An der Befragung zur Corona-Pandemie und ihren Auswirkungen am 19. März 2020 nahmen 19 Vertreter der Mikrotechnik-Branche teil. Davon erwarten 63 Prozent derzeit keine langfristigen Effekte, die die Branche über mehrere Monate oder gar Jahre hinaus nachhaltig beeinträchtigen werden.
Da ein hoher Anteil der Mikrotechnik-Unternehmen als Zulieferer abhängig von Geschäft der Inverkehrbringer ist, dürfte es aber, je nach Anwenderbranche, zu Geschäftseinbrüchen kommen. So sind zum Beispiel Zulieferer der Automobilbranche stärker beeinträchtigt als Zulieferer der Medizintechnik. Spezialisierte Mikrotechnik-Zulieferer oder Erstausrüster könnte dies in Bedrängnis bringen, da ihnen die Möglichkeit zum Gegensteuern fehlt.
Corona-Pandemie schafft neue Chancen
In der Medizintechnik und Gesundheitswirtschaft dürften sich durch die Corona-Pandemie sogar Chancen für neue Anwendungen von Mikrotechnologien ergeben. Davon geht eine deutliche Mehrheit von 90 Prozent der Befragten Industrievertreter und Forscher aus.
Neben miniaturisierten und mobilen Systemen für eine schnelle Diagnostik werden in kritischen Situationen wie der derzeitig herrschenden Pandemie zum Beispiel Sensorik für Beatmungsgeräte oder medizinische Messtechnik benötigt. Für solche Anwendungen stehen zum Teil bereits einsatzfähige Komponenten und Systeme zur Verfügung. Damit Unternehmen in der Medizintechnik die Chancen aber auch ausschöpfen können, ist laut den Branchenvertretern ein Umdenken in Bezug auf globale Lieferketten nötig.
Neben den Marktchancen beschäftigen die Mikrotechnik-Experten auch die Folgen für das Gesundheitssystem. So macht die Pandemie die Notwendigkeit deutlich, den Ausbau der Telemedizin zu beschleunigen. Man hofft außerdem, dass die Politik die Notwendigkeit erkennt und nutzt, das Gesundheitssystem zu stärken.
Weltwirtschaft durch Covid-19 stärker beeinträchtigt als durch die Finanzkrise
Obwohl die befragten IVAM-Mitglieder von relativ milden Auswirkungen der Corona-Krise auf die eigene Branche ausgehen, glauben sie, dass die Auswirkungen auf die Weltwirtschaft gravierender sein werden als die der Wirtschaftskrise 2008/2009. Dies erwarten 68 Prozent der Befragten.
Wahrscheinlich ist dieses Szenario laut den Experten, weil nicht vorrangig der Finanzsektor, sondern die gesamte Realwirtschaft betroffen ist. Eine Verschärfung der Schutzmaßnehmen, insbesondere eine komplette Ausgangssperre, werde die Auswirkungen mittelfristig noch verschärfen.
Wirksamkeit der Hilfsangebote für die Wirtschaft noch nicht abschätzbar
Ob die Hilfsangebote des Bundes und der Länder zur Unterstützung der Wirtschaftsbetriebe in der Corona-Krise ausreichend sind, wird sich erst später herausstellen. 63 Prozent der Befragten sind unsicher, ob die bisher angekündigten Maßnahmen ausreichen, um einen massiven wirtschaftlichen Schaden abzuwenden.
Dies sei zum derzeitigen Zeitpunkt sehr schlecht einzuschätzen und abhängig vom noch unabsehbaren Umfang der Schäden und der Dauer der Einschränkungen. Auch werden unterschiedliche Branchen unterschiedlich stark betroffen sein, was eine bedarfsgerechte Verteilung von finanziellen Hilfen erschwert.
„Die Herausforderung der Politik ist es, die Hilfen an die richtigen Unternehmen zu verteilen“, kommentiert ein Befragungsteilnehmer. Es sei zu erwarten, dass auch solche Unternehmen Hilfen erhalten, die bereits vor Corona angeschlagen waren. „Insgesamt könnte nicht nur das kurzfristige Wachstum, sondern auch der Wohlstand der Gesellschaft betroffen sein.“
Schutzmaßnahmen gegen die Ausbreitung von Covid-19 sind angemessen
Die Maßnahmen der Bundesregierung gegen die Ausbreitung von Covid-19 sind angemessen und werden dem Schutzbedürfnis der Bevölkerung und den Interessen der Wirtschaft gleichermaßen gerecht: Dieser Annahme stimmen 58 Prozent der befragten Vertreter der Mikrotechnik-Branche zu. Ein knappes Drittel (32 Prozent) ist sich diesbezüglich nicht sicher.
Wirken könnten diese Maßnahmen in jedem Fall nur, wenn sich die Bevölkerung auch konsequent daran halte. Ein fehlendes Bewusstsein in Teilen der Gesellschaft werde wahrscheinlich dazu führen, dass noch härtere Maßnahmen folgen werden. Einige Befragte wünschen sich ohnehin eine schnellere und konsequentere Umsetzung von Schutzmaßnahmen.