In vielen industriellen Prozessen fällt Wärme an, die abgeführt werden muss. Besonders wichtig ist das etwa bei der Kunststoffverarbeitung: Der geschmolzene Kunststoff wird in eine Form eingebracht, wo er abkühlt und dadurch aushärtet. Je schneller die Wärmeenergie aus der Form gelangt, desto schneller kann das Produkt entnommen werden. Kaltes Wasser nimmt die Wärme auf und transportiert sie ab. Je nach Produktionsverfahren variiert die benötigte Temperatur des Kaltwassers. Dafür, dass das Wasser die Wärme wieder abgibt und erneut dem Prozess zur Verfügung steht, sorgen meist Kältemaschinen, die nach dem umgekehrten Carnot'schen Kreisprozess von Verdampfung, Kompression, Kondensation und Expansion arbeiten: Das erwärmte Kühlwasser strömt durch einen Verdampfer und gibt Wärme an ein Kältemittel ab, welches verdampft. Im gasförmigen Zustand wird das Kältemittel in einen Kompressor gesaugt, wo es auf hohen Druck gebracht wird. Anschließend kann das Kältemittel im Kondensator die Wärme abgeben. Währenddessen wird es wieder flüssig. Ein Expansionsventil senkt den Druck des Kältemittels ab, sodass es erneut zur Verfügung steht.
Wie viel Energie für den Vorgang aufgewendet werden muss, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Weil der Kompressor den größten Anteil an elektrischem Strom verbraucht, hat seine Qualität einen wesentlichen Einfluss. Vor allem aber wirken sich die Kondensations- und Verdampfungstemperatur, bei denen die Anlage arbeitet, auf den Energieverbrauch aus. Dabei gilt: Je niedriger die Kondensationstemperatur und je höher die Verdampfungstemperatur, desto geringer der Stromverbrauch und damit die Kosten.
Winterentlastung: Einsparung vs. Aufwand
Bei herkömmlichen Kälteanlagen ist auch unter guten Voraussetzungen der Energieverbrauch erheblich. Deshalb hat sich das so genannte Free Cooling, auch als Freie Kühlung oder Winterentlastung bekannt, als Maßnahme zur Energieeinsparung etabliert. Die Winterentlastung ermöglicht es, bei niedrigen Außentemperaturen die Kälteanlage abzuschalten. Dazu wird ein großflächiger Trockenkühler im Freien aufgestellt. Das erwärmte Wasser strömt hindurch und es kommt zum Wärmeaustausch mit der Außenluft. Abhängig von der Rohrfläche des Kühlers ist eine Differenz zwischen Wasser- und Außentemperatur nötig, damit der Wärmeübergang stattfinden kann. Diese variiert je nach System, aber als Anhaltspunkt kann gelten, dass man die eigentliche Kälteanlage ab einer Außentemperatur von 9 °C komplett abschalten kann. Die Einsparungen, die sich so realisieren lassen, haben zu einer hohen Beliebtheit des Verfahrens geführt.
Dabei wird oft unterschätzt, dass der Freikühler nicht kostenneutral arbeitet. Hier ist die Investition zu berücksichtigen. Auch im laufenden Betrieb verursacht die Winterentlastung Kosten. Dafür, dass die Wärme des Kühlwassers an die Außenluft abgegeben werden kann, sorgen große Ventilatoren, die laufend Strom verbrauchen. Außerdem muss die Zirkulation des Wassers durch den Kühler gewährleistet sein. Dazu sind Pumpen erforderlich, deren Energieverbrauch einkalkuliert werden muss. Je genauer die Pumpen geregelt werden können, desto effizienter arbeiten sie. Hervorragende Regelbarkeit schlägt sich auch bei Pumpen auf die Investitionskosten nieder.
Jeder sinnvollen Wirtschaftlichkeitsbetrachtung eines kältetechnischen Systems liegt der Coefficient of Performance, kurz COP, zugrunde. Er bildet das Verhältnis der Kühlleistung zur elektrischen Leistungsaufnahme ab. Je höher der COP, desto effizienter und wirtschaftlicher läuft das System. Bei herkömmlichen Kälteanlagen sind die Kondensations- und Verdampfungstemperaturen relativ festgelegt. Sie arbeiten meist mit einer Kondensationstemperatur, die bei einer Außentemperatur von 32 °C erforderlich wäre. Zwar können Systeme mit Schrauben- und Kolbenkompressoren ihre Kondensationstemperatur bei kühleren Außentemperaturen herabsetzen, sofern sie mit einer Vario-Technologie ausgerüstet sind – ihrer Anpassungsfähigkeit sind jedoch Grenzen gesetzt. Voraussetzung dafür, dass eine Adaption überhaupt stattfinden kann, ist eine elektronische Kältemitteleinspritzung und -regelung.
Moderne Kältemaschinen verfügen häufig über Turbinenkompressoren, die magnetgelagert arbeiten. Sie sind so fein regelbar, dass sie die Kondensationstemperatur der Anlage gut an die Außentemperaturen anpassen können. Darin sind die bei Reisner als Epsilon bekannten Kälteanlagen allen Systemen mit herkömmlichen Verdichtern überlegen. Im Winterbetrieb können mit Epsilon-Turbinenverdichteranlagen extrem niedrige Kondensationstemperaturen von bis zu 23 °C erzielt werden. Die Verdichter der Epsilon-Systeme arbeiten ölfrei. Deshalb können sie mit einem so genannten überfluteten Verdampfer betrieben werden. Das Kältemittel siedet im Mantelraum des Verdampfers, das Wasser fließt durchs Bündelrohr – so wird eine erhebliche Verbesserung des Wärmeübergangs erzielt. Das System kann mit wesentlich höheren Verdampfungstemperaturen arbeiten. Um den COP zu optimieren, wird so an beiden Stellschrauben zugleich gedreht. Er lässt sich damit auf Werte um 10,0 erhöhen. Berücksichtigt man, dass im Winterbetrieb Wärme von den Anlagen direkt an die Umgebung abstrahlt und daher weniger Kühlleistung benötigt wird, so ist die Investition in eine Freikühlung zu hinterfragen. Die Höhe der Stromeinsparungen ist natürlich vom Wetter in der Region des Anlagenbetreibers abhängig. Mittels einer Temperaturverteilungstabelle lässt sich berechnen, wie groß die zu erwartenden Effekte sind und sie der Investition in eine Winterentlastung gegenüberstellen.
Rechnen mit dem COP
Das folgende Beispiel dient der Illustration solcher Überlegungen. Unsere Ausgangssituation: eine Turboverdichter-Kälteanlage mit einer Kälteleistung von 300 kW. Würde die Beispielanlage mit einer Verdichter-Nennleistung von 286 kW permanent mit den Parametern arbeiten, mit denen auch herkömmliche Systeme arbeiten, dann würde dies eine dauerhafte Verdampfungstemperatur von 5 °C und eine dauerhafte Kondensationstemperatur von 45 °C bedeuten. Die Anlage nimmt in diesem Fall 68,8 kW elektrischer Leistung auf. Der COP, also das Verhältnis von Verdichter-Nennleistung zur Leistungsaufnahme, beträgt dann 286:68,8 = 4,16.
Schon bei einer Außentemperatur von 20 °C kann die Epsilon-Anlage eine Kondensationstemperatur von 35 °C erzielen. Die Leistungszahl beträgt hier 6,58 – dieser Wert ist bereits erheblich erhöht, sodass eine merkliche Einsparung erzielt werden kann. Wie gering die gesamte Stromaufnahme des optimierten Kältesystems, welches sich permanent der Außentemperatur anpassen kann, tatsächlich ist, wird aber erst über das gesamte Jahr deutlich. Für die im Beispiel veranschlagte Region Berlin gilt, dass die meiste Zeit des Jahres Außentemperaturen zwischen 0 °C und 16 °C vorherrschen. So benötigt die Turbinenanlage bei optimaler Betriebsweise mit ihren 286 kW Nennleistung 233.607 kWh/a.
Würde jetzt ein Freikühler zur Winterentlastung eingeplant, dann würde dieser gemäß einer Standardauslegung die Kühlleistung zu 100 Prozent übernehmen, wenn die Lufttemperatur 5 K tiefer liegt als die im Prozess benötigte Wasseraustrittstemperatur. In dieser Größenordnung liegen allein die Investkosten für das Gerät, die Pumpe, die elektrische Regelung und die Verschaltung bei mindestens 25.000 Euro; Betriebskosten kämen hinzu. Vor diesem Hintergrund lassen sich drei verschiedene Prozesse darstellen.
Werden Stromkosten von 0,07 Euro/kWh veranschlagt, ergeben sich so Einsparungen zwischen 2.256 und 7.785 Euro pro Jahr. Für Prozess 1 wäre die Winterentlastung als Investition sinnlos. Die beiden anderen Fälle wären unter Einbezug der Folgekosten für die Winterentlastung – also Energieverbrauch für Ventilatoren und Pumpen – noch genauer zu prüfen, zumal die Drehzahl der Ventilatoren an der Winterentlastung häufig messbar höher liegen muss als die der Ventilatoren am Kondensator der Kältemaschine.
Weitsichtige Planung spart Investkosten
Diese Beispiele zeigen, dass es sich bei der Planung neuer Produktionsprozesse auszahlt, auf fortschrittliche Kältetechnik zu setzen. Eine Winterentlastung kann bei einer weniger effizienten, in der Anschaffung zunächst günstigeren Kälteanlage durchaus sinnvoll sein. Möglicherweise wird die Investition aber obsolet, wenn gleich für das Kältesystem die beste am Markt verfügbare Technologie – eine Epsilon-Anlage mit Turbinenverdichter – gewählt wird. Damit kann der Betreiber nicht nur die Winterentlastung, die damit verbundene Investition und die langfristigen Betriebskosten und Wartungskosten einsparen, sondern von weiteren Vorteilen der Turbinentechnologie profitieren.