Für die Entwärmung von elektronischen Bauteilen sind die übergeordneten Konzepte der „leisen“ und „lauten“ Wärmeableitung zu betrachten. Die „leise“ Version bedeutet eine Wärmeableitung durch die freie Konvektion und Strahlung. Im Gegensatz hierzu bedeutet die „laute“ Version (forcierte Entwärmung) den Einsatz von zusätzlichen Lüftermotoren. Fällt aufgrund von applikationsspezifischen Gegebenheiten die Entscheidung auf eine Entwärmung mittels der freien Konvektion, so kommen häufig stranggepresste Kühlkörper aus Aluminium zum Einsatz. Kühlkörper, auch Strang- oder Extrusionskühlkörper genannt, sind ein probates und bewährtes Prinzip, um elektronische Bauteile zu entwärmen – sowohl für geringe als auch größere Verlustleistungen. Dieses Prinzip der Oberflächenvergrößerung hat aber neben der Beschränkung in Hinsicht auf die Baugröße (Volumen und Gewicht) auch physikalische Begrenzungen, die durch die spezifische Wärmeleitfähigkeit (λ) des meistens für Kühlkörper verwendeten Materials Aluminium hervorgerufen werden.
Thermischer Widerstand
In Summe ist festzuhalten: Auch wenn dem Anwender die technischen Hintergründe der Entwärmung bekannt sind: Die richtige Auswahl eines passenden Kühlkörpers für eine spezifische Problemstellung ist nicht trivial. So erschweren zum Beispiel die vielfältig auf dem Markt erhältlichen Kühlkörper verschiedener Konzeptionen und Aufbauten die Auswahl. Zudem muss man begleitende Randbedingungen genau im Blick haben. Um die Auswahl möglicher Kühlkörpertypen einzuschränken, empfiehlt es sich im ersten Schritt den so genannten thermischen Widerstand (Wärmewiderstand) überschlagsmäßig zu berechnen. Dieser ist umgekehrt proportional zur Wärmeleitfähigkeit, das heißt, je besser ein Bauteil die Wärme ableitet, desto kleiner ist sein Wärmewiderstand. Die Einheit des Wärmewiderstandes (Rth) wird in Kelvin/Watt (K/W) angegeben. Bei einer Verwendung gegebener Stoffwerte und bekannter Temperatur oder Verlustleistung, Angaben sind im Herstellerdatenblatt zu finden, wird der Wärmewiderstand in Analogie zum ohmschen Gesetz berechnet. Aus der Verlustleistung PV in (W) und der Summe aller Wärmewiderstände kann man die Temperaturdifferenz ΔT zwischen Halbleitersperrschicht (Junction) und der Umgebung (ΔT = TJ – TU) des Kühlkörpers berechnen.
Der thermische Gesamtwiderstand setzt sich aus einer Reihenschaltung der einzelnen Teilwiderstände entlang des thermischen Pfades, welche der Wärmestrom überwinden muss, zusammen. Mit dem so berechneten Wärmewiderstand kann man – unter Berücksichtigung der weiteren Randbedingungen – eine Auswahl des Kühlkörpers anhand der in den Katalogen der Kühlkörperhersteller gemachten numerischen Angaben, Diagrammen oder graphischen Darstellungen treffen.
Die erste Hürde ist nun überwunden und der Anwender hat zum Beispiel für seine Applikation einen Kühlkörper mit einem Wärmewiderstand von 1 K/W berechnet. Diesen benötigt er, um das Bauteil anhand der Temperatur- und Verlustleistungsangaben zu entwärmen. Aufgrund der Berechnung bleiben von mehreren hundert verschiedenen Kühlkörpervarianten nur noch mehrere Dutzend in Frage kommende Kühlkörper übrig. Weitere Entscheidungshilfen zur Auswahl des richtigen Kühlkörperdesigns erhält man, wenn man Parameter wie die Einbaubedingungen und der Platzbedarf in der Applikation, die Bodenstärke sowie der Rippenabstand und die -höhe des Kühlkörpers oder die Positionierung der Halbleiter-
elemente berücksichtigt.
Feintuning der Auswahl
Zunächst sollte man das zu entwärmende Bauteil sowie dessen mögliche Position auf dem Kühlkörper betrachten. Für kleine Bauelemente ist es nicht empfehlenswert, einen zu großen Kühlkörper mit einer dicken Bodenplatte und massiven Rippen zu verwenden. Der Kühlkörper würde sich aufgrund einer zu kleinen Wärmeeintragsfläche und dem überdimensionierten Materialverhältnis (Wärmekapazität) nicht richtig aufheizen. Folge: Man muss bei der Wärmeabfuhr an die Umgebung mit Einbußen rechnen. An der Montagestelle des Halbleiters entsteht ein so genannter Hot Spot, der im schlimmsten Fall zur Zerstörung des Bauteils führen kann. Denn bevor die Wärme im Kühlkörper verteilt wird, ist bereits die maximal zulässige Temperatur des Bauteils erreicht worden. Stets sollte man versuchen, den Kühlkörper an die Halbleiterabmessungen anzupassen beziehungsweise die Kontaktoberfläche des Kühlkörpers homogen zu nutzen. Dient der Kühlkörper allerdings als mechanisches Konstruktionselement in dem Gesamtkonzept, das heißt, man muss die Abmessungen und die massive Gestaltung einhalten, dann empfiehlt es sich bei kleineren Bauteilen, zusätzlich die Wärme zu spreizen. Hierfür liefern in den Kühlkörper eingepresste Kupferflächen sehr gute Lösungsmöglichkeiten.
Der Rippenabstand eines Kühlkörpers liefert für die Entwärmung mittels der freien Konvektion ein weiteres Auswahlkriterium. Leider wird vielfach die Meinung vertreten, dass je mehr Oberfläche vorhanden ist, je enger also die Rippenabstände sind, desto besser ist auch die Wärmeabfuhr des Kühlkörpers. Diese Aussage ist bei der freien Konvektion nicht ganz richtig. Ein Beispiel: In Abbildung 2 dargestellt ist jeweils ein Kühlkörper mit den gleichen geometrischen Abmessungen. Einziger Unterschied: Der Kühlkörper auf der linken Seite besitzt sechs Rippen, der auf der rechten Seite sieben, er hat also folglich engere Rippenabstände. Beide Varianten wurden jeweils bei einer Raumtemperatur von 25 °C und einer maximalen Bauteiltemperatur von 105 °C mit Hilfe der thermischen Simulation simuliert. Ergebnis: Der linke Kühlkörper hat einen Wärmewiderstand von 4,46 K/W, der rechte einen von 5 K/W. Somit ergibt sich für die maximal abzuführende Verlustleistung für den linken Kühlkörper ein Wert von
17,9 W, für die rechte Variante ein Wert von 16 W. Zu enge Rippenabstände haben einen wachsenden Strömungswiderstand zur Folge. Dieses führt zu einer so genannten Überlagerung (Zusammenwachsen) von Grenzschichten (Bypass-Effekt), das heißt, aufgrund der Wandreibung wird die Luft verdrängt und strömt ungenutzt an den Rippen vorbei.
Des Weiteren ist bei der Auswahl eines Kühlkörpers die Rippenhöhe zu betrachten. Die Effektivität der Kühlkörperrippenhöhe wird durch den so genannten Rippenwirkungsgrad beschränkt, das heißt, die Kühlwirkung nimmt mit steigendem Temperaturabfall von dem Rippenfuß bis zum Rippenende ab. Ab einer gewissen Rippenhöhe stellt sich also eine sehr geringe Rippeneffektivität ein, genauer gesagt, die Rippentemperatur ist nahezu gleich der Umgebungstemperatur. In puncto Rippendicke versus Rippenhöhe ist festzuhalten: Je höher die Kühlkörperrippe, desto dicker sollte diese ausgeprägt sein. Bezüglich der Rippengeometrie haben einige Kühlkörper eine konische oder eine rechteckige Rippenstruktur. Für die freie Konvektion eignen sich eher Kühlkörper mit einer konischen Geometrie, da die Wärmeeintrittsfläche in die Rippe vergrößert wird. Bei der Auslegung von Strangpresswerkzeugen ist hierdurch des Weiteren aufgrund des breiteren Rippenfußes und der stabileren Konstruktion eine höhere Werkzeuglebensdauer gegeben. Falls in der Applikation allerdings eine zusätzliche Luftströmung vorhanden sein sollte, so eignen sich eher Kühlkörper mit einer rechteckigen Geometrie, da konische Rippen auch hier einen Bypass-Effekt (Einschnürung der Luftströmung) erzeugen.
Thermische Simulation
In Summe gibt es vielzählige Kriterien die man bei der Kühlkörperauswahl beachten sollte. Die richtige Kühlkörperauswahl für komplexe Entwärmungsproblematiken, besonders mit dazugehörigen Optimierungen, gestaltet sich für den Anwender oftmals als schwierig. Jeder Anwender weiß um die labor- und messtechnischen Lösungsansätze, die besonders zeitaufwändig und dadurch sehr kostenintensiv sind.
Alternative Lösungsansätze bietet hier die thermische Simulation. Heutige Programme, mit ihren speziellen Algorithmen zur Berechnung thermischer Probleme bei der Wärmeableitung sind sehr komfortabel. Und auch der Kostenaufwand ist, bezogen auf den Ergebniszeitraum, durchaus akzeptabel. Je nach Aufwand der Dateneingaben werden alle Bereiche der Wärmeleitung, Wärmestrahlung sowie der freien und erzwungenen Konvektion berücksichtigt und berechnet. Kühlkörperhersteller, die eine solche Simulation verwenden, sollten bereits in der Planungsphase des Projekts mit einbezogen werden, um auftretende Entwärmungsprobleme direkt zu analysieren und effizient zu lösen.