Antriebstechnik „Eine Lösung für alle kann es nicht geben“

05.09.2013

Gilbert Khawam, Geschäftsführer von Bonfiglioli, spricht mit A&D über passende Lösungen für verschiedene Anwendungen und gegenseitiges Vertrauen in der Zusammenarbeit.

A&D: Herr Khawam Sie betonen in Ihrer Funktion als Leiter der neuen Division Mechatronic Drives and Solutions, kurz MDS: Effizienz braucht Vertrauen. Wer muss wem vertrauen?

Gilbert Khawam: In erster Linie geht es um das Vertrauen zwischen uns, der Bonfiglioli Gruppe, und unseren Kunden. Wir bieten Energieeinsparungen auf Basis theoretischer Berechnungen an. Daher muss uns der Kunde erst einmal vertrauen, dass unsere Berechnungen zuverlässig sind. Aber es braucht auch ein Vertrauen von unserer Seite aus: Wir benötigen die korrekten Daten unseres Kunden, damit der neue Antriebsstrang in seiner Anlage auch wirklich Energie sparen kann. Schließlich können wir erst nach der ersten Anwendung den Beweis antreten, dass die versprochene Energieeffizienz auch erreicht wird; und der Kunde kann das auch prüfen.

Welche Rolle spielen OEM und Endkunde in der Vertrauensfrage?

Vertrauen braucht es natürlich auch in diese Richtung. Wir beliefern hauptsächlich Maschinenbauer, aber die Endnutzer verbrauchen die Energie. Typischerweise liefert ein Maschinenhersteller seine Maschine aus und kümmert sich nicht um die Betriebskosten. Diese sind Sache der Endnutzer, er muss den Energieverbrauch über die Betriebsdauer zahlen. Doch wenn etwas nicht stimmt, ruft er den Lieferanten des Herstellers an, also Bonfiglioli. Daher besteht ein Vertrauen zwischen uns und dem Maschinenbauer, zwischen dem Maschinenbauer und dem Endanwender und letztendlich auch zwischen Bonfiglioli und dem Endanwender.Wie gestaltet sich das in globalisierten Märkten?Nehmen wir das Beispiel eines deutschen Herstellers, der seine Maschine nach China schickt: Er muss natürlich sicher sein können, dass unsere Berechnungen aus Deutschland in China die gleichen Einsparungen erzielen. Außerdem können wir ihn auch in China vor Ort unterstützen. Das gilt auch immer mehr für die andere Richtung: Wir sind auch für asiatische Kunden in Europa präsent.

Ab wann ist es sinnvoll Bonfiglioli in Fragen der Energieeffizienz hinzuzuziehen?

Je früher wir in den Prozess einbezogen werden, desto besser können wir bei der Anpassung von Maschinen, oder kleineren Modifikationen helfen - direkt vor Ort oder online. Dann erreichen wir mit unseren Kunden einen besseren Wirkungsgrad über den gesamten Lebenszyklus ihrer Maschine.

Ist die neue Division MDS die Reaktion auf diesen Anspruch?

Bonfiglioli tritt immer seltener als Produktlieferant auf. Viel häufiger wünschen unsere Kunden integrierte Lösungen, die wir aus unserem Portfolio zusammenstellen können: vom Motor über ein Getriebe bis zum Frequenzumrichter - sogar die Mensch/Maschine-Schnittstelle, die wir zwar heute noch nicht selbst produzieren, liefern wir bei Bedarf. Dafür haben wir die Division MDS ins Leben gerufen, um uns mehr auf Applikationen auszurichten. Mit unserem Wissen und unserer Erfahrung können wir den Kunden neue Impulse geben.

Arbeiten Sie so auf eine universelle beste Lösung hin?

Nein, es gibt keine beste oder gar universelle Lösung. Ich sage sogar: Gott sei Dank gibt es keine! Denn sonst würde jeder nach der einzig besten Lösung suchen.

Aber sucht nicht jeder die beste Lösung?

In unserer Welt ist die beste Lösung gerade mal sechsMonate gültig; denn dann wird eine Technik gefunden, die alles noch besser macht. Unser Ansatz ist deshalb, für den jeweiligen Kunden und seine Branche, die bestmögliche Lösung zu finden. Diese hängt von verschiedenen Punkten ab. Zudem muss man sich alle anfallenden Kosten ansehen, vom Investitionskapital bis zu den Betriebskosten. Pauschal gibt es keine beste Lösung.

Wie finden Sie denn die bestmögliche Lösung?

Nur wenn man von Anfang an mit dem Kunden gemeinsam an seiner Maschine arbeitet, kann man die heute bestmögliche Lösung realisieren. Wir nutzen dabei moderne Tools, die berechnen, wie viel Energie verbraucht wird und wie hoch die Kohlenstoff-Emission ist - sowohl mit der bisherigen, als auch mit einer neuen Lösung. Also können wir für den Lebenszyklus einer Maschine ihre Wirtschaftlichkeit aufzeigen.

Welche Stärken bietet Bonfiglioli in der Mechatronik?

Die erste besondere Stärke ist unsere Fähigkeit zur Anpassung. Wir sind nicht nur in der Lage, die elektronische Seite anzupassen, sondern auch die mechanische - das ist Mechatronik. Ich will nicht sagen, andere könnten das nicht; aber es gibt einen Unterschied zwischen Können und Machen. Und wir tun es. Eine weitere Stärke liegt in den Tests, die wir mit einem Maschinenbauer während der Konstruktion durchführen. Unsere Techniker arbeiten von Anfang an mit der Design-Abteilung des Kunden vor Ort zusammen. Die Mechatronik an der Maschine kostet nicht viel im Vergleich zur Maschine. Aber wenn die Mechatronik nicht funktioniert, funktioniert die ganze Maschine nicht. Unsere dritte große Stärke ist unsere Präsenz, die wir stets erweitern. Über die ganze Welt verteilt in 17 Ländern haben wir 14 Partner. Damit decken wir 80Prozent des Planeten ab. Das ist der Bonfiglioli-Fußabdruck in der Welt.

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