über die Geschehnisse in der Welt informieren, die aktuellen Entwicklungen der Pandemie verfolgen und viele von uns können sogar von zu Hause aus arbeiten. Dennoch bleibt Verzweiflung: über fehlende Atemschutzmasken, Medizin und Desinfektionsmittel, es bleibt die Ohnmacht, dass die Wirtschaft stillstehen muss, die Wut, dass wir mit all unseren modernen Mitteln nichts anderes tun können, als zuhause zu bleiben.
Laut Ifo-Präsident Clemens Fuest könnte uns dieser Stillstand eine halbe Billion Euro kosten. Die massenhaften Produktionsausfälle können sich auf mehrere hundert Milliarden Euro belaufen. Zwar sagt die Bundesregierung Hilfen zu; der wirtschaftliche Schaden aber ist dennoch enorm.
Kleine wie große Firmen leiden unter der Krise. Arbeitnehmer bangen um ihre Jobs, Unternehmer bangen um ihre Firmen. Der Dax erlebte gar den schnellsten Crash seiner Geschichte. BMW, Audi und VW stellen die Produktion ein. Covid-19 hat uns fest im Griff und wir können jetzt nur noch versuchen, die negativen Effekte so gut es geht abzufedern.
„Aber warum sind wir nicht besser auf solche Krisen vorbereitet?“ Das fragt sich nicht nur Werner Hampel. „Wie kann es sein, dass wir nicht selbst benötigte medizinische Mittel herstellen können? Wie kann es sein, dass unser bereits überfordertes Krankenhauspersonal jetzt am absoluten Limit arbeiten muss?“
Beatmungsgeräte statt Autos herstellen
Es wird zunehmend Kritik an der Bundesregierung geübt, die Digitalisierung nicht ausreichend vorangetrieben zu haben. Schülerinnen und Schüler können ebenso wie Studierende nicht angemessen digital unterrichtet werden. Aufgrund der Heimarbeit und der verstärkten Nutzung von Streaming-Diensten kommen unsere Netzkapazitäten an ihre Grenzen.
Gehen wir aber nun noch einen Schritt weiter: Warum hat die Regierung es verschlafen, verstärkt auf Roboter zu setzen? Roboter hätten eine Krise in diesem Ausmaß verhindern können, und zwar in allen Bereichen.
Betrachten wir erst einmal die Ausfälle in der Produktion. Selbstverständlich nutzt beispielsweise die Automobilindustrie viele Roboter in ihren Produktionsstraßen, aber auch in anderen Branchen werden einige oder alle Produktionsschritte automatisiert. Roboter bieten dabei den großen Vorteil, dass sie schnell und flexibel umprogrammiert werden können.
Anstatt also die komplette Produktion zu stoppen und sämtliche Fabrikarbeiter in Kurzarbeit zu schicken, sollte man sich genau diese Flexibilität zunutze machen. Die Firmen, deren Produkte in Krisenzeiten nicht oder wenig nachgefragt werden, wie etwa Autos, könnten ihre Roboter rasend schnell umprogrammieren, sodass diese statt Motoren und Türen die so dringend benötigten Beatmungsgeräte herstellen.
Dadurch ergeben sich drei entscheidende Vorteile. Zum einen können, wie eben angesprochen, Fabrikarbeiter ihre Arbeit fortsetzen und die Unternehmen müssen nicht ihre komplette Produktion stilllegen. Zum anderen sind wir nicht mehr von Produzenten in China abhängig, sondern können selbst medizinische Ausrüstung produzieren. Das gilt nicht nur für Beatmungsgeräte, auch Desinfektionsmittel oder Atemschutzmasken können dann von Destillerien oder Kleidungsherstellern gefertigt werden.
Das wird zwar aktuell auch gemacht, die Produktion läuft aber erst an. Durch Roboter hätten wir damit schon vor zwei Wochen anfangen können und uns so einen entscheidenden Zeitvorteil verschaffen können. Am wichtigsten ist aber natürlich, dass wir uns und andere dann mit den nötigen medizinischen Produkten ausstatten können.
Nationale und internationale Hilfe
Wir in Deutschland können und müssen dabei eine Vorreiterrolle in Europa übernehmen. Viren kennen keine Nationalgrenzen, daher dürfen wir hier nicht nur an uns denken. Durch eine hochflexible Produktion und den entstehenden Zeitvorteil können wir nicht nur ausreichend Geräte für uns herstellen, sondern diese auch in andere europäische Länder exportieren.
Aktuell sind wir nicht in der Lage, Italien oder Spanien zu helfen, weil wir unsere Kapazitäten selbst brauchen. Wäre es nicht wünschenswert, dass wir über unsere Landesgrenzen hinaus einen Teil dazu beitragen könnten, hunderte oder tausende Menschenleben zu retten?
Stattdessen sind wir auf die Produktion im nicht-europäischen Ausland angewiesen. Wie kann es sein, dass ein Industriestaat wie Deutschland, der international für das gute Gesundheitssystem gelobt wird, dann trotzdem Medikamente und Schutzausrüstung in Asien produzieren lässt? Wie kann es sein, dass uns diese Sparmaßnahme nun Menschenleben kostet? Unter normalen Umständen mag es ausreichen, medizinische Güter zu importieren. In einer globalen Gesundheitskrise wie der jetzigen, zeigt sich aber, wie unverantwortlich dies tatsächlich ist.
Produktion im Inland
Ein Großteil der weltweit produzierten Atemschutzmasken kommt aus China. Durch die dortigen Probleme mit Covid-19 wurde der Export zeitweise gestoppt. Dies führte in Europa und auch in Amerika zu Engpässen bei der Versorgung mit Atemschutzmasken, sodass selbst in Kliniken nicht genügend vorhanden waren. Zwar konnte die Bundesregierung mittlerweile zehn Millionen Masken auftreiben. Diese werden aber vorrangig an medizinisches Personal ausgegeben. Für Privatpersonen reichen diese Kapazitäten jedoch nach wie vor nicht.
Dieser Notstand hätte durch die Produktion im Inland verhindert werden können, die Vorteile wurden bereits beschrieben. Stattdessen wird jedoch an der Produktion in China zu niedrigen Lohnkosten festgehalten. Dass dieses Kostensparen aber fatale Folgen hat, zeigt sich jetzt. Deshalb muss die Reaktion nach der Corona-Krise sein, medizinische Produkte auch wieder in Deutschland oder zumindest in Europa zu produzieren.
Mit genügend Atemschutzmasken und anderen Schutzartikeln hätte das komplette Erliegen des öffentlichen Lebens verhindert werden können. Wenn alle Bürger Mundschutz tragen und konsequent desinfiziert wird, sind Ausgangssperren nicht nötig, wie man an den Beispielen von Südkorea und Singapur sehen kann.
Auch unsere Medikamente werden in Indien und China produziert, teilweise unter katastrophalen hygienischen Bedingungen. Die indische Pharma-Hauptstadt Hyderabad wirbt beispielsweise mit dem Slogan „minimale Kontrolle, maximale Förderung“. Ist es wirklich das, was wir wollen? Minimal kontrollierte Arzneimittel, die in maximalen Mengen produziert werden, ohne Rücksicht auf Vorschriften und Hygiene? Warum ist es uns unsere Gesundheit nicht wert, dass wir mit besserer Qualität im Inland produzieren? Dann könnten sterile Umgebungen und aufwendige Kontrollverfahren sichergestellt werden.
Vorbild aus Japan: Pflegeroboter
Ein anderes asiatisches Land kann jedoch Vorbild im medizinischen Bereich für uns sein. In Japan werden bereits erfolgreich in vielen Krankenhäusern und Pflegeheimen Pflegeroboter eingesetzt, die das Personal unterstützen. Dabei geht es um einfache, aber doch zeitraubende Aufgaben wie den Transport von Wäsche und Essen. Auch einfache Tests wie beispielsweise das Fiebermessen gehören zu den Tätigkeiten.
In Deutschland gibt es zwar bereits erste Krankenhäuser, die den Einsatz von Robotern testen. Im Hinblick auf die alltägliche Belastung des Personals wird dies aber noch in einem zu geringen Maße ausgeübt. Mit Robotern in Krankenhäusern wäre die medizinische Versorgung darüber hinaus in Krisenzeiten sichergestellt, da das Personal entlastet wird. Somit können sich die Mediziner auf die Behandlung von Intensivpatienten und schweren Fällen konzentrieren. Dies beinhaltet auch die Menschen, die nicht aufgrund von Covid-19, sondern wegen anderen Krankheiten und Leiden in stationäre Behandlung müssen, denn diese kommen in der aktuellen Situation oft zu kurz.
Das Personal in Krankenhäusern zu entlasten muss eines der ersten Projekte sein, das in Angriff genommen wird. Nach dieser harten Zeit haben diese Helden und Heldinnen eine Entlastung mehr als verdient.
Krise als Katalysator
Wir werden noch lange mit den Folgen der Corona-Pandemie zu kämpfen haben. Zugleich sollten wir diese Krise aber auch als Katalysator sehen, um die Digitalisierung und Automatisierung voranzutreiben. Es ist unsere Chance zu einer besseren Zukunft. Die fatalen Fehler der Vergangenheit sollten in der Vergangenheit bleiben. Wenn wir uns rüsten, wird die nächste Pandemie nicht wieder das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben zum Erliegen bringen.
Erkennen wir doch endlich, dass wir unsere Fabriken und die Medizin mit Robotik und Künstlicher Intelligenz aufrüsten müssen. Wir müssen wichtige Produktionen zurück nach Deutschland holen und vermehrt Roboter auch in Krankenhäusern einsetzen. Wir dürfen diese notwendigen Prozesse nicht länger aufschieben, sondern müssen erkennen, dass moderne Technologien in Krisenzeiten den Unterschied zwischen Leben und Tod bedeuten können.