Dr. Christine Schweder, Labom Hygienic Design im Anlagenbau

Nach einem Chemiestudium an der Uni Hannover und einer Promotion im Bereich Biotechnologie war Dr. Christine Schweder in der Forschung an einem Max-Planck-Institut und anschließend im Anlagenbau tätig. Seit zehn Jahren ist Frau Schweder bei der Firma Labom Mess- und Regeltechnik als Gruppenleitung Regulierung auch für Produkte im Hygienic Design zuständig.

Bild: Labom
23.10.2024

Gestiegene Anforderungen an Hygiene, stärkere Aromastoffe und hochpotente Pharmawirkstoffe machen Hygienic Design im Anlagenbau immer wichtiger. Welche entscheidenden Kriterien müssen erfüllt werden und welche regulatorischen Vorgaben gibt es? Hygienic Design ist in allen Branchen, von der Lebensmittel- bis zur Pharmaindustrie, unerlässlich. Kann Künstliche Intelligenz zukünftig auch in diesem Bereich unterstützen?

Hygienic Design ist ein zentraler Aspekt im Anlagenbau, insbesondere in Branchen, in denen Hygiene und Reinheit von entscheidender Bedeutung sind. Dies betrifft vor allem die Lebensmittel- und Getränkeproduktion, die Tierfutterherstellung, die pharmazeutische Industrie, die Biotechnologie und die Feinchemie, wo extrem hohe Hygienestandards erforderlich sind, um die Sicherheit der Endprodukte zu gewährleisten.

In der Lebensmittel- und Getränkeindustrie sind die Anforderungen besonders hoch. Um Gesundheitsrisiken zu vermeiden, müssen Lebensmittel nachweislich keimfrei und sauber sein. Angesichts steigender Verbraucheransprüche und strengerer Vorschriften wurden in diesen Bereichen strengere Standards eingeführt. Auch die Standards für Futtermittel haben sich in den letzten Jahrzehnten erheblich erhöht und sind nun fast auf dem Niveau der Lebensmittel für den Menschen. Dies ist entscheidend, da das Futter die Gesundheit und das Wohlbefinden von Haus- und Nutztieren direkt beeinflusst.

Die Anforderungen in der pharmazeutischen Industrie sind noch strenger. Da Arzneimittel oral eingenommen, injiziert oder auf andere Weise verabreicht werden, muss die Keimzahl auf ein Minimum reduziert werden. Dies erfordert oft umfassendere Hygienemaßnahmen als bei Lebensmitteln. In der Biotechnologie, wo mit lebenden Mikroorganismen gearbeitet wird, sind besondere Hygienemaßnahmen erforderlich, um Kontaminationen durch unerwünschte Mikroben zu verhindern.

All diese Beispiele erfordern ein spezielles Anlagendesign. Wichtige Maßnahmen umfassen die Vermeidung von Totzonen, also Bereichen, in denen sich Produktreste oder Reinigungsmittel ansammeln können. Solche Bereiche befinden sich häufig in Ecken, spitzen Winkeln oder an schwer zugänglichen Stellen. Daher sollten Rohrleitungen keine spitzen Winkel aufweisen und stattdessen glatte Übergänge und flache Winkel aufweisen. Frontbündige Anschlüsse und spezielle Dichtungen verhindern, dass sich Rückstände hinter den Dichtungen ansammeln können.

Die Oberflächenbeschaffenheit ist ebenfalls wichtig. Ideal sind glatte Oberflächen ohne Risse und Vertiefungen, mit einer empfohlenen Rauheit von maximal 0,8 µm. Elektropolierte Oberflächen bieten zusätzliche Vorteile, da sie weniger Schmutz und Bakterien anhaften lassen, obwohl ihre durchschnittliche Rauheit nur geringfügig verbessert wird.

Für die Anlagenreinigung stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung. Die Clean-in-Place (CIP)-Reinigung ermöglicht es, die Anlage vor Ort zu reinigen, ohne sie demontieren zu müssen, indem die gesamte Anlage gespült wird. Bei der Sterilisa­tion-in-Place (SIP) wird die Anlage mit heißem Dampf behandelt, um Keime abzutöten. Kleinere Anlagen können in einem Autoklaven sterilisiert werden, wobei sie sowohl innen als auch außen gereinigt werden. Alle Komponenten der Anlage, einschließlich Sensoren und Messgeräte, müssen jedoch für die hohen Temperaturen und den Dampf geeignet sein.

Ein neuerer Trend ist die Anwendung von Künstlicher Intelligenz (KI) zur Unterstützung des Hygienic Designs. Mit fortschrittlichen Simulationstechniken, wie der Finite-Elemente-Methode, können potenzielle Schwachstellen in der Strömung oder der Reinigungswirkung einer Anlage bereits vor dem Bau identifiziert werden. Dies könnte in Zukunft dazu beitragen, das Design weiter zu optimieren und die Einhaltung der Hygienestandards zu gewährleisten.

Insgesamt zeigt sich, dass Hygienic Design ein komplexes und vielschichtiges Thema ist, das sorgfältige Planung und die Berücksichtigung neuester technischer und regulatorischer Anforderungen erfordert, um die Qualität und Sicherheit für den Verbraucher zu gewährleisten – sei es bei Medikamenten, Tierfutter oder Joghurt.

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