Prozessautomation & Messtechnik Kontinuierliche Überwachung

19.09.2013

Die neue Generation frei abstrahlender Radarmessgeräte für Füllstand setzt mit einzigartigen Auswertealgorithmen neue Maßstäbe in der Messwertzuverlässigkeit. Durch anwendungsspezifische Gerätevarianten wird in unterschiedlichen Branchen die nächste Stufe der Sicherheit und Wirtschaftlichkeit mit frei abstrahlendem Radar erreicht.

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Das 780-MW-Steinkohlekraftwerk in Bexbach ist zurzeit die leistungsstärkste Blockanlage an der Saar. Um den störungsfreien Betrieb eines Kraftwerks zu gewährleiten ist eine Erfassung von unterschiedlichen Prozessdaten erforderlich. Dies beginnt bei der Versorgung mit Brennstoffen und endet mit der Entsorgung der Verbrennungsrückstände. Diese Rückstände mit einem Füllstandgerät zu erfassen stellt hohe Anforderungen an die Messtechnik. Stark staubende und ansatzbildende Filterstäube beeinflussen durch die vorhandenen Applikationsbedingungen die eingesetzte Messtechnik. Kontinuierliche Messverfahren wie Ultraschall haben zwar den Vorteil der Selbstreinigung, aber auch den Nachteil einer hohen Staubempfindlichkeit und verlieren damit an Messwertzuverlässigkeit. Mechanische Lotsysteme, die seit vielen Jahren im Einsatz sind, generieren aufgrund ihrer Funktionsweise einen hohen Wartungsaufwand in der Anlage.

Anwendungssicherheit durch Mehrfach-Echoerkennung

Die kontinuierliche Messwerterfassung in einem 50 Meter hohen Lagersilo für Filterstäube im Kraftwerk wird mit einem frei abstrahlenden Radargerät Micropilot FMR57 mit integriertem Spülluftanschluss gelöst. Die Höhe des Silos war hier eine besondere Herausforderung an die Messtechnik. Vorteil dieser Technik ist die Unabhängigkeit von der vorhandenen starken Staubentwicklung und die Möglichkeit, eine Ansatzbildung durch Spülluft im Radargerät zu vermeiden. Grund dafür ist die stetig steigende Zuverlässigkeit des Radar-Technologieverfahrens zur Messung von Flüssigkeiten und Schüttgütern sowie die Unabhängigkeit gegenüber Einflüssen wie Druck, Temperatur, Dichte, Dk-Wert oder Staub. Ein weiterer Vorteil ergibt sich durch die berührungslose Messung des Füllstands. Dies verlängert die Wartungsintervalle in den Anlagen und senkt die Prozesskosten. Mit sieben unterschiedlichen Gerätevarianten für Flüssigkeiten und Schüttgütern wurden die Anwendungsgrenzen der abstrahlenden Radarmesstechnik neu definiert. Die selbst lernenden Softwarealgorithmen sind in der Lage, bis zu 20 Mikrowellenreflexionen gleichzeitig zu verfolgen und zu charakterisieren: Füllstandsignale, Störsignale, Dopplersignale.

Die Definition der Signalart wird durch eine Bewertung der unterschiedlichen Reflexionseigenschaften wie Reflexionshöhe, -position, -geschwindigkeit und Bewegungsrichtung ermittelt. Durch diese Auswertealgorithmen ist es erstmals möglich, Signalreflexionen auch unterhalb einer Störausblendung zuverlässig auszuwerten. Zusätzlich konnten durch Weiterentwicklung der Hochfrequenzmodule die Dynamikwerte der Signalreflexion nochmals um 10 dB gesteigert werden. Die Neuentwicklung der Mikrowelleneinkopplung erweitert das Anwendungsspektrum für Flüssigkeitsgeräte auf bis zu 450 °C und für Schüttgutgeräte auf bis zu 400°C Prozesstemperatur. Diese neuen, innovativen Software- und Hardwareentwicklungen erhöhen die Messwertzuverlässigkeit des Micropilot FMR5x erheblich und führen auch bei anspruchsvollen Prozessbedingungen zu einer hohen Anlagenverfügbarkeit.

Intelligentes Datenmanagement

Bei stetig wachsenden Sicherheitsanforderungen, erhöhter Nachweispflicht und dem Bedarf an hoher Anlagenverfügbarkeit gewinnt ein cleveres Datenmanagement für Feldgeräte an Bedeutung - besonders im Anlagenbetrieb überwachungsbedürftiger Anlagen (z. B. chemische/petrochemische Industrie). Folgende Anforderungen standen im Fokus: die Dokumentation der Messstelle im Rahmen der Nachweispflicht von Anlagen; die einfache, sichere Wartung und Reparatur durch Austausch von Komponenten ohne Neuparametrierung oder Abgleich; die Nachvollziehbarkeit von Anlagenzuständen und etwaigen Störeinflüssen; und die Nachvollziehbarkeit von Parametrieränderungen bei sicherheitsgerichteten Messstellen. Das HistoRom ist Hauptbestandteil im cleveren Datenmanagementkonzept der Zweileiter-Geräte. Es ermöglicht viele neue, für den sicheren Anlagenbetrieb wichtige Funktionen. Unverlierbar mit dem Transmittergehäuse verbunden, speichert es automatisch alle zum Messgerät gehörenden Daten und unterstützt optional die im Gerät integrierte Vierkanal-Linienschreiber-Funktion. Es speichert bis zu 100 (optional bis 1000) Messdaten. Die Datenübertragung erfolgt einfach mit Hilfe des einheitlichen Endress+Hauser-Bedientools „FieldCare“.Das Ereignis-Logbuch zeichnet alle wichtigen Prozess- und Geräteereignisse auf. Hierzu gehören das Aufstarten des Geräts, Zugriffe (zum Beispiel zur Änderung und Speicherung von Parametrierdaten), Prozess- oder Gerätefehler, Messbereichsüberschreitungen, Übertemperatur, Gerätesicherung über Zugangscode und vieles mehr. Alle aufgezeichneten Daten werden mit Zeitstempel über den integrierten Betriebsstundenzähler hinterlegt. Das ermöglicht maximale Transparenz und Nachvollziehbarkeit, auch zu den Historiedaten. Die Kategorisierung von Prozess- und Gerätefehlern nach NE 107 (Selbstüberwachung und Diagnose von Feldgeräten) ermöglicht eine zielgerichtete, schnelle Einleitung geeigneter Maßnahmen durch den Anlagenfahrer am Gerät oder über das Leitsystem. Davon profitiert der Anwender: Automatische Datensicherung ermöglicht den zeitsparenden Austausch von Elektroniken ohne Neuabgleich. Die Daten können als Backup im Display gespeichert werden. Sollte eine Parametrierung misslingen, kann über die Displaydaten der vorherige Stand der Einstellungen wiederhergestellt werden - die aktuellen Historom-Daten werden mit den Displaydaten überschrieben. Die Funktion „Daten duplizieren“ ermöglicht die Parametrierung von Geräten in gleichen Anwendungen, hier kann ein Parametersatz von einem Gerät zum anderen übertragen werden. Das Datenmanagement im neuen Zweileiter-Konzept lässt keine Wünsche offen.

SIL-gerecht schon ab der Markteinführung

Alle Geräte der neuen Micropilot-Familie FMR5x wurden nach IEC 61508 entwickelt. Diese hohe Qualität erlaubt den Einsatz in Schutzeinrichtungen direkt ab Markteinführung. Die Aufgabe von Schutzeinrichtungen ist es, das Risiko von Anlagen und Prozessen auf ein vertretbares Niveau zu reduzieren. Sie besteht in der Regel aus drei Elementen: dem Sensor, dem Aktor und der Sicherheitssteuerung. Für die Entwicklung, Herstellung und den Einsatz gibt es Normen: die komplett überarbeitete Grundnorm IEC 61508 und die für die Prozessindustrie abgeleitete IEC 61511. Der Betreiber hat darauf basierend die Möglichkeit, nach IEC 61511 betriebsbewährte oder nach IEC 61508 entwickelte Geräte einzusetzen. Nach IEC 61508 entwickelte Geräte haben den Vorteil, dass bereits im Entwicklungsprozess ein Managementsystem verwendet wurde, das systematische Fehler weitgehend vermeidet. Der Einsatzbereich des Micropiloten ist vielfältig: Sein Aufgabenspektrum reicht von der Min./Max.- und Bereichsregelung nach SIL bis zur Überfüllsicherung nach Wasserhaushaltsgesetz. Dabei ist es möglich, die Geräte im Low oder High Demand Mode zu nutzen. Die Geräte-Hardware wurde nach SIL2, die Software nach SIL 3 entwickelt. Dies erlaubt den Einsatz in SIL-2-Schutzeinrichtungen, aber auch SIL 3 in homogener Redundanz. Um Fehler durch unbefugten Zugriff zu vermeiden, verfügt die Gerätefamilie über eine Hard- und Software-Verriegelung. Zusätzlich wird über ein spezielles SIL-Menü die korrekte Parametrierung hinterlegt. Um die Sicherheitsfunktion der Schutzeinrichtung zu gewährleisten, das heißt gefährliche, unerkannte Fehler weitgehend auszuschließen, muss diese regelmäßig wiederkehrend geprüft werden. Betreiber verfahrenstechnischer Anlagen beklagen den enormen Zeit- und Kostenaufwand insbesondere bei kontinuierlich messenden Systemen. Füllstandänderungen für wiederkehrende Prüfungen sind im laufenden Prozess nicht praktikabel. Der Zugriff auf Geräte in der Anlage ist häufig nur bei Revision möglich. Problematisch stellt sich auch die aufwändige zeitliche Abstimmung zwischen Dienstleister und Prozessbetrieb dar. Die Lösung für all diese Anwenderprobleme ist die neue Gerätefamilie Micropilot FMR50-57. Mit diesen Geräten ist es möglich, das Prüfintervall auf bis zu zwei Jahre zu verlängern. Durch einen in der Software integrierten Prüfablauf werden die Sensorsignale in ihrer Position und Amplitude überprüft. Per Simulation wird dann das Auslösen der Sicherheitsfunktion verifiziert. Dies ist mit dem beigelegten Bedientool FieldCare von Endress+Hauser oder über das Gerätedisplay möglich. Eine Wiederholungsprüfung ist zu jeder Zeit unabhängig vom Prozess möglich, also ohne Stillstand der Produktion und Beeinflussung der Anlagenverfügbarkeit.

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