Um die Verfügbarkeit von Anlagen, insbesondere von Windenergieanlagen (WEA) zu erhöhen, wurden diverse F&E-Vorhaben realisiert, unter anderem im Verbundprojekt EVW „Erhöhung der Verfügbarkeit von WEA“. An deren Ergebnissen richtet sich überwiegend auch die Nutzung von IT-Systemen aus. Sie sollen durch einheitliche Anlagenstrukturierung, Auftragsprotokollierung, Dokumentation der Ereignisse und deren Ursachen belastbare Analysen ermöglichen sowie Verfügbarkeiten steigern und mittels technischer Diagnose unter Anwendung multivariater Methoden Prognosen zu Capex und Opex ermitteln.
Ein zentraler Aspekt um die Verfügbarkeit von Windenergieanlagen zu steigern, ist die zustandsorientierte Instandhaltung (ZOI). Die nachfolgende Darstellung nimmt Bezug auf das Referenzmodell in der VDI-Richtlinie 2888:1999, die Module des ALM-Systems (Asset Lifecycle Management) Zedas Asset von PC-Soft sowie auf die Datenerfassung und den kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP).
In der Regel erfolgt die Zustandsüberwachung in sechs Schritten: Über die Anlagenstrukturierung, die Auswahl von Datenspuren und deren Darstellung, die Verknüpfung von Regeln sowie die Klassierung nach DIN 45667 sowie die Erzeugung von Belastungs-Histogrammen. Hierbei werden mobile Geräte einbezogen. Ergänzend kann die nachfolgende Vorgehensweise für einen Integritätsnachweis genutzt werden. Diese umfasst etwa bei der Zustandsbewertung von Windenergieanlagen nach Homogenisierung der Daten die Auswertung mit einem Regressionsmodell unter Anwendung von Stör- und Schadensanalysen, Analyse der Nutzungsdauer (und der Belastung), eine Alterungsfunktion sowie der wirtschaftlichen Daten und führt über Bewertungs- und Auswahlverfahren (Algorithmen) zu einer optimalen Erneuerungs- oder Instandhaltungs-Strategie.
Ergebnisse aus F&E-Projekten
Grundsätzlich ist es empfehlenswert, sich an den Ergebnissen aus dem Verbundprojekt EVW zu orientieren. In dem Projekt wurde ein regelwerkkonformes Anlagenkennzeichnungssystem (AKS) identifiziert. Das Referenzkennzeichensystem für Kraftwerke (RDS-PP, Reference Designation System for Power Plant) bietet den Anwendern Freiräume für ihre Kennzeichnungsaufgaben. Die Fachnorm VGB-B 116 D2:2006 trifft branchenbezogene Festlegungen, enthält aber auch Optionen, um die Anwendung für unterschiedliche Kraftwerkstypen möglich zu machen.
Zweck der darin enthaltenen Erläuterungen zur Anwendung ist es, für das Gebiet der Windenergieanlagen Empfehlungen anzubieten und zwar für eine einheitliche Kennzeichnung von Systemen, Anlagen, technischen Einrichtungen, für Signale, Anschlüsse und Dokumente, übergreifend für Planer, Behörden, Hersteller, Betreiber und Instandhalter sowie gültig für die technischen Bereiche Maschinentechnik, Elektrotechnik, Leittechnik und Bautechnik. Vielfach ist jedoch zu verzeichnen, dass Betreiber einfachere Systeme zur Kennzeichnung nutzen und hierbei die Hauptbaugruppen in einer flachen Hierarchie unterteilen.
Ein zweites Ergebnis ist ein globales Service-Protokoll (GSP). Als einheitliches, datentechnisches Protokoll zwischen Auftraggeber (AG) und Auftragnehmer (AN) dient es zur automatisierten Gewinnung und Ablage von Informationen, zu denen gehören:
Anlagendaten (Name, Anlagen-ID, Inbetriebnahme-Datum, Typ, Hersteller, Standort, Koordinaten)
Protokolldaten (Betroffene Komponente/n nach RDS-PP-Kennung, Arbeitsschritte 1..n, Arbeitspunkte 1..n, Bezeichnung, Arbeitsanweisung, Messwert/e, Arbeitsmittel, Bemerkung/Klartext)
Auftragsinformationen (AG/AN, Zeitstempel und Datum, Auftragstyp, Angebotsanfragen ohne Anlagenbezug, Auftrags-/Angebots-Nummer)
Servicetechnische Informationen (Material-ID und RDS-PP Zuordnung im Protokoll, Lager/Material aus Lager/stationär oder Fahrzeuglager, Techniker, RFID-Gerät oder Barcode, Fahrzeuge/Fahrzeug-ID)
Der Zeus (Zustands-Ereignis-Ursachen-Schlüssel) ist ein weiteres Ergebnis. Er sollte möglichst in Anlehnung an DIN ISO 17359 aufgebaut werden. Zum Zustand wäre eine Bewertung in vier Kategorien zu empfehlen:
1 gut, keine Mängel
2 befriedigend, technische Störungen häufen sich, Schwachstellen können beseitigt werden
3 ausreichend, Funktionsfähigkeit nur eingeschränkt
4 mangelhaft, sofortige Instandsetzung beziehungsweise Sicherung oder Sperrung erforderlich
Die Ereignisse sollten nach der ersten Wahrnehmung (Störbild) eingestuft und durch Buchstaben codiert werden, etwa G für Geräuschbildung. Die Ursachen sind nach einem fachlichen Befund anzugeben und in vier Kategorien einzuteilen: N (zweckentsprechende Nutzung), B (erhöhte Belastung, auch außerhalb des Nennbereiches), S (Störungen in der Elektroenergieversorgung oder in der Leittechnik) und E (externe Einflüsse wie Blitzschlag, Vandalismus oder ähnliches).
Schließlich bedarf es einer Informationsplattform als Zentrale Ereignis-Datenbank (ZEDB), die nach dem Vorbild der über mehrere Jahrzehnte betriebenen ZEDB des VGB zu gestalten wäre: Komponentenbezogen sind die MTBF (Mean Time Between Failures) und MTTR (Mean Time To Repair) sowie die Ursachen möglichst betreiberübergreifend und nach Fabrikaten zu erfassen, um daraus Ausfallraten mittels geeigneter statistischer Verfahren zu ermitteln.
Asset Management
Die Umsetzung der in der Einführung dargelegten grundsätzlichen Aspekte sowie der Ergebnisse aus branchenspezifischen F&E-Projekten erfolgte im ALM-System Zedas Asset (siehe Abbildung auf Seite 68). Die Strukturierung der Anlagen erfolgt in beliebiger Tiefe im Modul „Structure & Items“ unter Bezugnahme auf Serien-Nummer, Bezeichnung sowie Hinterlegung aller wichtigen Stammdaten.
Zu den strukturierten Anlagen, Teilanlagen und Komponenten lassen sich aus den im Regelwerk vorgegebenen Fristen (beim Erfassen des Zustandes oder der Belastung auch flexibilisiert) Arbeitspläne generieren, und das auch in der Vorschau über mehrere Jahre zur Budgetplanung. Für die Arbeitsaufgaben können auftragsbezogen Hinweise zu den Arbeitsgängen unter Bezugnahme auf ein Handbuch, zu wartungstechnischen Anleitungen (WTA) und andere eingebunden werden. In Ergänzung zu den Arbeitsgängen ist es möglich, Materialien und Ersatzteile zuzuordnen, um diese gegebenenfalls vorher zu kommissionieren.
Das System verfügt über einen integriertes Report-System (SAP BusinessObjects XI) und ermöglicht damit das Erzeugen von Reports und Druckdokumenten aller Art inklusive Zedas Asset Web-Interface sowie Möglichkeiten der Office-Integration. Die Reports können auf die Bedürfnisse der jeweiligen Interessengruppen (Betrieb, Instandhaltung, Finanzen/Controlling, Management) im Unternehmen zugeschnitten werden. Im Reporting erscheint die Auswertung zur Fehlerhäufigkeit besonders wichtig, da sie Aufschlüsse über herstellungsbedingte Serienfehler, aber auch über Fehler im Betrieb oder in der Instandhaltung geben kann. Ebenfalls wichtig ist auch die geordnete Ablage elektronischer Dokumente sowie die gezielte Analyse von Ereignissen und deren Ursachen.
Technische Diagnose
Ausgehend von der ermittelten Verfügbarkeit sind die Schwachstellen, also die Häufungen von Störungen zu betrachten. Von zunehmender Bedeutung ist die Anwendung mathematisch-statischer, sogenannter multivariater Verfahren. Hierbei sind auch Detektionen von Sensorfehlern möglich, da nicht jede Meldung aus einem Permanent-Monitoring-System zwangsläufig auf nur eine Ursache schließen lässt und mit höherem Automatisierungsgrad auch die aus der Sensorik resultierenden Fehler häufiger werden.
Im nachfolgenden Schritt empfiehlt sich eine einfache Fehleranalyse, die auch für die Instandhaltungsfachkraft verständlich ist. Insgesamt sind die Zustandsüberwachung, die Diagnose und das Instandhaltungsmanagement als eine Einheit im Sinne eines ganzheitlichen Asset Managements zu betrachten.
Abschließend eine Bemerkung zu Industrie 4.0: Es ist ein Zukunftsprojekt in der Hightech-Strategie der Bundesregierung, mit dem die Informatisierung der klassischen Industrien wie zum Beispiel der Produktionstechnik vorangetrieben werden soll. Die Zielstellung lässt sich auch auf die Energiewirtschaft übertragen, die sich durch Wandlungsfähigkeit, Ressourceneffizienz und Ergonomie sowie die Integration von Herstellern, Betreibern, Dienstleistungsunternehmen, Händlern und Kunden auszeichnet.
Abgeleitet wurden daraus für die Instandhaltung 4.0 folgende drei Schwerpunkte:
Wissensmanagement und Ausbildung; aus Daten werden Informationen, die zu Wissen aufbereitet werden.
Informationserfassung und -verarbeitung; Alle Informationen müssen nicht nur gewonnen, sondern auch weiterverarbeitet, gespeichert und ausgewertet werden.
Kommunikation: Die beginnt bereits bei der Anlagenkennzeichnung vor Ort, setzt sich fort über die mobile Instandhaltung mithilfe von tragbarer Computertechnik und endet – bisher – bei Einrichtungen zum Dialog mit Helpdesk oder Experten des Herstellers.