Prozessautomation Feuer und Gas zentral überwacht

22.05.2013

Was auch immer in einer Raffinerie passiert: Bei der Sicherheit dürfen keine Abstriche gemacht werden. Die Steuerung von Brandschutz und Gassicherheit wird deshalb schnell zur komplexen Herausforderung. Dass es trotzdem integriert und Gewerke-übergreifend geht, zeigt das Beispiel einer Raffinerie, die mit einem Brandschutz- und Gassicherheitssystem ausgerüstet wurde. Dank seiner Remote-Fähigkeit ist es sogar vom Bürotrakt aus bedienbar.

Produktion und Administration sollen miteinander reden - diesen Anspruch hat wohl jeder Betriebsleiter. Aber sprechen beide Gewerke auch dieselbe Sprache, wenn es um den Brandschutz geht? Hier ist die Frage schwieriger zu beantworten. Schließlich gehen die Anforderungen oft weit auseinander - besonders bei sensiblen Umgebungen wie in der Raffinerie. Dennoch konnte Safco Engineering ein integriertes System für Brandschutz und Gassicherheit für ein führendes Öl- und Gasunternehmen entwickeln und installieren. Die Lösung des Systemintegrators überwacht sämtliche Anlagenteile einer großen Raffinerie im Nahen Osten und basiert auf einer einheitlichen Plattform. Eine Besonderheit des Projekts ist die Nutzung ein und derselben Architektur für die Raffinerie selbst als auch für die Bürogebäude - damit gehört die Anlage in dieser Hinsicht weltweit zu den Vorreitern. Für die Umsetzung wird die Prozessautomatisierungslösung PlantPAx von Rockwell Automation zusammen mit dem Intelligent Fire Panel von Safco verwendet. Üblicherweise sind das Werk und die Bürogebäude in Anlagen dieser Art mit separaten Brandschutz- und Gassicherheitssystemen ausgestattet. Den individuellen Anforderungen beider Bereiche wird derzeit mit ausgereiften Technologien Rechnung getragen, die auf der ganzen Welt im Einsatz sind. Sie beruhen aber häufig auf völlig unterschiedlichen Protokollen und Netzwerken.

Synchronisierung mit dem PLS

Die Herausforderung für Safco bestand in der Entwicklung einer integrierten Lösung, die auf einem einheitlichen Netzwerk basiert und mit einem gemeinsamen Protokoll arbeitet. Hierdurch fallen sonst übliche Kommunikationsprobleme weg. Neben netzwerk- und plattformspezifischen Überlegungen dieser Art mussten zudem die unterschiedlichen gesetzlichen Vorschriften für beide Bereiche berücksichtigt werden. Über diese vorrangigen Anforderungen hinaus sollte die Lösung eine ganze Reihe zusätzlicher Funktionen bieten, von denen viele in der Öl- und Gasindustrie üblich sind. So benötigte die Raffinerie redundante Hot-Backup-Steuerungen, die über ein redundantes Faseroptik-Ringnetzwerk kommunizieren. Sie erforderte ferner ein redundantes OLE for Process Control Data Access (OPC DA) zur Anbindung an das Prozessleitsystem (Distributed Control System - DCS) sowie ein OLE for Process Control Alarm & Events (OPC AE) zum Anschluss an das Alarmmanagement-System des Werks. Dabei wurde das Simple Network Time Protocol (SNTP) genutzt, um die zeitliche Synchronisation zwischen dem Brandschutz- und dem Gassicherheitssystem sowie dem Prozessleitsystem zu gewährleisten. Ebenso war die Möglichkeit zum Austausch einzelner Komponenten bei laufendem Betrieb gefordert. Der innovative Aspekt der von Safco entwickelten Lösung bestand darin, dass PlantPAx nicht nur für die Brandschutz- und Sicherheitsanforderungen der Raffinerie eingesetzt wurde, sondern auch, um die adressierbaren Geräte im Bürotrakt im Brandfall zu steuern und mit ihnen zu kommunizieren. Dazu erklärt Gianbattista Zago, Sales and Business Development Director bei Safco: „Die Lösung wurde in drei logische Ebenen untergliedert. Dies geschah mithilfe von Subnetzwerken, die miteinander verbunden ein globales Netzwerk ergeben.“ Jede Ebene besteht aus miteinander verbunden Geräten aus der PlantPAx-Lösung von Rockwell Automation. Auf der untersten Ebene ist für den Gebäudeschutz eine lokale Brandmelde- und Gaszentrale installiert, die mit einer HMI ausgestattet ist. Auf der mittleren Ebene wird eine weitere Brandmelde- und Gaszentrale für den Schutz der Gebäude und des Prozessbereichs verwendet. Außerdem nutzt die mittlere Ebene einen Server zur Datenerfassung und zur Anbindung an das Prozessleitsystem sowie an die obere Ebene. Diese obere Ebene schließlich umfasst den Haupt-Server für die Datenerfassung, die Disaster-Recovery-Funktionen sowie die Domain-Control-Funktionen des Netzwerks. Das gesamte Netzwerk verwendet EtherNet/IP und ControlNet (mit entsprechenden Switches) zur Verbindung der HMIs und der PlantPAx-Scada-Lösung. „Die Lösung ist unseres Erachtens auf dem Markt einzigartig“, erklärt Zago. „Obwohl es im Normalfall sehr viele Produktfamilien gibt, haben wir es hier mit nur einer Familie zu tun. Die üblicherweise für die Prozesssteuerung verwendeten programmierbaren Automatisierungssteuerungen werden hier auch zum Schutz der Gebäude herangezogen. Dieser Weg wurde auf dem Markt bisher kaum beschritten, weil diese Steuerungen im Regelfall keine Verbindung zu den Brandmeldesystemen haben.” Die Raffinerie wird hiervon auf verschiedene Weise profitieren. So muss das Personal nicht mehr wie zuvor mehrere Programme oder Softwareprodukte einsetzen, um Modifikationen vorzunehmen. Stattdessen wird RSLogix5000 für alle programmierbaren Automatisierungssteuerungen und adressierbaren Geräte verwendet, was zu einer deutlichen Effizienzsteigerung führt. Dazu Zago: „Früher benötigte man mindestens zwei Softwareprogramme, eines für die programmierbaren Automatisierungssteuerungen und eines für das Brandmeldesystem. Jetzt ist auch die Mensch-Maschine-Schnittstelle für alle Systeme identisch. Anstatt separate Displays für die Steuerungen und die Brandmeldezentrale zu verwenden, kommt einheitlich FactoryTalk View zum Einsatz.“

Steuerung auch per Remote-Zugang

Der größte Vorteil aber ist, dass die Lösung auf einem einheitlichen System läuft. Jeder Anwender hat unabhängig von seinem jeweiligen Standort Zugriff auf das gesamte System. Sein Passwort entscheidet über den Umfang der Zugriffs und Eingriffsrechte. Da das PanelView-HMI-Display auch via Internet zugänglich ist, erhalten Benutzer sogar von außen Zugriff. Damit wurde eine der Hauptforderungen des Kunden - die Anlage von überall aus steuern zu können - erfüllt. „Wir unterhalten beste Geschäftsbeziehungen zu Rockwell Automation in Italien“, bemerkt Zago abschließend. „Schon zu Anfang hatten wir die Idee, ein integriertes System zu entwickeln, und entschlossen uns zur Zusammenarbeit mit Rockwell Automation. Wie sich zeigte, war das Unternehmen höchst flexibel und sehr darauf bedacht, uns zu helfen.“ Die Beziehung zueinander haben sich seitdem verstärkt, ergänzt er. Der Automatisierungsspezialist ist deshalb inzwischen in zahlreichen weiteren Projekten eingebunden. „Wir profitieren dabei von der Unterstützung eines fachkundigen Ingenieurs vor Ort, der Verständnis für unsere Probleme und ungewöhnlichen Fragestellungen hat.“

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