Verfahrenstechnik Hohe Reaktivität bei niedrigen Temperaturen

19.07.2012

Bei der Verbrennung schwefelhaltiger organischer Stoffe entstehen umwelt- und gesundheitsschädliche Schwefeloxide. Diese Verbindungen müssen dem Rauchgas mit einem geeigneten Verfahren entzogen werden. Durch das Halbtrockenverfahren mit Hilfe von Mischreaktoren lässt sich der Adsorptionsgrad bei der Rauchgasentschwefelung in Verbrennungsanlagen optimieren.

Überall wo schwefelhaltiges organisches Material verbrannt wird, entstehen Abgase mit umweltschädlichen Schwefelverbindungen wie SO 2und SO 3. In Kohlekraftwerken, bei der Müllverbrennung und bei der Roheisenherstellung in Stahlwerken fallen Schwefeloxide an, die vorschriftsmäßig aus dem Rauchgas entfernt werden müssen. Bei allen Verfahrensweisen geschieht das durch die Zugabe eines Sorptionsmittels wie Calciumhydroxid, Natriumsulfit, Ammoniak, Kalk oder Kalksteinmehl.

Direktentschwefelung und Nassverfahren entziehen nur wenig Schwefel

Konventionell funktioniert die Rauchgasentschwefelung entweder über die Direktentschwefelung oder durch das Nassverfahren. Bei der Direktentschwefelung - auch Additiv-Verfahren genannt - wird trockener Kalk bzw. Kalksteinmehl in die Brennkammer eingebracht, um dort die Schwefelverbindungen zu adsorbieren. Das fein gemahlene Additiv entzieht dem Rauchgas die Schwefeloxide und bindet sie durch Adsorption an seiner großen Oberfläche. Die Zugabe kann an verschiedenen Punkten des Prozesses erfolgen: Entweder es wird dem Brennstoff bereits vor der Verbrennung beigemengt, bei der Verbrennung direkt in den Kessel eingeblasen, oder dem Abgasstrom zugegeben. Bei der Direktentschwefelung können dem Rauchgas dadurch maximal 60 Prozent der Schwefelverbindungen entzogen werden. Beim Nassverfahren ist das Adsorptionsmittel - ebenfalls Kalk oder Kalksteinmehl - in einer wässrigen Lösung enthalten, die das Rauchgasgemisch zusätzlich abkühlt. Das ungereinigte Rauchgas wird mit der Suspensionslösung besprüht. Es entsteht eine kalziumsulfithaltige Waschlösung, die anschließend mit Sauerstoff aufoxidiert wird. Mit dem aufwendigeren Nassverfahren können dem Rauchgas so bis zu 95 Prozent des Schwefeldioxids entzogen werden. Beim typischen Verfahrensablauf gelangt das Rauchgas aus dem Verbrennungsofen zunächst in den Verdampfungskühler. Hier senkt eingedüstes, zerstäubtes Wasser die Temperatur und erhöht gleichzeitig die Feuchtigkeit des Rauchgases. Erst jetzt wird auch das im Mischreaktor befeuchtete Sorptionsmaterial eingedüst. Im nächsten Schritt entzieht ein Schlauchfilter dem Rauchgas das Sorptionsmittel mit den auf der Oberfläche gebundenen Schwefelverbindungen. Bei niedrigen oder stark schwankenden Rauchgastemperaturen muss die Wasserzugabe gedrosselt bzw. angepasst werden, um eine hohe Reaktivität aufrecht zu erhalten. Durch die Befeuchtung des Sorptionsmittels kann der Verdampfungskühler hier kleiner ausfallen oder sogar ganz eingespart werden. Bei entsprechend niedrigen Rauchgastemperaturen kann durch die Befeuchtung des Sorptionsmittels der Verdampfungskühler verkleinert oder sogar eingespart werden. Im Lödige-Mischreaktor wird das Wasser gleichmäßig auf eine große Menge Gemisch aus Kalk und Rezikalk verteilt. Es entsteht ein gleichmäßiger Wasserfilm auf allen Partikeln und somit auf der gesamten Adsorptionsfläche. Durch die hohe Temperatur des Rauchgases verdampft das Wasser sofort. In der Umgebung der Sorptionspartikel entsteht durch den Wasserdampf ein hochreaktives „Ambiente“ und SO x-Verbindungen werden besser adsorbiert. So steht permanent Adsorptionsmittel in hochreaktiver Umgebung mit größtmöglicher Reaktionsfläche zur Verfügung. Auch bei großen Durchsatzmengen ermöglicht der Lödige-Mischreaktor eine geringe Verweilzeit und eine optimale Abstimmung von Wasser und Sorptionsmittelmengen. Temperaturschwankungen im Rauchgas können ebenfalls berücksichtigt und somit ausgeglichen werden. Die Aufbereitung des Sorptionsmittels erfolgt im Online-Verfahren: Zur Reaktion mit dem einströmenden schwefelhaltigen Rauchgas steht so laufend neues und reaktives Adsorptionsmittel zur Verfügung. Gegenüber der Direktentschwefelung und dem Nassverfahren bietet das Halbtrockenverfahren mehrere Vorteile: Verdampfungskühler können bei der Planung neuer Anlagen deutlich kleiner ausfallen oder sogar ganz eingespart werden. Das Sorptionsmittel wird wie bei der Direktentschwefelung mit maximaler Reaktionsoberfläche in den Reaktor eingebracht. Ein Wasserfilm kühlt durch Verdampfen das Rauchgas ab und schafft gleichzeitig eine hochreaktive Atmosphäre in der Umgebung des fein gemahlenen Sorptionsmittels. Die Aufbereitung des Sorptionsmittels im Online-Verfahren kann eine kostengünstige hohe Verfügbarkeit dauerhaft gewährleisten.

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