E&E:
Zur Hannover Messe stellt Phoenix Contact allein im Bereich Geräteanschlusstechnik 500 neue Produkte vor. Wie kommt es zu dieser imposanten Zahl?
Volker Koppert:
Aktuell hat alleine der Bereich Geräteanschlusstechnik über 40.000 Produkte im Angebot. Unsere innovationsgeprägte Strategie ist es, immer mehrere Technologien im gleichen Anwendungszusammenhang anbieten zu können. Hier handelt es sich um artverwandte Produkte, die überlappende technische Eigenschaften haben, aber auch in technischen Ausprägungen klare Unterschiede im Bereich Board- oder Leiteranschluss aufweisen. Beispielsweise eine Feder-, Schraub- oder Crimpanschlusstechnik haben in unterschiedlichen Applikationen alle jeweils ihre Berechtigung. Wir bieten alle diese Möglichkeiten und können so immer die beste Lösung für unsere Kunden bieten. Wenn man als Lieferant nur eine Möglichkeit hat, bekommt man vielleicht auch eine Lösung für seinen Kunden hin, aber nicht immer die optimale.
In welche Richtung zielen diese Neuerungen? Setzen Sie einen bestimmten Schwerpunkt bei der aktuellen Ausweitung Ihres Portfolios?
Grundsätzlich konzentrieren wir uns nicht auf den einen Schwerpunkt. Unsere Mission ist es Fortschritt mit innovativen, inspirierenden Lösungen zu generieren. Und das in den verschiedensten Bereichen und für die verschiedensten Kundenapplikationen. Dadurch, dass wir so ein breites Portfolio haben, gibt es Entwicklungen in ganz verschiedene Richtungen. Da ist zum Beispiel der Bereich der Miniaturisierung. Geräte werden immer kleiner, Ströme bleiben aber gleich, daher müssen aus physikalischen Gründen auch Abstände gleich bleiben. Aber man kann Tricks anwenden, um Anschlusstechnik dennoch kompakter zu bauen, wie zum Beispiel bei unserer doppelreihigen DFMC 0,5.
Zum anderen gibt es das Thema hohe Ströme auf die Leiterplatte. Hier können wir ganz neue Applikationsbereiche möglich machen. Denn wir sind die ersten, die über 200 Ampere mit der MKDSP 95 auf die Leiterplatte bringen. Hier handelt es sich übrigens nicht nur um ein Produkt- sondern auch um ein Prozessthema. Denn es ist schon eine Herausforderung, solch ein Produkt auf der Leiterplatte zu löten, bei der wir unsere Kunden natürlich gerne unterstützen. Mit diesen Produkten muss ich nicht mehr konventionell verdrahten, sondern kann auch bei höheren Strömen in die Bestückung einer Leiterplatte gehen und ganz andere Prozesse nutzen. Dem Kunden spart diese Technik also Zeit, Material und Platz.
Im Bereich hoher Ströme haben wir aber auch noch eine komplett neue Anschlusstechnik entwickelt. Die T-LOX-Technologie, eine hebelbedienbare Federkraftklemmtechnik, wird zunächst in Durchführungsklemmen eingeführt. Sie wird aber auch in Leiterplattenklemmen Einzug halten. Hier geht es um große Querschnitte. Diese kann man einschwenken und mit einer programmierbaren Kraft auf einfachste Weise kontaktieren. So entsteht eine Verbindung mit extrem hohen Kontaktkräften von bis zu 800 Newton.
Was sind die großen Themen, die Produktinnovationen befördern?
Zum Beispiel reden wir in Richtung der Hannover Messe und auch in Ihrem Magazin immer mehr über Industrie 4.0 oder IoT und damit auch über Datenschnittstellen. Datenanwendungen werden in den kommenden Jahren einen großen Auftrieb haben, davon bin ich absolut überzeugt. Immer mehr Signale werden immer früher in Daten überführt. Oft geschieht dies heute schon zum Beispiel in der Sensorik. So entstehen immer mehr Datenschnittstellen, wo heute sehr oft Steckverbinder aus dem kommerziellen Bereich genutzt werden. Ich führe sehr oft Diskussionen über Industriealternativen die heute schon existieren. Die meisten unserer Leiterplattensteckverbinder der Serie COMBICON haben eine CAT5e-Zulassung. Ganz egal, ob ich über steckbare Lösungen oder über Printklemmen rede. Das hat mit Zulassungen, mit Prozessen und Messmethoden zu tun. Und das alles haben wir für unsere Produkte investiert.
Es sind also nicht immer nur neue Technologien, die Kundennutzen generieren, sondern auch interne Prozesse, wie Zertifizierungen?
Prozesse sind sehr wichtig, aber nicht nur bei uns. Oft bestimmt der Prozess beim Kunden, welches Produkt und welche Technologie benötigt wird. Unsere Kunden haben zum Beispiel immer stärker automatisierte Fertigungsprozesse. In den letzten Jahren hat man sehr viel mit reflow-lötfähigen Bauteilen und THR (Through Hole Reflow) gearbeitet. Heute werden vermehrt SMD-Steckverbinder diskutiert. Die Techniken kamen etwa gleichzeitig auf den Markt aber bei größeren Komponenten hat man sich zunächst stärker auf THR konzentriert, da das dem bekannten Prozess wesentlich näher kam. Heute bieten wir für SMD eine große Bandbreite an Produkten an und treiben die Entwicklung immer weiter. Auch zur Hannover Messe kommen wieder neue Produkte. Dabei handelt es sich beispielsweise auch um doppelstöckige steckbare Lösungen. So dass wir parallel eine ähnliche Bandbreite an Produkten jeweils für THR und SMD anbieten können. Wie eingangs gesagt: Wir bieten unseren Kunden immer Alternativen an. Denn nicht für alle Kunden ist die immer gleiche technische Lösung die Beste.
Entwickeln Sie sämtliche neuen Produkte und Technologien im eigenen Hause?
Ja, wir haben eine extrem starke Technologie- und Produktionstiefe und nur in Ausnahmefällen, um schnell am Markt zu sein und neue Märkte bedienen zu können, gehen wir auch Partnerschaften ein. Ganz aktuell beispielsweise mit Würth Elektronik ICS, einem der Marktführer im Bereich der Einpresstechnik. Hier haben wir bislang nur wenige Produkte. Es geht also darum, neue Märkte anzugehen und ganz neue Technologien einzuführen und das am besten mit etwas ganz Neuem. Würth hat mit SKEDD etwas gänzlich Neues, eine wieder lösbare Einpresstechnik, auf den Markt gebracht. Diese Technologie werden wir in unsere Produkte integrieren und damit die Gesamttechnologie gemeinsam weiterentwickeln. Wir sehen hier große Chancen, unseren Kunden noch mehr Alternativen zu bieten. Wir wollen übrigens auch diese Technik auf unser gesamtes Portfolio anwenden. Produkte kommen zur Hannover Messe 2016 auf den Markt.