Bei der Automatisierung industrieller Prozesse ist Effizienz gefordert. Ein Hebel liegt darin, vormals getrennte Aufgaben miteinander zu verschmelzen. Das gilt auch für die Antriebstechnik. Müssen mehr als vier Achsen synchron bewegt oder komplexe Steuerungsaufgaben ausgeführt werden, sind zentrale Steuerungen oft unabdingbar. Weil das einen erheblichen Verkabelungsaufwand nach sich zieht, sind Einkabel-Lösungen im Kommen. Die sogenannten Hybridkabel übertragen gleichzeitig Leistung, Signale und Daten in einer Leitung. Auf diese Weise lassen sich mehr Leitungen beziehungsweise Funktionen auf kleinerem Raum packen, was gerade in Energieführungsketten vorteilhaft ist, auch die Montage ist einfacher. Hybridleitungen werden deshalb im Maschinen- und Anlagenbau sowie in der Roboterindustrie zunehmend beliebter. Auch die Lapp Gruppe hat den Trend erkannt und eine Reihe von Hybridkabeln entwickelt.
Servo-Antriebe bestehen jeweils aus einem Servomotor, einem Servoregler und aus Lage- und Drehzahlgebern. Der Regler steuert den Motor nach den Vorgaben, die er per Feldbus-Kommunikation erhält, und verarbeitet Signale der Lage- und Drehzahlgeber. Hochwertige Antriebe haben einen zusätzlichen Temperaturfühler, denn Beschleunigungs- und Bremsvorgänge führen zu starker Erwärmung. Anwendungen mit hängenden Lasten benötigen darüber hinaus eine optionale Haltebremse.
Ein Kabel, drei Funktionen
Früher war es üblich, Servomotoren mittels Servoleitung und separater Drehgeberleitung mit dem Regler zu verbinden. Heute werden dafür zunehmend Hybridleitungen verwendet, die sowohl Leistung als auch Daten übertragen, Servo- und Drehgeberleitung sind dabei in einem Kabel vereint. Das besteht wie konventionelle Servoleitungen aus drei Leistungsadern, einem Schutzleiter und einem optionalen Steuerpaar für die elektrische Bremse. Das ebenfalls optionale Steuerpaar für den Temperaturfühler wird jedoch durch ein Datenpaar (Twisted-Pair) ersetzt, das zwei Aufgaben erfüllt: Es dient einerseits als Übertragungsmedium für den Temperaturfühler, einen temperaturabhängigen Widerstand, andererseits aber auch für die Kommunikation des Motor-Feedback-Systems. Eine zusätzliche Drehgeberleitung wird daher nicht mehr benötigt, die Encoder/Resolver-Signale werden auf die Versorgungsspannung des Feedback-Systems aufmoduliert.
Zwischenzeitlich haben sich unterschiedliche Standards etabliert. Einer hiervon ist das digitale Protokoll Hiperface DSL von Sick, das mit einem Minimum an Verbindungsleitungen zwischen Frequenzumrichter und Motor-Feedback-System auskommt. Diese digitale Servo-Link-Schnittstelle entspricht dem bekannten RS485-Standard mit einer Übertragungsrate von 9,375 MBaud. Die Datenübertragung erfolgt synchron zum Reglertakt, der bis zu 11,95 µs kurz sein kann. Die Kabellänge zwischen Drehzahlregler und Feedback-System kann bis zu 100 Meter betragen.
Hybridlösungen fürs Industrial Ethernet
Auf diese Schnittstelle abgestimmt sind die Hybridleitungen Ölflex Servo FD 7DSL und Ölflex Servo 7DSL der Lapp Gruppe. Für das Datenpaar werden derzeit üblicherweise 7- oder 19-drahtige verzinnte Kupferleiter verwendet. Verzinnte Kupferleiter dienen als Schutz des Isolationsmaterials vor direktem Kontakt mit Kupfer wegen der Wärmealterung und als Oxidationsschutz, was die Lebensdauer erhöht.
Auch alternative Hybridlösungen sind möglich, die beispielsweise auf Industrial Ethernet basieren oder auf optischen Datenübertragungssystemen wie POF (optische Polymerfaser) oder PCF (kunststoffummantelte Glasfaser). In diesem Bereich hat die Lapp Gruppe ebenfalls Erfahrung. Der Einsatz optischer Datenübertragungssysteme ist vor allem aus EMV-Sicht sinnvoll – zumal die Gefahr von Störungen oder Ausfällen elektrischer Systeme, die auf elektromagnetische Ursachen zurückzuführen sind, sich vergrößert hat. Mit der Verbreitung elektronischer Komponenten im industriellen Umfeld hat sowohl die Anzahl möglicher Störquellen als auch potenziell EMV-empfindlicher Störsenken stark zugenommen.
Tortur im Testzentrum
Weil neben Leistung und Steuersignalen bei Hybridleitungen Daten übertragen werden, sind elektrische Parameter wie der charakteristische Wellenwiderstand, Dämpfungswerte aber auch Kapazitäts-, Induktivitäts- und Widerstandsbelege sowie Laufzeiten und Wellenimpedanzen im definierten Frequenzbereich von Bedeutung. Für die rein feste Verlegung ist das unkritisch. Bei bewegten Anwendungen wird es schwieriger, denn diese Werte müssen auch nach mehreren Millionen Wechselbiegezyklen stabil bleiben. Dazu ist es unerlässlich, unter praxisnahen Bedingungen zu testen. Die Lapp-Gruppe betreibt in ihrem Testzentrum unterschiedliche Führungsketten-Systeme. Dort werden auch Mindestbiegeradien getestet, die bei fester Verlegung geringer ausfallen können. Sind Hybridleitungen für den bewegten Einsatz in Energieführungsketten geeignet, tragen sie bei Lapp den Zusatz „FD“ im Namen.
Fazit: Hybridleitungen haben große Einsparpotenziale, gerade bei kleineren Antrieben, wo eine zusätzliche Leitung mit Stecker ins Gewicht fällt. Auch die Installation wird durch den reduzierten Verkabelungsaufwand einfacher und störungssicherer. Bei Leitungen in Energieführungsketten ist zudem der geringere Platzbedarf nicht zu unterschätzen. Eventuell kann man schon bei der Konstruktion der Maschine eine kleinere Kettengröße wählen und spart dadurch Gewicht und Energie.
Die Vorteile liegen also auf der Hand. Aber auch wenn der Trend zunehmend zur Ein-Kabel-Lösung geht, wird sich dieser Wandel nicht über Nacht vollziehen: Bestehende Anlagen werden Betreiber beispielsweise nicht umrüsten, denn dies würde aufwendige Änderungen am Regler nach sich ziehen.