Antriebstechnik Eins + Eins = System

11.04.2012

Energieeffiziente Lösungen stehen auf der Wunschliste der Anwender weit oben. Deshalb bilden Motor und Antriebsregler immer öfter eine Einheit. Zwei Komponentenlieferanten haben sich zusammen getan, um diesen Systemgedanken in die Tat umzusetzen.

Die Nachfrage nach Antriebssystemen steigt. Dazu beigetragen haben die neuen Energieeffizienzklassen für Elektromotoren, die der Gesetzgeber vorgeschrieben hat. „Im vergangenen Jahr erfolgte der Umstieg von IE1 auf IE2, 2015 folgt der Sprung auf IE3 - oder alternativ IE2 mit Antriebsregler“, erklärt Thomas Grützmacher, Produktmanager Antriebstechnik bei Kostal. „Werden Frequenzumrichter und Motor intelligent miteinander verbunden, entspricht das System den gesetzlichen Anforderungen“, sagt Samir Pepelar, Head of Segment Unit Motors & Drive Systems bei ATB Antriebstechnik. Aber nicht nur die gesetzlichen Rahmenbedingungen haben sich verändert. Die Anwender selbst denken um. „Kunden betrachten oft nicht mehr nur die Anschaffungskosten, sondern die Gesamtkosten einer Maschine über die Lebensdauer hinweg“, merkt Markus Vetter an, Leiter Marketing und Kommunikation bei Kostal. Mit Blick auf die Gesamtkosten eines Systems schlagen die Anschaffungskosten lediglich mit zwei Prozent zu Buche, ergänzt Pepelar. Noch ein weiterer Aspekt ist entscheidend: „Anlagenbetreiber stellen fest, dass sich die Investitionskosten für energieeffiziente Maschinen sehr schnell amortisieren - oft innerhalb eines Jahres“, erklärt Grützmacher.

Mit System zu mehr Effizienz

Ein klassisches Beispiel für eine Anwendung, die durch den Einsatz eines Antriebssystems effizienter betrieben werden kann: eine Pumpe, die über einen Elektromotor angetrieben wird. Klassischer weise läuft der Elektromotor ohne Antriebsregler mit einer festen Drehzahl, so dass die Pumpe einen konstanten Druck aufbringt. „Wird während des Betriebes der Druck in der Anlage nicht benötigt, so wird dieser mit Hilfe einer Drosselung reduziert“, erklärt Thomas Peters, Leiter Vertrieb und Applikation Antriebstechnik bei Kostal. Das sei nicht im Sinne der Energieeffizienz. Im Gegensatz dazu lässt sich mit Hilfe eines Antriebreglers der Motor und damit auch das Gesamtsystem (Motor + Antriebsregler + Pumpe) in einem optimal geregelten Zustand betreiben. Dieser Aufgabe stellen sich im Rahmen einer Systempartnerschaft die beiden Unternehmen ATB Antriebstechnik und Kostal Industrie Elektrik. Ziel ist es, die Antriebsregler-Plattform Inveor von Kostal, die 2009 erstmals vorgestellt wurde, und die Elektromotoren von ATB so aufeinander abzustimmen, dass am Ende das bestmögliche Ergebnis in der Anwendung erreicht wird. „An dieser Stelle setzt unser Dynamic Drive System (DDS) an“, erklärt ATB-Mitarbeiter Pepelar. Das DDS misst den Druck und regelt den Antrieb bei Bedarf nach.

Systempartner ATB und Kostal

Die beiden Unternehmen ATB und Kostal haben sich nicht zufällig gefunden. Pepelar, der bei ATB den Vetrieb für geregelte Antriebe leitet, hat bei Kostal gezielt nachgefragt, ob dort Interesse an einer Partnerschaft bestünde. „Beide Firmen setzen auf sehr hohe Qualität, wir produzieren in Europa und unsere Lagerkonzepte ähneln sich, so dass wir sehr schnell an unsere Kunden liefern können“, sagt Pepelar. Der Vorschlag stieß auf Interesse und mündete auf der SPS/IPC/Drives im vergangenen Jahr in einer gemeinsamen Präsentation des Antriebssystems. Zum Einsatz kommen soll es zunächst bei Pumpen- und Lüfteranwendungen. Diese sind oft 24 Stunden am Tag im Einsatz, weshalb das Einsparpotenzial relativ hoch ist. „In diesen Markt ist aus der Diskussion um die Energieeffizienz sehr viel Dynamik hineingekommen“, erklärt Peters. Weitere Branchen werden im Lauf der Zeit folgen. Die Vorteile des Systems: „Bislang hat sich der Kunde meist ausschließlich mit den mechanischen Komponenten auseinander gesetzt“, sagt Peters. So wurde etwa die Pumpe ausgelegt und ein passender Motor dazu ausgewählt. Mit dem Thema Drehzahlregelung sind einige Anwender bislang nicht in Kontakt gekommen - und wollen dies unter Umständen auch nicht. „Die Anwender möchten sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren und sich nicht zusätzlich in die Antriebsregler-Technik einarbeiten“, erklärt der Kostal-Vertriebsleiter, „deshalb greifen sie auf Systemlösungen zurück.“ Eine Kundenanforderung für ein System könnte zum Beispiel lauten: ein Temperaturbereich bis -25 °C. „Wir von Kostal können sagen, das trifft für den Regler zu“, sagt Peters. „Wir von ATB können sagen, es trifft für den Motor zu“, führt Pepelar fort, „die entscheidende Frage aber ist: Gilt diese Aussage immer noch, wenn man beide Produkte zusammenbringt?“ Eventuell gibt es zusätzlich noch andere Rahmenbedingungen, die der Kunde selbst gar nicht betrachten kann. Entscheidet sich der Kunde für die Systemlösung, hat er einen Ansprechpartner an der Seite, der ihn berät und mit ihm zusammen die Lösung entwickelt. „Die Unterstützung und Beratung erhält der Kunde aus einer Hand“, merkt Pepelar an, „dieser Service wird zunehmend nachgefragt.“

Kundenspezifische Anpassungen

Ein weiteres Merkmal der beiden Partner: die Umsetzung kundenspezifischer Anforderungen. „Diese Anpassungen können auf drei Ebenen erfolgen“, erklärt Peters. Die erste Ebene betrifft die Firmware, die sich an die jeweiligen Bedürfnisse der Applikationen anpassen lässt. Die zweite Ebene betrifft die für den Antriebsregler notwendigen Parameter. „Diese Parameter können wir im Vorfeld komplett einspielen“, merkt Grützmacher an. Die dritte Ebene betrifft die Sensorik oder andere Peripherien, die sich in unmittelbarer Nähe des Systems befinden. Sie lassen sich mit der internen SPS des Antriebsreglers verknüpfen, Produktionsdaten lassen sich so über Feldbussysteme in die übergeordnete Anlage schicken. „In den Schaltschränken gibt es so eine SPS-Funktionalität, auf den dezentralen Plattformen jedoch in der Regel nicht“, sagt der Kostal-Produktmanager. Der Vorteil für den Anwender: Er muss die Sensorik nicht erst in die SPS führen und von dort in den Antriebsregler, stattdessen ist sie direkt am Umrichter verdrahtet. Welcher der beiden Systempartner, Kostal oder ATB, das jeweilige Projekt vorwiegend betreut, hängt von dem spezifischen Schwerpunkt ab. Liegt dieser auf der Mechanik oder dem Motor, übernimmt ATB die Projektleitung. Liegt der Schwerpunkt auf der Automatisierung, der Elektronik oder Systemanbindung, übernimmt Kostal. „Hinter den Kulissen arbeiten wir intensiv zusammen und entwickeln uns gemeinsam weiter“, erklärt Grützmacher. Das passe auch zur Kostal-PhilosophieIntelligent verbinden, hebt Marketingleiter Vetter abschließend hervor.

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