Produktionslinien werden auch als Fertigungsstraßen bezeichnet. Mit ihren asphaltierten Gegenstücken haben sie durchaus einiges gemein: Wo sich Maschine an Maschine reiht, kommt es hin und wieder zu Staus, Engstellen und Abstimmungsproblemen – wenn auch aus ganz anderen Gründen als auf Transportwegen für Lkw und Pkw. Bei Abfülllinien für flüssige Pharmazeutika etwa können das Alter der technischen Komponenten, nicht optimal aufeinander eingestellte Maschinen oder auch Softwarefehler dazu führen, dass sich Packmittel nicht reibungslos durch Reinigungs-, Sterilisations- und Abfüllanlagen bewegen. Mit oft schwerwiegenden Folgen für die Leistung der Maschinen: Bereits wenige Minuten ungeplante Stillstände sowie erhöhter Auswurf reduzieren die Ausbringung drastisch. Das Nachsehen haben nicht nur die herstellenden Unternehmen, sondern auch die Patient:innen: Stockende Prozesse bedeuten eine geringere Marktversorgung mit lebenswichtigen Arzneimitteln.
Damit es gar nicht so weit kommt, sehen umsichtige Unternehmen sich ihre Anlagen und Produktionsprozesse genauer an – selbst dann, wenn diese nahezu optimal laufen. Denn die Erfahrung zeigt: Auch etablierte Abläufe und gut funktionierende Maschinen lassen sich noch optimieren. Technische Audits unterstützen hierbei maßgeblich. Eine detaillierte Analyse von Produktionsprozessen und Maschinenfunktionen hilft, bestehende Schwachstellen zu identifizieren, Gegenmaßnahmen zu entwickeln und diese zeitnah umzusetzen. Dabei ist besonders wichtig, dass sich Expert:innen der Maschinenhersteller und Anlagenbetreiber offen austauschen und das gemeinsame Ziel verfolgen: eine höhere Gesamtanlageneffektivität (overall equipment effectiveness, OEE) und Ausbringung zur optimalen Versorgung der Patient:innen.
Flüssigabfüllung mit Luft nach oben
Mit dem Ziel, die Produktionskapazitäten durch höhere Verfügbarkeit signifikant zu steigern, wählte ein deutscher Hersteller flüssiger Arzneimittel vor zwei Jahren diesen Weg. Zwei Stellhebel hatte das Unternehmen im Blick, um die OEE zu steigern: die optimale Geschwindigkeit der Produktionslinien und das Zusammenspiel unterschiedlicher Maschinenteile im Verbund – von Reinigungs- und Sterilisationsanlagen bis hin zu den Abfüll- und Verschließmaschinen. Denn auf den Linien kam es immer wieder zu kleineren Stopps, die den OEE beeinträchtigten: Staus in Zuführungen von Packmitteln sorgten für kurze aber über den Tag verteilt regelmäßige Verzögerungen. Hinzu kamen Funktionen unterschiedlicher Anlagenteile, die das Unternehmen auf den Prüfstand stellen wollte – und zwar auf exakter Datenbasis.
Um möglichst schnell zum gewünschten Ergebnis zu kommen, fiel die Wahl auf einen pragmatischen und zeitsparenden Ansatz: Der Maschinenhersteller sollte zusammen mit den besten Expert:innen des pharmazeutischen Abfüllers drei komplexe und gut laufende Anlagen prüfen. Mit Syntegon stand dem Kunden ein erfahrener Partner zur Seite, der nicht nur moderne Technologie liefert, sondern diese bei Bedarf auch umfassend begutachtet. Mithilfe technischer Audits bietet Syntegon genau die Art lösungsorientierter Analyse und Zusammenarbeit, die dem Unternehmen vorschwebte.
Technische Audits als Serviceleistung
Bei den technischen Audits von Syntegon untersucht ein Team die Maschinen vor Ort. Sie zeichnen Stopps auf und kategorisieren diese nach Maschinen und Baugruppen, um häufigen Problemen auf den Grund zu gehen. Das Ergebnis besteht aus einer Reihe von Empfehlungen, um sowohl leicht zu lösende als auch anspruchsvollere Aspekte gezielt anzugehen. Zu den Lösungen gehören neben Bestimmung optimaler Einstellungsparameter und technischen Nachrüstungen auch Schulungen des Bedienpersonals, sofern erforderlich.
„Das Projekt erwies sich als besonders anspruchsvoll, da unser Kunde eine bestens funktionierende Lösung technologisch weiter ausreizen wollte,“ berichtet Manuel Schöppler, Sales Manager im Syntegon Service. „Es erforderte eine kundenspezifische Detailanalyse, um das gewünschte Verbesserungspotenzial zu ermitteln.“ Mehrere Tage sah das Team von Syntegon sich die Kernprozesse an und stand dabei im engen Austausch mit Expert:innen auf Kundenseite. „Wenn technologisches und pharmazeutisches Wissen derart geballt aufeinandertreffen, lassen Ergebnisse nicht lange auf sich warten“, erinnert sich Schöppler.
Nach unterschiedlichen Testläufen mit Hilfsmitteln, darunter auch sensorbestückte Kunststoffbehältnisse, konnte Syntegon kleine Stopper und Staus ausfindig machen, die im Produktionsalltag auf den ersten Blick nicht auffielen. So ermittelten die Expert:innen Engstellen an der Abfüllmaschine, an denen Behältnisse und Anlage sich berührten, aber auch unerwünschte Neigungen und Drehungen der Primärpackmittel. Zudem identifizierte Syntegon Möglichkeiten, wie sich die Kontrollsensorik – etwa zur Abtastung von Karpulen im Einlauf – so anpassen lässt, dass sie die Behältnisse noch genauer erfasst.
Hardware und Software im Blick
Neben diesen mechanischen Aspekten kam Syntegon auch Softwareproblemen auf die Spur: Die Steuerungssoftware vieler Maschinen umfasst Funktionen, die im laufenden Betrieb nicht benötigt wurden, aber gelegentlich zu Fehlermeldungen führten – ein Grund mehr, an den jeweiligen Systemen Programmänderungen vorzunehmen. „Geduld und der Wille, sich die Prozesse genauer anzusehen, begründete in diesem besonderen Fall den Erfolg“, so Manuel Schöppler.
Die datenbasierten Ergebnisse lieferten nachvollziehbare Begründungen für nötige Anpassungen – und begünstigten aus Kundensicht zeitnahe Freigaben wichtiger Investitionsmittel. „Der Kunde nahm dadurch wichtige Anpassungen kurz nach Abschluss des Audits vor, schnell umsetzbare ‚Quick-Wins‘ sogar schon während der Inspektion selbst“, erinnert sich Schöppler. Umfassendere Arbeiten wie die Sensoranpassungen oder Programmanpassungen erstreckten sich über einen Zeitraum von gut einem Jahr – eine Zeitspanne, die sich rückblickend mehr als lohnte.
Mehr Leistung durch Audits
So konnte das Pharmaunternehmen nicht nur Störfälle in den Zuführungen verringern, sondern auch die Anzahl befüllter Behältnisse pro Stunde nachhaltig erhöhen. Möglich machten dies Anpassungen an einzelnen Baugruppen, die Syntegon nach dem Audit vornahm, sowie eine bessere Synchronisierung der hintereinandergeschalteten Maschinen. Deren Einstellungen wurden so nachjustiert, dass sie optimal harmonieren. Verzögerungen und damit einhergehende Über- oder Unterversorgungen einzelner Maschinen einer Anlage gehören somit der Vergangenheit an. Dank des technischen Audits gelang es dem pharmazeutischen Hersteller, die eigenen Ambitionen deutlich zu übertreffen: Letztlich steigerte das Unternehmen an den drei gut laufenden Anlagen seine Ausbringung um satte zehn Prozent. Also Ziel erreicht, Projekt beendet?
Keineswegs: „Ein abgeschlossenes technisches Audit bedeutet nicht das Ende der Zusammenarbeit – ganz im Gegenteil“, weiß Manuel Schöppler. Noch heute treffen sich Expert:innen von Syntegon und dem Unternehmen zweiwöchentlich, um neue Aufgaben ins Auge zu fassen. Ein Schwerpunkt liegt aktuell in der präventiven Wartung, also dem Schulen von Bedienpersonal im Umgang mit technischen Komponenten, um kostspielige Reparaturen von vornherein zu minimieren. Die erfolgreiche Zusammenarbeit mit Syntegon hat sich darüber hinaus zum „Best Practice“ innerhalb des Konzerns entwickelt: Enge Absprachen mit seinen Anlagenlieferanten möchte das Unternehmen auch außerhalb Deutschlands zum Standard machen. Ein Ende der Optimierungen – sowie der erfolgreichen Kooperation – scheint damit nicht in Sicht.