Messtechnik Indizienprozess für Störer in HF-Umgebungen


Blockschaltbild eines typischen Signalanalysators.

18.10.2012

Das Lösen von Interferenzproblemen in komplexen HF-Umgebungen ist schwierig. Mit der lückenlosen Aufzeichnung lassen sich jedoch Messdaten kontinuierlich über große Zeiträume erfassen und alle interessierenden HF-Ereignisse sicher registrieren. Ein für die lückenlose Erfassung modifiziertes Breitband-Aufzeichnungssystem, speziell eines mit zwei Kanälen, kann Interferenzen in HF-Umgebungen sehr effizient charakterisieren. Das Nutzen des Systems im Rahmen eines strukturierten Prozesses hilft dabei, Störereignisse schnell und sicher zu finden und zu analysieren.

Störsignale sind ein allgegenwärtiges Problem drahtloser elektronischer Systeme - von der kommerziellen Nachrichtenübertragung bis hin zur Radar- und Wehrtechnik. Ihre Unberechenbarkeit erschwert die messtechnische Erfassung; als intermittierende Fehler stellen sie zusätzlich hohe Ansprüche an die Messdatenverarbeitung in typischen Signalanalysatoren. Wenn die grundlegende Ursache eines Problems nicht bekannt ist, kann es auch schwierig sein, eine Messung aufzubauen, die den Fehler sicher findet.

Das Erfassen, Identifizieren und Analysieren von Störsignalen in einem dicht belegten Spektrum (vorab geplant oder als Reaktion auf ein Fehlerereignis) nimmt in vielen Anwendungen an Bedeutung zu. Eine HF-Aufzeichnungstechnik, die sich gerade bei solchen Aufgaben als nützlich erweisen kann, ist die lückenlose Signalaufzeichnung. Damit lassen sich Messdaten über große Zeiträume beobachten und alle auftretenden HF-Ereignisse sicher erfassen.

Interner Speicher als Limit

Zur Charakterisierung der Systeminterferenzen kam bislang üblicherweise ein Signalanalysator mit langer Aufzeichnungsdauer zum Einsatz. An seine Grenzen stößt dieses Verfahren der Langzeitaufzeichnung durch die verfügbare interne Speicherkapazität. Die interessierenden HF-Signale gelangen über den HF-Eingang des Analysators in das Gerät, werden in den darauf folgenden Stufen bearbeitet und ergeben schließlich den am Display dargestellten Kurvenzug. Der Analysator verarbeitet alle Signale innerhalb seiner Erfassungsbandbreite in Echtzeit. Sobald jedoch die Messdaten den Pufferspeicher (RAM) gefüllt haben, kann sich das Gerät nicht mehr mit den hereinströmenden digitalen Samples beschäftigen, sondern muss bereits vorher gespeicherte Messdaten verarbeiten.

Während der Signalanalysator diese bereits gespeicherten Daten verarbeitet, kann er keine neuen Daten erfassen und verursacht damit eine Signalerfassungslücke. Findet ein Ereignis in dieser Lücke statt, oder dauert das neue Ereignis länger als der verfügbare Speicher fassen kann, dann kann dieses Ereignis verpasst werden. Darüber hinaus akzeptiert die Trigger-einstellung des Analysators nur Signale, die einem begrenzten Satz von Bedingungen erfüllen. Kann der Analysator das Ereignis nicht erfassen, ist es für immer verloren.

Eine lückenlose Alternative

Das Beseitigen von Interferenzen in komplexen HF-Umgebungen kann sehr aufwändig sein. Die lückenlose Aufzeichnung von Datenströmen bietet einen gangbaren Lösungsweg für die Messprobleme typischer Signalanalysatoren. Durch die kontinuierliche Datenerfassung über lange Zeiträume ist es belanglos, wann ein Störsignal-Ereignis auftritt und wie lange es dauert. Da es keine Lücke in den aufgezeichneten Daten gibt, lässt sich das interessierende Ereignis, etwa ein intermittierendes HF-Signal, leicht festhalten. Ein Beispiel für einen zur lückenlosen Datenaufzeichnung erweiterten Signalanalysator zeigt Abbildung 2. Es ist der gleiche Signalanalysator wie in Abbildung 1, jetzt allerdings mit einer schnellen Datenverbindung (einem Datenbus) nach dem Speicher. Der Bus transportiert die erfassten Daten unverzüglich vom Erfassungsspeicher zu einem schnellen, zirkular arbeitenden RAM-Pufferspeicher und von dort weiter zu einem Massenspeicher. Das Umgehen der Funktionsblöcke Messdatenverarbeitung und Displayauffrischung ermöglicht breitbandige Aufzeichnungen ohne Lücken. Der RAM-Pufferspeicher lässt sich gleichzeitig beschreiben und auslesen. Bei langen Messungen mit hoher Bandbreite empfiehlt sich ein ausfallsicheres Plattenspeicher-Array in RAID-Konfiguration als Massenspeicher.

Eine Lösung zur breitbandigen Datenaufzeichnung ist der Zweikanal-PXI-Vektor-Signalanalysator M9392A von Agilent Technologies. Er bietet zwei unabhängig steuerbare Kanäle, von denen jeder Daten bei 100 MHz Bandbreite über viele Stunden aufzeichnen kann.

Langstrecke oder Sprint

Die breitbandige Signalaufzeichnung hat sich als Charakterisierungsmethode für Langzeit-Interferenzstudien in HF-Umgebungen bewährt. Es gibt aber auch leistungsfähige Werkzeuge, die das zeitaufwändige Suchen nach Störsignalen in langen Datenströmen abkürzen können.

So verschafft beispielsweise die Agilent 89600VSA (Vektor-Signalanalysator-Software) gemeinsam mit dem M9392A nützliche Einblicke in die Charakteristik des Störsignals und dessen Einfluss auf das Nutzsignal in ausgewählten Bereichen des lückenlos erfassten Datenstroms. Die Software vereinfacht und verkürzt die Suche nach den interessierenden Signalen und beschleunigt Analyse und Fehlerbehebung. Nützlich ist es, wenn die Aufzeichnungslösung auch Schlüsselfunktionen wie etwa das Setzen von Zeitmarken unterstützt. Zeitstempel ermöglichen das Abbilden der erfassten Daten in absoluten Zeiträumen, das Setzen von Triggern und die Pre-Trigger-Analyse. Die Pre-Trigger-Phase erschließt jene Signaldaten, die unmittelbar zu einem bestimmten Triggerereignis hinführen.

Ein weiteres wichtiges Leistungsmerkmal ist die Zweikanal-Aufzeichnung. In einem Einkanal-System kann es schwierig sein, nur auf das gewünschte Signal zu triggern. Um sicherzustellen, dass das gesuchte Ereignis auch wirklich erfasst ist, werden üblicherweise mehr Daten als unbedingt erforderlich aufgezeichnet. Diese überflüssigen Daten kosten Zeit und Bearbeitungsressourcen.

Ein Zweikanal-Aufzeichnungssystem wie das Modell M9392A reduziert die Wahrscheinlichkeit falscher Triggerung und erlaubt es, lediglich die unbedingt benötigten Daten aufzuzeichnen. Ein Kanal erfasst und triggert die Signale, der andere zeichnet auf. Solche frei definierbaren Trigger beschleunigen das Entdecken von Störsignalen in der HF-Umgebung und tragen zu einer effizienteren Lösung von Interferenzproblemen bei.

Ein strukturierter Prozess

Auch mit der lückenlosen Aufzeichnung bleibt das Lösen von HF-Interferenzproblemen so komplex, dass sich eine systematische Vorgehensweise lohnt. Ein solcher Prozess bein-haltet:

Schritt 1: Erfassen

In diesem Schritt werden Daten über lange Zeit aufgezeichnet, um das gesuchte Störereignis sicher zu registrieren. Die Langzeit-Aufzeichnung ist erforderlich, weil auch die Signale in einer HF-Umgebung oft lange anliegen. Hinzu kommt, dass sich HF-Umgebungen oft mit der Zeit verändern und typischerweise dicht belegte Spektren aufweisen. Darüber hinaus verursacht die stetig wachsende Band-breite moderner Kommunikationssignale ein breiteres Rauschspektrum sowie häufig Konflikte durch intermittierende, sehr schwache oder transiente Signale.

Schritt 2: Suchen

Nach dem Erfassen wird die Aufzeichnung im Labor wiedergegeben und, falls nötig, analysiert, um Informationen über die Ursache der Interferenz zu erhalten. Für die Suche nach Störereignissen in sehr langen Aufzeichnungen sind Werkzeuge, die den Datenstrom nach vielen unterschiedlichen Kriterien auswerten können, dringlich zu empfehlen. Die Suche liefert eine Liste von Signalen aus der Datenaufzeichnung, die diesen Kriterien entsprechen. Danach lassen sich diese Teile des Datenstroms isolieren und mit Hilfe einer Signalanalyse-Applikation eingehend untersuchen.

Schritt 3: Erneut erfassen

Aus dem besserem Verständnis des Problemfelds und der Art der Interferenz heraus können noch weitere spezifische Aufzeichnungen erforderlich sein. In diesem optionalen Schritt nutzt man das Wissen über den Störer, um zusätzliche Aufzeichnungen mit besserem Signal-Rausch-Verhältnis zu triggern. Diese Aufzeichnungen konzentrieren sich beispielsweise auf die spezifische Reaktion eines gestörten Signals auf ein bestimmtes Störereignis. Hier erweist sich ein Zweikanal-System als besonders nützlich, weil sich einer der Kanäle zum Triggern der Aufzeichnung konfigurieren lässt.

Schritt 4: Analysieren

Zum Schluss lassen sich die Auswirkungen des Störereignisses mit Hilfe der Analyse-Software darstellen.

Mit diesem Prozess lässt sich nicht nur die HF-Umgebung besser verstehen, sondern auch das Geschehen im Frequenzband über lange Zeiträume registrieren. Das Ergebnis sind Daten zur effizienten Aufzeichnung, Entdeckung und Analyse von Signalereignissen in komplexen HF-Umgebungen.

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