Am 6. August 2012 ist es so weit: Wenn alles gut geht, wird der Mars-Rover Curiosity auf dem Roten Planeten landen - mit 1 Tonne Gewicht und den Abmessungen eines Autos das größte jemals zum Mars geschickte rollende Labor. Denn die Wissenschaftler sind neugierig - nicht ohne Grund hat der Rover den Namen Curiosity, Neugier. Um diese Neugier zu befriedigen, trägt der Rover die größte wissenschaftliche Nutzlast, die jemals auf einem fremden Planeten eingesetzt wurde: Mit zehn Instrumenten an Bord soll er Informationen liefern, wie lebensfeindlich oder auch -freundlich der Rote Planet in der Vergangenheit war - und für zukünftige bemannte Missionen sein kann. Curiosity hat dafür Geräte an Bord, mit denen Boden-Proben gesammelt, aufbereitet und zur Analyse zu verschiedenen Test-Kammern transportiert werden kann.
Der Mars in 3D
Darüber hinaus kann der Rover mit seinem Mastkamera-System vielfältige Beobachtungen der Mars-Oberfläche anstellen. Die rechte Kamera blickt dabei durch 100-Millimeter-Teleobjektive, die linke dient mit ihrem Weitwinkel-Objektiv dem größeren Überblick. Beide Kameras können sowohl hochauflösende Farbbilder als auch HD-Videos aufnehmen. Indem die Informationen aus beiden Kameras kombiniert werden, ist auch eine 3D-Sicht möglich. Gebaut wurden die Kameras von Malin Space Science Systems aus San Diego. Als Bildsensor wird ein Kodak CCD mit 1.600 mal 1.200 Pixeln eingesetzt, gepuffert werden die Bilder auf einem 8 GByte Flash-Speicher. Die Kameras nutzen einen Bayer-Farbfilter, wie er auch in vielen kommerziellen Digitalkameras verwendet wird. Zusätzlich können weitere Farbfilter zwischen CCD und Linse gedreht werden, zum Beispiel Spektralfilter oder Sonnenfilter.
Strahlensensor made in Germany
Auch die deutsche Wissenschaft hat einen Anteil zur Mission beigetragen: Die Sensoreinheit des Radiation Assessment Detector (RAD) wurde vomDLR und der Kieler Universität finanziert und entwickelt. Das Instrument, etwa so groß wie eine Schuhschachtel, misst die kosmische Strahlung, die solaren Teilchen, die bei Sonneneruptionen in den Weltraum geschleudert werden, aber auch die sekundären Teilchen, die zum Beispiel bei Teilchen-Kollisionen entstehen. Sobald der Mars-Rover auf dem Mars aufsetzt, werden die ersten Messungen auf dem Planeten beginnen. „Bisher gibt es nur Messungen aus einer Umlaufbahn über dem Mars - jetzt werden wir erstmals am Boden selbst diese Werte feststellen können“, sagt Dr. Günther Reitz vom DLR-Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin. Mit den Strahlungswerten, die Curiosity aus dem Weltall zur Erde sendet, wollen die Forscher dann abschätzen, welche Belastung zum Beispiel auf Mars-Astronauten zukommen würde. „Die Erde ist durch ihre Atmosphäre geschützt - der Mars hat aber nur eine sehr dünne Atmosphäre und somit nur eine geringe Abschirmung gegen die kosmische Strahlung“, erklärt Reitz. „Die Untersuchungen sind wichtig, um bestimmen zu können, in welcher Bodentiefe eventuell frühere Lebensformen die Strahlungsumgebung des Mars überlebt haben oder überleben könnten“, ergänzt Prof. Robert Wimmer-Schweingruber von der Kieler Universität.
Drei Antennen zur Kommunikation
Um die gesammelten Informationen an die Erde zu schicken, verfügt Curiosity über drei Antennen: Zwei sind für die direkte Kommunikation mit den „Deep Space Antennen“ der NASA, die Radio-Frequenzen im X-Band nutzen (zwischen 7 und 8GHz). Die dritte Antenne ist für die Kommunikation mit den Orbitern, die den Mars umkreisen. Hier wird das UHF-Band mit rund 400MHz genutzt. Das X-Band wird vor allem genutzt, um die morgendlichen Steuerbefehle zu empfangen. Es kann auch Daten senden, doch auf Grund der geringen zur Verfügung stehenden Leistung und Antennengröße können nur wenige Kilobit pro Sekunde gesendet werden. Für die Übermittlung der Analysedaten wird daher das UHF-System eingesetzt. Es verfügt über zwei redundante Transmitter, genannt „Electra Lite Transponder“ (ELT), die alle Bauteile für die Verarbeitung und Erzeugung von Funksignalen enthalten. Als Relaisstation dienen dabei zwei Mars-Sonden. Die Datenrate beim Senden, die automatisch in Abhängigkeit von der Signalqualität von der Elektronik gewählt wird, beträgt bis zu 2 MBit/s. Jeder Transmitter wiegt 3 kg und benötigt bis zu 96Watt elektrische Leistung.
Strahlengeschützter Computerkern
Alle Aktivitäten des Rover werden über die zwei redundanten Haupt-Computer gesteuert. Jeder Rechner beinhaltet einen 2 GByte großen Flash-Speicher sowie einen strahlengeschützten RAD-750-Prozessor von BAE-Systems, der mit einer Taktrate von bis zu 200 MHz arbeitet. Der Prozessor, der sich in einem CCGA-Gehäuse befindet, ist für eine Gesamtstrahlendosis von 100 krad spezifiziert und kann innerhalb einer sehr großen Temperaturspanne (�??55 bis 125 °C) arbeiten. Zudem ist der Prozessor gegenüber dem Latch-Up-Effekt immun: Durch Alpha- oder Neutronenstrahlung kann eine ungeschütztes Halbleiterbauelement in einen niederohmigen Zustand gelangen, der zu einem Kurzschluss und damit zur Zerstörung des Bauteils führen kann.
Energie aus dem Kernzerfall
Die Energieversorgung aller Bord-Systeme übernimmt eine Radionuklid-Batterie. Sie wandelt thermische Energie, die beim Kernzerfall eines Plutonium-238-Dioxids entsteht, in etwas über 110 Watt elektrische Energie um. Gleichzeitig heizt das System auch die empfindlichen Systeme des Rover in der kalten Mars-Nacht. 14 Jahre soll diese 45 kg schwere Zelle Energie zur Verfügung stellen können. Um auch einen kurzfristigen Spitzenbedarf abdecken zu können, lädt die Radionuklid-Batterie zusätzlich zwei Lithium-Ionen-Batterien mit einer Kapazität von jeweils 43 Ah, die wohl mehrmals täglich einen Lade-/Entlade-Zyklus durchlaufen werden. Ausgelegt ist die gesamte Mission auf 23 Monate. Dann können die Forscher eine Bilanz ziehen, ob ihre Neugierde befriedigt wurde. Eines ist für Strahlenbiologe Dr. Günther Reitz allerdings jetzt schon sicher: „Diese Mission wird den Weg ebnen für die bemannte Raumfahrt zum Mars.“