In dieser Statistik ausgenommen ist die lokale Kommunikation zwischen einzelnen Endgeräten. Auch dieser Anteil wächst, denn immer mehr Endprodukte kommunizieren drahtlos mit dem Endverbraucher. Dieses Wachstum ist auch bei Phoenix Testlab merkbar, die Anzahl der angefragten Prüfungen nimmt Jahr für Jahr zu.
Mit der Umstellung auf die neue europäische Funkanlagenrichtlinie im Juni 2016, stehen nun viele Hersteller vor der Herausforderung, die Kombination aus Funkbaugruppe und einer elektronischen Baugruppe für konform zu erklären. Sie wollen sicherstellen, dass eine erfolgreiche Markteinführung durchgeführt werden kann. Weiterhin vermeiden diese Maßnahmen Folgekosten und mögliche Verbote durch die Marktaufsichtsbehörde. Der nachfolgende Artikel erklärt, wie die Bewertung eines solchen Endgerätes aussehen kann und welche Unterschiede zwischen den einzelnen Kombinationen existieren. Grundlegend für diesen Artikel wurde der ETSI Guide 203 367V1.1.1 verwendet. Die Normenreihe ETSI EN 303 446 behandelt das Zusammenspiel zwischen den einzelnen Richtlinien und verweist auf weitere Normen. Der Part 1 beschäftigt sich dabei mit den Anforderungen im Wohnbereich, kommerziellen und im leichten industriellen Umfeld. Weiter deckt der Part 2 das schwere industrielle Umfeld ab.
Szenario 1: Integration einer Funkbaugruppe nach Herstellerangaben I
Bei der Integration einer Funkbaugruppe nach Herstellerangaben können die elektrische Baugruppe und die Funkbaugruppe unabhängig voneinander auf dem europäischen Markt platziert worden sein. Beide Baugruppen sind eigenständig und unabhängig, die Verbindung muss einfach erreichbar und leicht trennbar sein. In diesem Fall ist bei den Herstellerangaben nicht nur die Rede von Versorgungsspannung und Ausgangsbeschaltung, sondern auch von Umgebungstemperatur und Antennenauswahl. Als Beispiel kann ein USB-Bluetooth-Dongle für einen Laptop aufgeführt werden. Es kann davon ausgegangen werden, dass der Dongle einfach erreichbar und trennbar ist.
Diese Kombination wird als Combined Equipment im Sinne der Richtlinie verstanden. Da beide Geräte unabhängig voneinander auf dem europäischen Markt platziert werden können, müssen beide Geräte gemäß der korrekten Richtlinie für konform erklärt worden sein. Bezogen auf das oben genannte Beispiel bedeutet das: Der Laptop wird nach EMV-Richtlinie und der Bluetooth-Dongle nach Funkanlagenrichtlinie für konform erklärt. Des Weiteren empfiehlt die Europäische Kommission, dass die Kombination aus beiden ebenfalls überprüft werden sollte. Der Endgerätehersteller bestätigt dabei, dass dieser die Funkbaugruppe korrekt in sein Endprodukt integriert hat.
Die Verantwortung für das Endgerät trägt der Hersteller. Durch den Kombinationstest kann der Hersteller des Endgerätes jedoch sicherstellen, dass dieser die Integration korrekt abgeschlossen hat. Kommt es zur Marktüberwachung kann der Endgerätehersteller die Verantwortung dann weiter an den Hersteller der Funkbaugruppe geben, sollte diese Baugruppe die Störung verursachen.
Szenario 2: Integration einer Funkbaugruppe nach Herstellerangaben II
In diesem Szenario wird wieder eine Funkbaugruppe nach Herstellerangaben in die elektrische Komponente integriert. Dieses Szenario unterscheidet sich in der Trennbarkeit der beiden Baugruppen. Wird für die Trennung der beiden Baugruppen ein Werkzeug benötigt, findet dieses Szenario Anwendung. Dabei können beide Baugruppen wieder unabhängig voneinander auf dem europäischen Markt platziert worden sein. Die Integration einer Funkbaugruppe auf Modulebene kann hier als Beispiel gegeben werden, sofern der Integrator sich an die Herstellerangaben hält. Die europäische Kommission spricht hier nicht von einem Combined Equipment im Sinne der Richtlinie, sondern über ein vollständig neues Produkt mit Funkbaugruppe. Wirkt dieser Anwendungsfall, so muss die volle Konformität nach Funkanlagenrichtlinie erlangt werden. Ein Kombinationstest der beiden Baugruppen reicht dabei nicht aus. Dennoch kann eine vorzertifizierte Funkbaugruppe den Prüfaufwand reduzieren. Im Allgemeinen wird davon ausgegangen, dass durch eine Integration lediglich die gestrahlten Emissionen verändert werden können. Bei der korrekten Integration nach Herstellerangaben ist davon auszugehen, dass sich beispielsweise die Frequenzstabilität nicht verändert.
Durch die untrennbare Verbindung der Baugruppen übernimmt der Hersteller des Endgerätes auch die Verantwortung für die Funkbaugruppe. In diesem Fall sollte unbedingt darauf geachtet werden, alle notwendigen Unterlagen der Funkbaugruppe vom Hersteller der Funkbaugruppe zu bekommen. Das erleichtert den Nachweis der Konformität enorm. Darunter zählen unter anderem Dokumente, die zur Konformität beitragen, wie etwa Prüfberichte, Schaltpläne, technische Beschreibungen oder Illustrationen. Im Idealfall stellt Ihnen der Hersteller der Funkbaugruppe das Technical Creation File (TCF) zur Verfügung.
Szenario 3: Integration einer Funkbaugruppe ohne Beachtung der Herstellerangaben
Das letzte Szenario setzt sich mit der Integration einer Funkbaugruppe auseinander, welche nicht nach Herstellerangaben verbaut werden kann. Diese beziehen sich nicht nur auf die elektrischen Parameter wie Versorgungspannung oder ähnliche, sondern auch auf die Betriebsumgebung, wie Temperatur oder vorgegebenes Antennendesign. Beide Baugruppen können unabhängig auf dem europäischen Markt platziert worden sein. Diese können ebenfalls eigenständig sein.
Auch hier sagt die europäische Kommission, dass es sich nicht um ein Combined Equipment im Sinne der Funkanlagenrichtlinie handelt. Es muss die volle Konformität nach Funkanlagenrichtlinie erklärt werden. In diesem Szenario muss der Prüfumfang im Einzelfall betrachtet werden. Weicht beispielsweise das Antennendesign ab, wäre es ausreichend, wenn die gestrahlten Parameter überprüft werden. Weicht jedoch die Betriebstemperatur ab, so kann es notwendig sein auch die leitungsgeführten Parameter zu überprüfen. Hier obliegt die Verantwortung gegenüber der Aufsichtsbehörde voll und ganz bei dem Hersteller des Endgerätes. Sollte dieser sich nicht an die Herstellerangaben gehalten haben, kann er sich nicht unbedingt auf die Konformitätserklärung der Funkbaugruppe beziehen. Die Änderungen der Funkbaugruppe können große Einflüsse auf die Eigenschaften der leitungsgeführten oder gestrahlten Emissionen haben. Der Hersteller des Endgerätes muss zwingend eine neues TCF für das Endgerät, inklusive Funkbaugruppe, erstellen.
Vielen Faktoren geben den Weg vor
Eine pauschale Aussage für die Bewertung der Konformität eines Combined Equipment ist demnach nicht möglich. Viele Faktoren entscheiden welcher Weg gewählt werden kann. Hersteller sollten vor dem Kauf einer Funkbaugruppe folgende Fragen beantworten können:
Ist die Funkbaugruppe nach Herstellerangaben verbaut?
Ist die technische Anforderung der Funkbaugruppe gleich dem des Endproduktes?
Ist die Funkbaugruppe leicht erreichbar?
Ist die Funkbaugruppe leicht vom Endgerät zu trennen?
Es ist für Hersteller eines Combined Equipment unvermeidbar, sich auch mit der Funkanlagenrichtlinie auseinanderzusetzen um die Konformität des Endgerätes bewerten zu können. Zudem sollte man für die Funkbaugruppe nur Lieferanten auswählen, die eine gute Unterstützung - in Form von Einbauanweisungen und Produktinformationen - gewährleisten.
Abschließend soll darauf hingewiesen werden, dass Prüfdienstleister auf dem Weg zur Konformität empfehlend zur Seite stehen können, jedoch nicht in der Lage sind eine exakte Prüfplanung für das Endgerät durchzuführen. Der Hersteller kennt das Endprodukt deutlich besser, als es im Datenblatt oder in der technischen Beschreibung dokumentiert ist. Hersteller sollten sich Gedanken zur Konformität des Endgerätes machen, bevor Sie dieses auf dem Markt vertreiben wollen.