Gehäuse- & Kühltechnik Es kommt auf die Verpackung an

Heitec AG



12.02.2013

Die meisten Entwickler konzentieren sich auf ihr Elektronik-Design und lassen dabei das Gehäuse oft außen vor. Roland Chochoiek, Geschäftsgebietsleiter Elektronik bei Heitec, erläutert, wie und warum man Gehäuse sinnvoll in das Gesamtdesign integriert.

Sponsored Content

Das Gehäuse spielt eigentlich keine Rolle - Hauptsache, die Elektronik ist irgendwo drin.

Falsch. Gehäuse und Elektronik sind voneinander abhängig und ergänzen sich, das heißt die Gesamtanforderung an das System (Ort, Umgebung, Belüftungskonzept, Belastung etc.) ist von Bedeutung und bereits bei der Konzeptionierung zu berücksichtigen. Das Gesamtsystem aus Elektronik und Gehäuse muss gemeinschaftlich die Anforderungen der Zielapplikation erfüllen. Eine wichtige Rolle spielt das Gehäuse unter anderem bei der Sicherstellung der elektromagnetischen Verträglichkeit.Außerdem ist der mechanische Schutz der Baugruppen vom Gehäuse zu gewährleisten, worunter zum Beispiel IPxx-Schutz, Schock-Schwingbeanspruchungbei mobilen Anwendungen zum Beispiel Bahn, sowie im Extremfall auch Erdbebenfestigkeit fallen. Ebenso wichtig ist bei immer höherer Packungsdichte und Verlustleistungen in der Elektronik das notwendige Wärmemanagement, welches im Wesentlichen durch das Gehäuse bestimmt wird.

Spezialgehäuse sind nicht bezahlbar, sie lohnen sich nur bei hohen Stückzahlen.

Falsch.Wie bereits erwähnt, muss das Gehäuse in der Elektronik meist vielfältige Aufgaben erfüllen. Dies führt dazu, dass ein kostenbewusst entwickeltes Sondergehäuse, welches alle notwendigen Anforderungen erfüllt, oft günstiger ist als ein Standardgehäuse, das unter Umständen nachträglich aufwändig an die nötigen Erfordernisse angepasst werden muss oder über die Ansprüche der Zielapplikation hinausgeht. Spezialgehäuse sind durchaus auch bei kleineren bis mittleren Stückzahlen wirtschaftlich fertigbar. Bei Betrachtung der Gesamtkosten und einer geschickten Verteilung der Funktionen zwischen Gehäuse und Elektronik können mit einem Spezialgehäuse außerdem unter Umständen Mehrkosten in der Elektronikentwicklung eingespart werden. Ein sehr guter Kompromiss ist oft das Zurückgreifen auf ein breit gefächertes Baukastensystem aus lagernden Standardkomponenten, auf deren Basis individuelle Gehäuselösungen kostengünstig und schnell realisiert werden.

Gehäuse sind ein Teil der Baugruppe und müssen von Anfang an mit eingeplant werden.

Richtig.Gehäuse sind ein Teil der Systemlösung. Insofern ist es sehr sinnvoll, sie bereits früh im Entwicklungszyklus mit zu planen bzw. zu entwickeln. Für Standardbaugruppen wie etwa für VME- oder CompactPCI-Anwendungen kann man oft auf vorhandene Standardgehäuse zurückgreifen. Für Baugruppen mit Sonderabmessungen oder mit besonderen Anforderungen in Bezug auf Kühlung, EMV-Schutz oder ähnlichem ist es ratsam, Baugruppe und Gehäuse parallel in gemeinsamer Abstimmung zu entwickeln. Hierdurch lassen sich Entwicklungszeiten verkürzen und sowohl Entwicklungs- als auch Fertigungskosten niedrig halten.

Wenn man die EMV-Richtlinien bei der Entwicklung der Baugruppe berücksichtigt, passt das auch für das Gehäuse.

Falsch.Das Eine geht nicht ohne das Andere. Auch bei der Einhaltung von EMV-Grenzwerten (Abstrahlung und Einstrahlung) müssen Elektronik und Gehäuse sinnvoll einander unterstützen. Ein sehr schlecht entwickeltes Board wird nur mit hohem Schirmungsaufwand des Gehäuses „dicht gemacht“ werden können. Ein sehr durchlässiges Gehäuse wird es selbst einem gut designten Board schwer machen, den EMV-Systemtest zu bestehen.So muss zum einen das Baugruppen-Layout und die Wahl der Komponenten, Schnittstellen und Stecker den EMV- Anforderungen genügen, wie auch die Anbindung des Gehäuses an die Baugruppe und die „Dichtung“ der Gehäuse-Außenwände und Frontplatten.

Für jedes Gehäuse muss ein der Baugruppe entsprechendes Lüftungskonzept entwickelt werden.

Richtig.Die richtige Auslegung des Lüftungskonzeptes ist von vielen Faktoren abhängig und beeinflusst entscheidend die Zuverlässigkeit, Lebensdauer und nicht zuletzt auch die Kosten des Gesamtsystems mit. Deshalb ist es wichtig, mit Bedacht das richtige Konzept auszuwählen, welches optimal auf die Erfordernisse ausgelegt ist. Hierbei müssen Faktoren wie Umwelt- und Umgebungsbedingungen der Zielanwendung, Verlustleistung der Baugruppe, eventuell erforderliche Redundanzkonzepte, MTBF-Berechnungen bis hin zu Airflow- und Hot-Spot-Analysen mit betrachtet werden. Auch hier gilt, dass Anwendungen mit typischen Anforderungen, die auf standardisierten Baugruppenformaten basieren (z. B. VME, CompactPCI, MicroTCA), unter Umständen schnell und einfach mit Standard-Systemgehäusen oder zumindest -Komponenten realisiert werden können. Je spezieller die Anforderung (und je extremer die abzudeckenden Spezifikationsbereiche), desto höher wird die Wahrscheinlichkeit, zumindest einen Teil des Gehäuses individuell ausprägen zu müssen.

Umgebungseinflüsse am Aufstellort sind ein wichtiges Kriterium für die Auswahl des Gehäuses.

Richtig.Wie bereits erwähnt, beeinflussen die Umgebungsbedingungen entscheidend die Auslegung des Lüftungskonzeptes. Faktoren wie minimale und maximale Temperatur oder Sonneneinstrahlung bei Outdoor-Anwendungen sind hier hervorzuheben. Weiterhin spielen Schock-Schwingbeanspruchungen bei industriellen oder mobilen Einsatzorten sowie Erdbebenfestigkeit bei Einsatz in gefährdeten Regionen eine große Rolle.

Normen und Spezifikationen gelten nur für die Baugruppe, nicht für das Gehäuse.

Falsch.Je nach Einsatzgebiet ist auch das Gehäusedesign durch verschiedene Normen bestimmt. Im Bereich der 19-Zoll-Bauweise ist es zum Beispiel die IEC60297, weiterhin sind für metrische Aufbauweisen die IEC60917 sowie ETS300119 zu berücksichtigen. Darüber hinaus gibt es auch diverse internationale Standards für bestimmte Marktsegmente wie zum Beispiel ATCA (für Telekommunikationsanwendungen) oder µTCA, die in PICMG-Standards (PICMG 3.x ) beschrieben werden.In der Regel werden Geräte in ihrer kompletten Funktion geprüft. Das heißt, das Gehäuse, bestückt mit den notwendigen Baugruppen, muss als Gesamtsystem allen Anforderungen gerecht werden. Somit ist auch das Gehäuse gemäß diverser, weiterführender Normen und Industriestandards auszulegen (z. B: GR-63; IEC60950; IEC61587). Auch aus diesem Grund empfiehlt es sich, schon in einer frühen Phase des Systemdesigns mit einem kompetenten Partner zusammenzuarbeiten, der Kompetenz sowohl im Baugruppendesign, als auch in der Konstruktion, Entwicklung und Fertigung von Gehäusen hat.

Firmen zu diesem Artikel
Verwandte Artikel