Verlustleistung in Gerätestecker-Kombielementen Die ideale Verbindung gesucht

SCHURTER AG ELECTRONIC COMPONENTS

Gerätestecker-Kombielemente (PEMs,Power Entry Modules) bestehen aus einer Kombination verschiedener Bauteile zur sicheren Stromversorgung von Geräten.

Bild: Schurter
08.10.2024

Kombiniert man verschiedene elektrische Komponenten in einem Geräteeinbaustecker zu einem Kombielement, so sind die einzelnen Verlustleistungen und Temperatur-Deratings sämtlicher involvierter Komponenten sorgfältig zu berücksichtigen, um einen dauerhaft sicheren Betrieb zu gewährleisten.

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Gerätestecker-Kombielemente (PEMs = Power Entry Modules) bestehen aus einer Kombination verschiedener Bauteile zur sicheren Stromversorgung von Geräten. Neben dem IEC-Geräteeinbaustecker können Netzschalter, Sicherungshalter oder Geräteschutzschalter sowie Filter integriert sein. Alle diese Komponenten werden nach ihrer entsprechenden Komponentennorm geprüft, so dass das gesamte Bauteil von den Prüfstellen zertifiziert werden kann. Jede dieser Komponenten ist für eine bestimmte minimale und maximale Umgebungstemperatur ausgelegt. Wichtig hierbei: Der maximale Nennstrom darf nur bei Nenntemperatur verwendet werden.

Bei höheren Umgebungstemperaturen muss der Strom entsprechend reduziert werden. Dies ist üblicherweise im Temperatur-Derating auf den Datenblättern angegeben. Da Gerätestecker-Kombielemente in einen Ausschnitt am Gerätegehäuse eingebaut werden, sind die unterschiedlichen Umgebungstemperaturen innen und außen zu berücksichtigen. Innen ist im Betrieb fast immer mit höheren Temperaturen zu rechnen, da die elektrische Last zu einer Erwärmung führt (zum Beispiel Schaltnetzteil, Leistungshalbleiter und Heizelemente).

Verlustleistung

Im Betrieb erzeugen die Komponenten eine Eigenerwärmung, die in Datenblättern als Verlustleistung ausgewiesen ist. Diese Verlustleistung erwärmt das gesamte Kombielement und kann zu erhöhten Temperaturen aller eingebauten Komponenten führen. Wichtig auch hier: Sämtliche Komponenten eines Gerätestecker-Kombielementes weisen eine Nennverlustleistung auf, so dass im Kombielement die Summe aller Verlustleistungen wirksam wird:

Gerätestecker

Gemäss IEC 60320 zugelassene Gerätesteckverbindungen eignen sich für den Gebrauch bei Umgebungstemperaturen bis 40 °C. Die Durchschnittstemperatur über einen Zeitraum von 24 Stunden sollte dabei nicht mehr als 35 °C betragen mit einer unteren Grenze von -5 °C

Gerätestecker-Stifte: Die Anforderungen an Gerätestecker besagen, dass die Temperatur der Stifte des entsprechenden Steckers 70 °C nicht überschreiten darf. Die Norm IEC 60320 spricht in diesem Fall von einem Kaltgerätestecker. Kaltgerätestecker dürfen nicht verwendet werden an Geräten mit Aussenteilen, deren Temperaturerhöhung im bestimmungsgemässen Betrieb 75 °C überschreitet und von der bewegten Zuleitung berührt werden können.

Sicherungshalter

Sicherungshalter sind in der Regel für Umgebungstemperaturen bis maximal 85 °C zugelassen. 85 °C sind zudem auch die maximale Temperatur für berührbare Oberflächen nach der Sicherungshalternorm IEC 60127-6. Da die Sicherung im Sicherungshalter bei Nennstrom Wärme erzeugt, ist die Verlustleistung, die der Sicherungshalter aufnehmen kann, begrenzt. Diese Verlustleistung wird in Watt bei Nennstrom und Nenntemperatur angegeben, zum Beispiel 2,5 W bei 10 A und 23 °C. Die Sicherung muss also so ausgewählt werden, dass die maximale Verlustleistung nicht überschritten wird. Wenn die Umgebungstemperatur höher als die Nenntemperatur ist, wird das Temperatur-Derating angewendet. Diese Kurve reduziert die zulässige Verlustleistung mit steigender Umgebungstemperatur. So kann ein Sicherungshalter, der bei 23 °C Umgebungstemperatur eine maximale Verlustleistung von 2,5 W hat, bei 40 °C Umgebungstemperatur mit einer Sicherung betrieben werden, die eine maximale Verlustleistung von 1,7 W hat.

Sicherung

Eine Sicherung erzeugt in Abhängigkeit von der Strombelastung und dem elektrischen Widerstand des Schmelzleiters Wärme. Diese Verlustleistung wird in einem genormten Prüfverfahren in der Sicherungsnorm IEC 60127 gemessen. Die maximale Verlustleistung ist im Datenblatt in Watt bei entsprechender Stromstärke angegeben. Die Sicherungsverlustleistung darf nicht grösser sein als die maximale Verlustleistung des Sicherungshalters. Die Sicherungsverlustleistung hat ebenfalls ein Temperatur-Derating. Bei höheren Umgebungstemperaturen muss der Strom durch die Sicherung also reduziert werden, da die Sicherung sonst zu heiss wird und ein zuverlässiger Betrieb nicht mehr gewährleistet ist. Die genormten Prüfungen für Sicherungseinsätze (IEC und UL) werden bei 23 °C beziehungsweise 25 °C durchgeführt. In der Praxis sind die Umgebungstemperaturen jedoch wesentlich höher, insbesondere dort, wo der Sicherungseinsatz in einem geschlossenen Sicherungshalter oder in der Nähe von anderen wärmeerzeugenden Bauteilen eingesetzt wird. Für solche Anwendungsfälle ist daher die Verschiebung des Betriebsstromes zu berücksichtigen.

Netzschalter

Netzschalter werden nach der Schalternorm IEC 61058-1 hinsichtlich der zulässigen Umgebungstemperatur geprüft. Die in den meisten Kombielementen verwendeten Netzschalter haben eine maximal zulässige Umgebungstemperatur von 85 °C. Die Kennzeichnung T85/55 etwa gibt an, dass die Anschlussseite des Schalters für eine Umgebungstemperatur von 85 °C geeignet ist, während das Betätigungsteil (zum Beispiel Wippe) der in der Norm geforderten Umgebungstemperatur von 55 °C ausgesetzt sein darf.

Geräteschutzschalter

Geräteschutzschalter (CBE) nach IEC 60934 mit thermischen Auslösern reagieren auf eine Änderung der Umgebungstemperatur. Bei thermischen Geräteschutzschaltern wird das Bimetall durch die Verluste, die der Laststrom im Bimetall verursacht, erwärmt. Die Geräteschutzschalter sind für eine Umgebungstemperatur von 23 °C ausgelegt.

Netzfilter

Netzfilter gemäss IEC 60939 sind für einen Nennstrom bei einer bestimmten Umgebungstemperatur, zum Beispiel 40 °C, ausgelegt. Ein Filter besteht aus verschiedenen Bauteilen mit unterschiedlichen Maximaltemperaturen. Bauteile im Strompfad (zum Beispiel Drosseln ) verursachen eine Erwärmung entsprechend dem Stromfluss und dem elektrischen Widerstand der Spule. Die temperaturkritischsten Bauteile eines Filters sind jedoch die Kondensatoren, die eine maximal zulässige Temperatur von zum Beispiel 125 °C haben. Um zu verhindern, dass die Kondensatoren zu hohen Temperaturen ausgesetzt werden, muss der Laststrom bei höheren Umgebungstemperaturen entsprechend der Temperatur-Derating-Formel reduziert werden.

Temperatur-Derating

Die oftmals vielen einzelnen Komponenten eines Kombielements haben unterschiedliche Temperatur-Deratings und unterschiedliche maximale Betriebstemperaturen. Die einzelnen Deratings müssen jedoch nicht aufsummiert werden. Es gilt, abzuwägen, welche die kritischsten Komponenten sind. Kritisch sind insbesondere jene Bauteile, bei denen die Umgebungstemperatur einen großen Einfluss auf die Funktion hat. Die ist etwa bei der Sicherung mitsamt dem Sicherungshalter sowie dem Geräteschutzschalter der Fall. Eine erhöhte Umgebungstemperatur kann die Auslösezeit deutlich beeinflussen. Daher sind diese Bauteile mit Priorität zu betrachten. Bei den anderen Komponenten ist vor allem die maximale Betriebstemperatur von Bedeutung. Die Verlustleistung der Sicherung bei Laststrom muss kleiner sein als die Verlustleistung des Sicherungshalters. Das Temperatur-Derating des Sicherungshalters ist entsprechend der Umgebungstemperatur im Inneren des Gehäuses anzuwenden. Dasselbe gilt für Geräteschutzschalter (CBE) und Filter.

Unter der Annahme, dass die Außentemperatur einer normalen Arbeitstemperatur von 23 °C (von 0 °C bis maximal 35 °C) entspricht, sollte dies für einen zuverlässigen Betrieb ausreichen, so dass die maximale Bauteiltemperatur nicht überschritten wird.

Messungen

Um den Einfluss der verschiedenen Komponenten eines Kombielements auf die Temperaturerhöhung insgesamt zu prüfen, wurden die Temperaturen aller Komponenten einzeln gemessen. Dabei durfte bei keiner die maximal zulässige Materialtemperatur überschritten werden (zum Beispiel Kondensator maximal 125 °C). Zusätzlich mussten die maximalen Temperaturen der verschiedenen IEC-Normen für die einzelnen Komponenten eingehalten werden (zum Beispiel Sicherungshalter berührbare Temperatur maximal 85 °C). Der Steckerstift durfte maximal 70 °C warm werden. Für eine möglichst praxisnahe Messung wurden die PEMs auf eine Montageplatte im Klimaschrank montiert. Dies ermöglichte die Messung bei erhöhter Innentemperatur und konstanter Aussentemperatur. Der Laststrom wurde entsprechend dem Temperatur-Derating von 100 % mit steigender Umgebungstemperatur reduziert. Bei korrektem Derating durfte die maximale Materialtemperatur bei allen Umgebungstemperaturen nicht überschritten werden.

Ergebnisse

Die Aussentemperatur blieb während des ganzen Tests konstant bei 23 °C. Die Innentemperatur wurde von 23 °C in 10 °C-Schritten bis auf 80 °C erhöht. Dabei wurde der Nennstrom entsprechend dem Derating von 10 A auf 0 A reduziert. Es zeigte sich, dass die einzelnen Bauteile trotz des reduzierten Stromes immer höhere Temperaturen erreichten, ohne jedoch die maximal zulässigen Materialtemperaturen zu überschreiten. Damit wurde nachgewiesen, dass die Temperatur-Deratings korrekt sind und kritische Übertemperaturen verhindert wurden.

Schlussfolgerungen

Bei PEMs ist die Umgebungstemperatur sowohl außerhalb wie auch im Innern des Gerätes zu berücksichtigen. Bei höheren Umgebungstemperaturen über dem Nennwert ist somit das Temperatur-Derating zwingend anzuwenden. Da Kombielemente aus verschiedenen Komponenten bestehen, muss grundsätzlich jede dieser Komponenten gesondert geprüft werden. Die Schmelzsicherung mit dem Sicherungshalter sowie der Geräteschutzschalter sind die temperaturkritischsten Bauteile. Somit ist es sinnvoll, das Temperatur-Derating prioritär dieser Komponenten anzuwenden. Sind diese Bauteile nicht vorhanden, ist insbesondere die Umgebungstemperatur des Filters zu berücksichtigen. Bei Gerätesteckern und Schaltern ist es in der Regel sogar ausreichend, wenn die Maximaltemperaturen nicht überschritten werden. Die Einhaltung der Umgebungstemperaturen und die sorgfältige Anwendung des Temperatur-Deratings gewährleisten einen dauerhaften und sicheren Betrieb eines Gerätestecker-Kombielements.

Bildergalerie

  • Derating-Kurve für einen Sicherungshalter mit 2.5 W Verlustleistung. Diagramm: zulässige Leistungsaufnahme vs. Umgebungstemperatur

    Derating-Kurve für einen Sicherungshalter mit 2.5 W Verlustleistung. Diagramm: zulässige Leistungsaufnahme vs. Umgebungstemperatur

    Bild: Schurter

  • Derating-Kurve eines Filters (vereinfacht). Diagramm: zulässiger Betriebsstrom in % In vs. Umgebungstemperatur

    Derating-Kurve eines Filters (vereinfacht). Diagramm: zulässiger Betriebsstrom in % In vs. Umgebungstemperatur

    Bild: Schurter

  • Übersicht Strom-Derating der einzelnen Komponenten

    Übersicht Strom-Derating der einzelnen Komponenten

    Bild: Schurter

  • Temperatur-Derating einer Schmelzsicherung (superträge bis superflinke Auslösecharakteristik). Diagramm: prozentuale Verschiebung des Betriebsstromes vs. Umgebungstemperatur

    Temperatur-Derating einer Schmelzsicherung (superträge bis superflinke Auslösecharakteristik). Diagramm: prozentuale Verschiebung des Betriebsstromes vs. Umgebungstemperatur

    Bild: Schurter

  • Beispiel: Nennstrom = 5 A; Umgebungstemperatur = 50 °C; --> Korrekturfaktor = 1.04; Resultierender Nennstrom = 5.2 A --> Wahl eines neuen CBE mit nächst höherem Nennstrom: 6 A

    Beispiel: Nennstrom = 5 A; Umgebungstemperatur = 50 °C; --> Korrekturfaktor = 1.04; Resultierender Nennstrom = 5.2 A --> Wahl eines neuen CBE mit nächst höherem Nennstrom: 6 A

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  • Resultierende Ströme bei Umgebungstemperatur für ausgewählte SCHURTER Kombielemente

    Resultierende Ströme bei Umgebungstemperatur für ausgewählte SCHURTER Kombielemente

    Bild: Schurter

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