Transportable Strom- und Wärmequelle Emissionsfreier Mikroreaktor zur dezentralen Energieversorgung

Computergenerierte Darstellung des eVinci-Mikroreaktors

Bild: Westinghouse
17.01.2024

Die US-Firma Westinghouse entwickelt derzeit den eVinci-Mikroreaktor, einen mikromodularen Reaktor für die dezentrale Energieversorgung. Er kombiniert moderne Technologien mit kommerzieller Nukleartechnik und soll so eine wettbewerbsfähige Energiequelle mit minimalem Wartungsaufwand bieten. Seine geringe Größe ermöglicht einen schnellen Einsatz vor Ort.

Der eVinci-Mikroreaktor ist eine derzeit in Entwicklung befindliche Option für dezentrale Anwendungen, die eine belastbare und emissionsfreie Energieversorgung benötigen. Im Gegensatz zu Anlagen, die einen großen Bauaufwand erfordern, lässt sich der Mikroreaktor durch seine kleine Größe schnell zum Einsatzort transportieren und in Betrieb nehmen. Dort produziert er dann mit einem 13-MWth-Kerndesign bis zu 5 MWe. Der Reaktorkern ist dabei so ausgelegt, dass er acht oder mehr Jahre lang mit voller Leistung betrieben werden kann, bevor er nachgefüllt werden muss.

Die wichtigsten Vorteile des eVinci-Mikroreaktors fasst Westinghouse so zusammen:

  • Er ist eine zuverlässige Energiequelle unter allen Wetterbedingungen, Temperaturen und Standorten.

  • Er ist vollständig werkseitig montiert und in Transportcontainern per Bahn, Lastkahn und Lkw transportierbar.

  • Seine oberirdische Installation mit einer Grundfläche von weniger als 2 ha stört den Boden nur in geringem Maße.

  • Es wird minimaler Personaleinsatz vor Ort für Betrieb, Wartung und Sicherheit benötigt.

  • Es gibt Möglichkeiten für eine nahtlose Koppelung mit Wind-, Solar- und Wasserkraftanlagen, inklusive Netzbildungs- oder Netzfolgemöglichkeiten.

  • Er kann innerhalb von Millisekunden sofortige Lastfolge und Lastabwurf realisieren.

  • Er kann Prozesswärme für Fernwärme oder für industrielle Anwendungen liefern.

  • Er stellt flexible Energie mit der Möglichkeit bereit, die Leistung zu erhöhen oder zu verringern.

Weiterentwickelte Wärmerohr-Technologie

Westinghouse hat die verwendete Wärmerohrtechnologie und die Herstellungsprozesse durch Design, Analysewerkzeuge und Testmöglichkeiten weiterentwickelt. Erst kürzlich ist es gelungen, das erste Zwölf-Fuß-Wärmerohr (circa 3,7 m) in nuklearer Qualität herzustellen. Das ermöglicht eine stark vereinfachte Konstruktion und macht zahlreiche Komponenten überflüssig, die in aktiven Systemen benötigt werden.

Ebenso soll die Zuverlässigkeit deutlich steigen, während Fehlermöglichkeiten sinken. Hohe Systemdrücke und Unfälle mit Kühlmittelverlusten werden komplett eliminiert, ebenso wie strömungsinduzierte Korrosion und Vibrationen, wie sie für Systeme mit Zwangsdurchströmung typisch sind. Prototypische Lebensdauertests lassen sich bei Betriebstemperaturen durchführen.

Vorteile für die Umwelt

Auch für die Umwelt soll eVinci einige Vorzüge mit sich bringen, darunter:

  • vollständig emissionsfreien Grundlaststrom für mehr als acht Jahre

  • oberirdische Bauweise ohne Wasser für Kühlung oder Betrieb

  • Rückgabe des verbrauchten Brennstoffs an den Hersteller oder an das DGR-Langzeitlager

  • Einsparpotenziale von bis zu 55.000 t CO2 im Jahr

Passive Sicherheit

Westinghouse hat den neuen Mikroreaktor mit verschiedenen und redundanten Sicherheitsmerkmalen ausgestattet. Diese reichen vom störfalltoleranten Brennstoff bis zur passiven Wärmeabfuhr. Außerdem nennt das Unternehmen:

  • Wärmerohre: passive Wärmetransportvorrichtungen, die den Einsatz von Reaktorkühlmitteln und den damit verbundenen Systemen und Kühlwasser überflüssig machen. Sie sind selbstregulierend und basieren auf bewährter Technologie.

  • Triso-Brennstoff: Der zu 19,75 Prozent angereicherte Brennstoff ist strukturell widerstandsfähiger gegen Neutronenbestrahlung, Korrosion, Oxidation und hohe Temperaturen als herkömmliche Reaktorbrennstoffe

  • Abschaltstäbe: Sie werden während des Transports eingesetzt und bieten Abschaltfunktionen für die Tiefenverteidigung.

  • Kontrolltrommeln: Passen die Reaktivität an und gewährleisten einen sicheren Betrieb. Wenn der Reaktor abgeschaltet wird, drehen sich die Steuertrommeln passiv in die Aus-Position oder den Abschaltzustand.

  • PHS (Passive Heat Removal System): Ableitung der Zerfallswärme durch natürliche Konvektion und Strahlungswärmeübertragung. Der Kern gibt die Wärme an den Behälter ab, wodurch eine Wärmeabfuhr durch Konvektion an die Atmosphäre gewährleistet wird, ohne dass ein Bediener eingreifen muss.

  • Fernüberwachung: Das Instrumentierungs- und Steuerungssystem verwendet die ALS-v2-Plattform, ein von Westinghouse entwickeltes und getestetes System.

Anwendungsfelder

Der Mikroreaktor kann vergrößert und verkleinert werden, wenn der industrielle Betrieb wächst oder das Ende seiner Lebensdauer erreicht. Aufgrund seiner Transportfähigkeit kann er auch an entlegene Orte geliefert werden, etwa Gemeinden am Rand des Netzes. Weitere Applikationen umfassen:

  • Bergbaubetrieb

  • industrielle Prozesswärme

  • Fernwärme

  • Wasserstofferzeugung

  • Forschungsreaktoren

  • Kritische Infrastruktur

  • strategische militärische Einrichtungen

Eigenes eVinci-Technologiezentrum

Westinghouse hat dem eVinci-Reaktor in Etna, Pennsylvania, ein eigenständiges Technologiezentrum eingerichtet. Der Accelerator Hub wird alle eVinci-Mitarbeiter unter einem Dach vereinen und genügend Platz für die gesamte Produktion bieten. Bei Bedarf ist es auch möglich, eine größere Produktion an dem Standort aufzubauen. Der Hub soll als Schlüsselanlage für die Herstellung aller Wärmerohre für die nukleare Demonstrationsanlage sowie für künftige kommerzielle Anlagen fungieren.

Bildergalerie

  • Aufbau des eVinci-Mikroreaktors

    Aufbau des eVinci-Mikroreaktors

    Bild: Westinghouse

  • Koppelung des eVinci-Mikroreaktors mit verschiedenen Technologien

    Koppelung des eVinci-Mikroreaktors mit verschiedenen Technologien

    Bild: Westinghouse

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