Im globalen Wettbewerb ist die Prozessindustrie beständig zu Maßnahmen gezwungen, die Wirtschaftlichkeit ihrer Prozesse zu steigern. Einen Beitrag dazu liefern Anlagen- und Produktionskonzepte mit niedrigeren Betriebs- und Investitionskosten. Dabei sind Überdimensionierungen als Kostentreiber unerwünscht, andererseits werden keine Risiken hinsichtlich Zuverlässigkeit und Betriebssicherheit akzeptiert. In diesem Umfeld haben sich CAE-Tools (Computer-Aided Engineering) als nützliche Werkzeuge etabliert. Im Folgenden wird exemplarisch das Vorgehen zur betriebssicheren Auslegung einer Begasungseinheit vorgestellt.
Belastung auf Einbauten
Einbauten in Rührbehältern sind bei turbulenter Strömung stark schwankenden Druckbelastungen ausgesetzt. Für überschlägige Betrachtungen genügen einfache analytische Vorgehensweisen. Moderne Großanlagen mit hohen Leistungsdichten fordern jedoch einerseits eine optimale Materialausnutzung zum Senken der Investitionskosten, die andererseits nicht zu Lasten der Betriebssicherheit gehen darf. Hier bieten Strömungssimulationen (CFD) hervorragende Möglichkeiten, örtliche Geschwindigkeiten mit den daraus resultierenden Belastungen von Bauteilen zu bestimmen und die Ergebnisse zu visualisieren. Umgekehrt erhält man Informationen, wie diese Bauteile ihrerseits die Strömung im Behälter beeinflussen und ob dadurch Nachteile für den Prozess entstehen. Die Forderung einer betriebssicheren Auslegung einer Anlage, um Schadensfälle und Produktionsausfälle im Vorfeld zu vermeiden, wird durch Simulationen basierend auf der Finite-Elemente-Methode (FEM) erfüllt. Die durch Strömungssimulationen oder Messung gewonnenen Informationen und Daten dienen hierbei als Eingabegröße für die nachfolgende FE-Analyse. Die wichtigsten Einsatzgebiete der FEM in der Rühr- und Mischtechnik sind:
strukturmechanische Berechnungen (Betriebsfestigkeit, Verformungen),
Modal-/Schwingungsanalysen zum Beurteilen von Resonanzgefahren,
thermische Berechnungen.
Auch die Lösung gekoppelter Feldprobleme, sogenannte Multiphysikanwendungen, ist möglich. Neben den genannten Ansätzen ist heutzutage eine fortschreitende Integration von bisher nebeneinander existierenden CAE-Tools feststellbar. Erst diese Interaktion von CAD-, CFD- und FE-Programmen ermöglicht die Bearbeitung hochkomplexer Fragestellungen. Zur Validierung der mittels CFD gewonnenen Lastverteilungen an Bauteilen wurde zunächst ein Vergleich mit experimentell ermittelten Daten durchgeführt. Flügelrad-Anemometer dienten bei gegebener Drehzahl und Wellendrehmoment zum Messen der Geschwindigkeitsverteilung. Als Einbauteil wurde ein mit mehreren Dehnmessstreifen (DMS) bestücktes Speiserohr in Rührorgannähe eingebracht. Parallel zu den Messungen wurde der Versuchsaufbau mit Hilfe eines CAD-Tools dreidimensional modelliert und als Volumenmodell vernetzt. Die anschließende einphasige, isotherme Strömungsberechnung erfolgte mit der kommerziellen Software Fluent 13.1 unter Verwendung des k-ε-Turbulenzmodells. Um den Einfluss der Rührblattstellung auf die am Speiserohr angreifenden Kräfte aufnehmen zu können, wurde eine instationäre Rechnung mit „sliding mesh“ (bewegte Netze) durchgeführt. In der Regel stimmt der Aufbau des CFD-Netzes nicht mit dem des FE-Netzes überein. Daher müssen die mittels CFD berechneten Ergebnisse am Speiserohr über eine kompatible Schnittstelle als Belastung auf das FE-Netz interpoliert werden. Das durch Integration ermittelte, resultierende Biegemoment steht in guter Übereinstimmung mit den an zwei unterschiedlichen Positionen gemessenen Werten (siehe Abb. oben links). Damit konnte gezeigt werden, dass die mittels CFD bestimmte Druckverteilung sowie die daraus resultierenden Kräfte und Momente korrekt ermittelt werden können.
Begasungssystem im Betriebsmaßstab
Das praktische Umsetzen der Interaktion der CAE-Tools wird nun am Beispiel eines Begasungssystems demonstriert. Ausgangspunkt ist wiederum das mit Hilfe einer leistungsfähigen 3D-CAD-Software erstellte Design. Die so generierten Geometriedaten werden über Importfunktionen an das CFD- und das FE-Programm übertragen. Die vom Rührorgan ausgehenden Kräfte führen unter anderem zu einer Druckverteilung, die sich mit Hilfe einer CFD-Simulation für jede Komponente des Begasungssystems berechnen lässt. Die CFD-Berechnung wurde analog zur Simulation des Versuchsaufbaus durchgeführt. Aufgrund der unterschiedlichen Vernetzung müssen auch hier die mittels CFD berechneten Ergebnisse (Druck, Kräfte, Temperaturen) über eine kompatible Schnittstelle als Belastung auf das FE-Netz interpoliert werden . Nach Übertragung des Drucks auf die Elemente des FE-Modells werden die Randbedingungen definiert. Dies umfasst in erster Linie Lagerungsbedingungen sowie mögliche Zusatzlasten, die sich nicht aus einer CFD-Berechnung ableiten lassen. Im letzten Schritt werden im Rahmen einer strukturmechanischen FE-Analyse beispielsweise Spannungen oder Verformungen berechnet. Häufig fließen die mittels CFD berechneten Eingabedaten in FE-Betriebsfestigkeitsanalysen ein. Hierbei müssen die berechneten Spannungswerte mit zulässigen Werten aus einschlägigen Regelwerken verglichen werden. In der Rühr- und Mischtechnik sind insbesondere der ASME-Code, (Boiler and Pressure Vessel Code), die Merkblätter der Arbeitsgemeinschaft Druckbehälter oder die Richtlinien zum rechnerischen Festigkeitsnachweis für Maschinenbauteile des Forschungskuratorium Maschinenbau von Bedeutung. Neben der Spannungsberechnung spielen auch Verformungen eine Rolle. Insbesondere bei rührorgannahen Einbauten können zu große Verformungen dazu führen, dass Rührorgan und Bauteil kollidieren und es zu Schäden kommt. Die Abbildung oben rechts zeigt beispielhaft die Ergebnisse der strukturmechanischen Analyse.
Zusammenfassung
Numerische Methoden nehmen neben Pilotversuchen einen festen Platz in der Auslegung von Rührsystemen ein. Strömungssimulationen liefern und visualisieren Informationen zu den Strömungszuständen im Rührbehälter. Die so ermittelten dynamischen Belastungen von Bauteilen dienen als wichtige Eingangsgröße für die Berechnung von Spannungen oder Verformungen mittels der Finite-Elemente-Analyse und ermöglichen so eine betriebssichere Auslegung von Behälter-Rührwerk-Systemen.