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Verfahrenstechnik Anlagenplanung per Mausklick

Bild: AspenTech
23.03.2016

Biokraftstoffe spielen eine wichtige Rolle für Klimaschutz und Energieversorgung. Damit steigt der Druck für Verfahrenstechniker und Anlagenbauer, effiziente Verarbeitungsmodelle vorzulegen. Mit Prozesssimulationen werden bereits in der Konzeption Machbarkeit und Profitabilität getestet sowie unterschiedliche Verfahren kontrastiert.

Nicht nur die EU-Kraftstoffqualitätsrichtlinie treibt die Nachfrage nach Brennstoffen mit niedrigen Kohlenstoffemissionen an. Innovative Verfahren zur Gewinnung von Biokraftstoffen – wie Biodiesel, -ethanol und Biogas aus Biomasse wie Mais, Zuckerrohr, Algen und zellulosehaltigem Material – eröffnen Unternehmen vielversprechende Geschäftsperspektiven. Als nahezu klimaneutrale Alternative für die Öl- und Gasindustrie ziehen sie verstärkt Investoren an.

Niedrige Erdgaspreise und das in den USA mit Fracking gewonnene Öl verändern zudem die ökonomischen Rahmenbedingungen für Biokraftstoffe und verlangen optimierte Modelle bei der Planung von Anlagen. Mit einem Simulator für Flow­sheets, der sowohl Wirtschaftlichkeits- und Energieanalysen als auch Auswertungen zu Wärmetauscherdesign integriert, lassen sich Prozesse optimieren sowie Energieverbrauch und -kosten reduzieren.

Eine der größten Herausforderungen bei der Konzeption von Biokraftstoffanlagen besteht darin, Investoren frühzeitig von der technischen Machbarkeit und Profitabilität der Anlage zu überzeugen. Dabei müssen die rasanten Innovationen der Prozesse berücksichtigt werden, zum Beispiel für alternative Anbauprodukte oder Zellulose-Ethanol als Kraftstoffalternative. Auch die optimale Auswahl der zu verarbeitenden Rohstoffe sowie ausreichend Flexibilität im Anlagendesign spielen eine wichtige Rolle, um schnell auf Veränderungen reagieren zu können. Zudem sollten die Prozesse auf die Herstellung gewinnbringender Nebenerzeugnisse wie Futtermittel und Chemikalien ausgerichtet sein. Prozesssimulationen helfen, all diese Aspekte frühzeitig in die Planung miteinzubeziehen und zweckmäßige Lösungen zu entwickeln – von Forschung und Entwicklung über den ersten Konzeptentwurf bis zur Konstruktion der Anlage und dem Einkauf.

Durch das Erstellen von kompletten Prozessmodellen in einer Simulation können Konstrukteure unterschiedliche Lösungskonzepte analysieren und hinsichtlich ihrer Profitabilität und Flexibilität vergleichen. Weiterentwicklungen bei der Verarbeitung von Biokraftstoffen können innerhalb eines Flow­sheet-Simulators konzipiert werden, beispielsweise bei der Vorbehandlung von Rohstoffen, der Umwandlung (zum Beispiel Hydrolyse, Verzuckerung, Fermentation), der Ethanoltrocknung, der Vergasung von Biomasse und der Umesterung von Triglyceriden. Damit lässt sich der komplette Prozess – und nicht nur einzelne Schritte – visualisieren und optimieren. Durch eine Modularisierung können Anwender genau untersuchen, wie sich unterschiedliche Systemeinheiten und Technologien auf das übergreifende Verfahrensschema auswirken. Liegen konsistente und zuverlässige Objektdaten in einer Datenbank vor, steigt die Validität des Modells. Zu solchen Datenbanken gehört beispielsweise die umfassende und sich ständig weiterentwickelnde NIST-Datenbank (National Institute of Standards and Technology) in den USA, die in ausgewählten Simulatoren zu finden ist.

Darüber hinaus ermöglichen Prozesssimulationen Optimierungsstudien, um den Betrieb an entsprechende Prozessvorgaben wie den optimalen Wassergehalt oder die Gefäßtemperatur anzupassen. Anwender können zudem verschiedene Ausgangsstoffe und Mischungen innerhalb derselben Anlagenkonfiguration testen. Mit diesen Funktionen lassen sich Modelle entwickeln, die Wirtschaftlichkeit und Scale-up sicherstellen und Bedenken hinsichtlich der technischen Machbarkeit ausräumen.

Integrierte Lösungen

Prozesssimulationen für die Modellierung chemischer Prozesse finden sich in unterschiedlichen Bereichen der Prozess­industrie und bieten modellzentrierte, integrierte Lösungen. Zum Einsatz kommen diese Modelle beispielsweise in Maisstärkefabriken, bei der Verarbeitung von Mais zu Ethanol und Zellulose zu Ethanol sowie bei der Biomassevergasung. Auch bei der Konzeption wichtiger Ethanol-Verarbeitungsschritte wie Hydrolyse, Verzuckerung, Fermentation sowie Dehy­dration, Produktrückgewinnung von Nebenerzeugnissen und pH-Regelung spielen integrierte Lösungen eine wichtige Rolle.

Da Mais, Rutenhirse, Zuckerrohr und die Mehrheit von anderen Rohstoffen als Festkörper in Biokraftstoffanlagen gelangt, werden sowohl Verarbeitungstools, also beispielsweise Zerkleinerungsmaschinen oder Walzanlagen, sowie Lösungen für die Feststoff-Flüssigkeitstrennungen – zum Beispiel Zentrifugen oder Trockenanlagen – benötigt. Mit Flowsheet-Simulatoren mit integrierten Solid-Modeling-Fähigkeiten lassen sich diese gleichermaßen im Detail vorab konzipieren.

Darüber hinaus ermöglichen integrierte Lösungen, die Energieoptimierung, ein konkretes Wärmetauscherdesign und -rating sowie Kalkulationshilfen in die Prozesssimulationsumgebung mit einzubeziehen. Anwender können beispielsweise Wärmetauschernetzwerke analysieren und damit die Wärmerückgewinnung verbessern. Beim Wärmetauscherdesign und -rating unterstützen integrierte Tools die Anwender dabei, die Größe und Bewertung der Tauscher auf Basis eines Flowsheets zu bestimmen.

Dabei nutzen sie die Vorlage nicht nur, um die Genauigkeit der Flowsheet zu erhöhen, sondern auch um mögliche operationelle Risiken und Gefahren wie beispielsweise Vibration, Fouling, zu hohe Betriebstemperaturen oder Überdruck zu identifizieren. Innerhalb wirtschaftlicher Evaluierungen können integrierte Instrumente alternative Prozessmodelle schneller miteinander vergleichen und die Auswirkung von betrieblichen Entscheidungen auf die Gesamtbetriebskosten darstellen. Der Vorteil: Je früher in der Konzeptionsphase solche Analysen möglich sind, desto kosteneffizienter gestaltet sich die endgültige Lösung.

Simulation in der Praxis

Ein Simulator, der sowohl bei der Konzeption chemischer Prozesse als auch im Bereich Biokraftstoffe genutzt wird, ist Aspen Plus von Aspen Technology. Pan Pacific Technologies, eine Unternehmensberatung im Bereich nachhaltige Energien, setzt Aspen Plus beispielsweise für das Erstellen verschiedener Design-Szenarien von Bioprozessen ein. Auf diese Weise kann das Unternehmen die technische und wirtschaftliche Machbarkeit der Herstellung von Biodiesel durch CO2-Konvertierung aus Algenbiomasse überprüfen. Mit Aspen One gelang es den Verantwortlichen, Fragen hinsichtlich der biologischen/physikalischen Eigenschaften zu klären und erfolgreich ein Modell zu erstellen, das in seinen Ergebnissen mit Labordaten und Branchenkennzahlen übereinstimmt. Darüber hinaus konnte Pan Pacific das Modell in Verbindung mit einer Energiebilanz und dem Aspen Tech-Kalkulationssystem einsetzen, um an ein besseres Verständnis von Scale-up-Grenzen und wirtschaftliche Kernaspekte des Prozesses zu gelangen. Das Endmodell wurde verifiziert und vom NAAB-Konsortium (National Alliance for Advanced Biofuels and Bioproducts) des US- Energieministeriums anerkannt.

Die Forschungseinrichtung CTBE (Bioethanol Science and Technology Laboratory) in Brasilien untersuchte mithilfe von Aspen Plus alternative Systeme für die Herstellung von Biokraftstoffen in einer Zuckerrohrraffinerie. Zur Wahl standen Biogasanlagen der ersten oder zweiten Generation, Zuckerhirse als Rohstoff und Butanol als Endprodukt. Dazu verglich CTBE verschiedene wirtschaftliche, gesellschaftliche und ökologische Faktoren miteinander und fand dank Aspen One Engineering die beste ROI-Konfiguration.

Neben vielen von Aspen Technology erstellten Modellen für Biokraftstoffprozesse, bietet auch das NREL (National Renewable Energy Laboratory) in den USA eine Sammlung an Prozessmodellen, die in Aspen Plus entwickelt wurden und öffentlich zugänglich sind. Dieses umfassende Know-how bietet einen optimalen Ausganspunkt für Projektentwickler und Anlagenbauer von Biokraftstoffanlagen. Mithilfe von Softwaresimulation können Unternehmen auf diese Weise bereits in der Konzeptionsphase schneller innovative Lösungen entwickeln, die nicht nur technisch umsetzbar sind, sondern auch vielversprechende neue Verarbeitungsprozesse und Geschäftsfelder eröffnen.

Bildergalerie

  • Prozesssimulationen für die Modellierung chemischer Prozesse finden sich in unterschiedlichen Bereichen der Prozessindustrie.

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