Sofortige „Bürokratiebremse“! Durchbruch beim Bürokratieabbau?

„Das Bürokratieentlastungsgesetz ist ein ganz kleiner Schritt in die richtige Richtung, wir brauchen aber keine kleinen Schritte, sondern einen großen Sprung“, forderte Sven Kramer, Sprecher der Geschäftsführung der Peag Holding.

Bild: DALL·E / publish-industry
10.09.2024

Überflüssige Bürokratie kostet Zeit, bremst die Wirtschaft und damit den Fortschritt der Transformation. Hier besteht nach wie vor dringender Handlungsbedarf, dem die Bundesregierung mit dem Bürokratieentlastungsgesetz IV begegnen will. Ob dies gelingt, ist jedoch umstritten. Während Experten und Unternehmen die Initiative begrüßen, geht sie vielen nicht weit genug. Hauptproblem: Deutschland tut sich schwer damit, bestehende Regelungen abzuschaffen, wenn sie ihren Sinn verloren haben.

Überflüssige Bürokratie kostet Zeit, bremst die Wirtschaft und damit den Fortschritt in der Transformation. Nach wie vor besteht dringender Handlungsbedarf, dem die Bundesregierung mit dem Bürokratieentlastungsgesetz IV gerecht werden will. Ob sie das schafft, ist allerdings umstritten. Zwar begrüßen Fachleute und Unternehmen die Initiative, vielen geht sie jedoch nicht weit genug. Hauptproblem: Deutschland tue sich schwer, bestehende Regelungen wieder abzuschaffen, wenn sie ihren Sinn verloren haben. Zudem würden zu viele relevante Bereiche in dem Gesetz unangetastet bleiben, das erreichte Entlastungsvolumen sei zu gering. Beklagt werden zudem ständig neue Vorschriften, auch auf EU-Ebene. Andererseits müssen auch bei Bürokratieabbau rechtliche Erfordernisse und Schutz der Arbeitnehmenden weiterhin gewährleistet werden.

Was muss also passieren, um die Wirtschaft wirksam zu entlasten? Wie viel Geschwindigkeit brauchen wir beim Bürokratieabbau? An welchen Stellen muss das Bürokratieentlastungsgesetz nachgebessert werden? Darüber diskutierten bei der 130. „Peag Personaldebatte zum Frühstück“ in Berlin Maik Außendorf, für Bündnis90/Die Grünen im Bundestag, Mitglied der Ausschüsse für Wirtschaft und Digitales, und Wilfried Oellers, für CDU/CSU im Bundestag, Mitglied im Rechtsausschuss und Ausschuss für Arbeit und Soziales sowie ständiger Gast im Bundesvorstand der Mittelstandsunion. „Bürokratieabbau – Wirtschaft entlasten und Transformation bewältigen“, so der Titel der gemeinsamen Veranstaltung von Peag und Arbeitgeberverband Gesamtmetall.

Forderung nach striktem Abbau der Bürokratie

„Überbordende Bürokratie gefährdet den Wirtschafts- und Innovationsstandort Deutschland sowie das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Handlungs- und Leistungsfähigkeit unseres Staates“, betonte CDU-Politiker Wilfried Oellers zu Beginn der Debatte. Deshalb brauche es dringend einen Durchbruch für echten Bürokratieabbau und bessere Rechtsetzung. Der jüngste Gesetzesentwurf der Ampel-Koalition würde den Bürokratieaufwand der Wirtschaft aber gerade mal um ein halbes Prozent senken. Deshalb forderte er eine sofortige „Bürokratiebremse“ und einen strikten Abbau der Bürokratie.

Die Zahl der Gesetze und Regelungen müsse drastisch reduziert werden. Das sei die günstigste Möglichkeit einer Wirtschaftsförderung. Sollte es zu neuen belastenden Regelung kommen, so müsse eine „One-in-Three-out-Regelung“ gelten, sprich: für jede neue belastende Regelung müssten drei belastende Regelungen weichen. Dies müsse auch für die EU-Ebene gelten. „Die Zeit drängt, die Bürokratie lähmt den Mittelstand, bedroht viele kleine und mittelständische Unternehmen und schwächt unseren Wirtschaftsstandort“, so der Poltiker.

„Bürokratie ist sicher ein Problem, wenn sie überbordend ist, deshalb arbeiten wir daran, sie zu reduzieren“, reagierte Maik Außendorf. „Die meisten Regeln sind Antworten auf gesellschaftliche Probleme, die Herausforderung für die Politik besteht darin, bürokratiearm auf die immer komplexeren Probleme mit rechtssicheren Regeln zu reagieren.“ Die Kritik am Gesetzesentwurf der Ampel wies er zurück: „Wir haben beim mittlerweile vierten Bürokratieentlastungsgesetz die schwierige Aufgabe, tiefer in Prozesse reinzugucken, um zu Optimierungen zu kommen“, erklärte der grüne Politiker. Das Bundeswirtschaftsministerium sei mit den „Praxis-Checks“ beispielhaft vorangegangen um Sektor für Sektor für Verbesserungen zu sorgen.

Effiziente und digitalisierte Verwaltungen für den Erfolg

Schließlich verwies Maik Außendorf auf Finnland: „Trotz hoher Regulierungsdichte wächst die Wirtschaft dort überdurchschnittlich, was auf die hohe Qualität der Verwaltung zurückzuführen ist.“ Effiziente und digitalisierte Verwaltungen könnten also selbst in einem regulierten Umfeld das Wirtschaftswachstum fördern. Zudem bleiben Regulierungen auf EU-Ebene für Maik Außendorf wichtig, um europaweit einheitliche Standards zu setzen, ökologische Nachhaltigkeit zu sichern und damit grüne Leitmärkte zu entwickeln.

„Entscheidend ist aber die jeweilige Umsetzung vor Ort anwenderorientiert, digital und verständlich anzugehen“, so der Abgeordnete: „Verbände können hier helfen, Bürokratie zu begegnen, indem sie ihren Unternehmen Handreichungen geben, Branchenstandards entwickeln und sie in der Umsetzung unterstützen, da haben wir also alle zusammen eine Aufgabe.”

„Das Bürokratieentlastungsgesetz ist ein ganz kleiner Schritt in die richtige Richtung, wir brauchen aber keine kleinen Schritte, sondern einen großen Sprung“, forderte Sven Kramer, Sprecher der Geschäftsführung der Peag Holding, in der Debatte. Für die Branche der Personaldienstleister sei eine grundlegende Digitalisierung von Verwaltungsabläufen und Prozessen enorm wichtig. „Das Once-Only-Prinzip, also nur einmaliges Abfragen der Zustimmung zur Nutzung von Personendaten, wäre bei der Gewinnung von Fachkräften aus dem Ausland hilfreich“, nannte er ein Beispiel.

„Es würde die umfangreichen Dokumentations- und Antragspflichten bei verschiedenen Behörden reduzieren, wodurch die Verfahren oft kompliziert und langwierig sind.“ Der Geschäftsführer begrüßte den beabsichtigten Wegfall der Schriftformerfordernis im neuen Gesetz, der Verträge ohne händische Unterschrift ermöglicht. „Damit könnten in der Zeitarbeitsbranche künftig Verträge zwischen Ver- und Entleihern von Arbeitskräften in digitaler Form abgeschlossen werden, was eine große Entlastung wäre“, sagte Kramer.

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