Etwa 10 Milliarden Euro beträgt das jährlichen Einsparpotenzial in der deutschen Industrie [1]. Einen großen Anteil daran hat der industrielle Druckluftverbrauch. Für die Bereitstellung von Druckluft zum Beispiel bei pneumatischen Anwendungen ist der Energiebedarf so hoch, dass die gesamte jährliche Stromerzeugung aus Photovoltaik auf deutschen Dächern nicht zu dessen Deckung ausreicht [2]. Dabei ist weitgehend bekannt, dass die Erzeugung von Druckluft mit erheblichen Verlusten behaftet ist: Abhängig vom Gesamtsystem sind in der Regel nur knapp zehn Prozent der eingesetzten elektrischen Energie im Anschluss als Nutzenergie verfügbar [3].
Pneumatik und Hydraulik - heute neu bewertet
Neben der Pneumatik ist die Hydraulik ein Teilgebiet der Fluidtechnik. Auch Hydraulikanwendungen bieten mit Wirkungsgraden um die 70 Prozent (angenommene Beispielrechnung mit 200 bar, einer Fördermenge von 0,57 m 3/h und einer Leistungsaufnahme von 4626 W) reichlich Einsparpotenziale.
Noch vor 20 Jahren galten beide Techniken als wichtige Verfahren zum Antreiben und Bewegen von Maschinen und darüber hinaus als eine wesentliche Alternative zu elektrischen Antrieben [4]. Dies gilt so heute nicht mehr, da die Energie heutzutage effizienter genutzt werden muss. Hydraulisch und pneumatisch betriebene Prozesse haben ihre Bedeutung behalten, doch die Elektromechanik bietet in vielen Anwendungsbereichen eine wirtschaftlich sinnvolle und aus energetischen Gesichtspunkten zu empfehlende Alternative.
Die Vor- und Nachteile der jeweiligen Energieträger sind in der Praxis grundsätzlich unter den Aspekten Kosten, Qualität, Arbeitsgeschwindigkeit und Sicherheit abzuwägen.
Antriebe im Vergleich
Ein direkter Vergleich der verschiedenen Antriebe soll die Unterschiede bei Kosten, Energiebedarf und CO 2verdeutlichen. Dafür wurde in einen experimentellen Aufbau eine spezielle Bewegungsaufgabe mit Parametern gewählt, die eine reale Abwägungssituation zwischen den Antrieben abbilden, wie sie in Produktionsbetrieben häufig vorkommt.
Die drei Antriebe waren dazu nebeneinander verbaut (Abbildung oben), so dass sie die Bewegungsaufgabe absolut vergleichbar ausführen konnten. Zudem wurden Zylinder mit vergleichbaren Spezifikationen in einer Kolbenstangenausführung mit 50cm Hublänge und etwa 1000N maximaler Zuladung ausgewählt. Im experimentellen Aufbau wurde für den Vergleich der Zylinder eine Zuladung nahe der Maximalbeladung von etwa 100 kg gewählt.
Im Versuch kamen pneumatische und hydraulische Standardkomponenten sowie als elektromechanischer Zylinder ein Tritex II der Firma Exlar zum Einsatz. Für eine Vergleichbarkeit aller drei Antriebe musste speziell der hydraulische Zylinder genauer betrachtet werden. Im Realbetrieb ist ein Hydraulikzylinder mit sehr hohen Drücken von 200 bis 280 Bar im Einsatz. Schon einfache physikalische Überlegungen (Kraft = Druck *Wirkfläche) zeigen, dass selbst der kleinste zu beschaffende Hydraulikzylinder im Gegensatz zu den beiden Konkurrenten ein Vielfaches der Kräfte bewegen konnte. Gleichzeitig benötigte aber das Hydraulikaggregat wesentlich mehr Energie zur Erzeugung eines so hohen Druckes. Um eine Vergleichbarkeit für genau diesen speziell gewählten Fall herstellen zu können, wurde daher dem Hydraulikzylinder der Energiebedarf nur anteilig zugerechnet, welcher für das Bewegen einer Last von maximal 100 kg nötig ist.
Die Messung für die experimentelle Gegenüberstellung sowie den energetischen Vergleich der Zylinder übernahm beim elektrischen Zylinder inklusive der Steuerung ein Energiezähler. Ein kalorimetrisches Volumenstrommessgerät für Druckluft bestimmte den Energiebedarf des pneumatischen Zylinders, die Bestimmung des Volumenstroms des Hydrauliköls übernahm ein Radzähler. Über den Volumenstrom ließ sich so der Energieverbrauch ermitteln. Dabei ging man bei der Druckluft von einem effizienten Kompressor aus, der zur Verdichtung 120 Wh/m 3benötigt, während beim Hydraulikzylinder ein Wert von 1,6 kWh/m 3pro Kubikmeter Hydrauliköl zugrunde lag.
Der gemessene Energieverbrauch wurde schließlich ausgehend von einem Drei-Schicht-Betrieb mit der Anzahl der Betriebsstunden multipliziert und auf den Energieverbrauch pro Jahr hochgerechnet. Basis dafür waren in dieser Beispielrechnung 6000 Betriebsstunden pro Jahr.
Ergebnisse des Experiments
Der Energiebedarf des pneumatischen Zylinders liegt bei 8380Kilowattstunden pro Jahr, der Energiebedarf des hydraulischen Zylinders bei 3602 Kilowattstunden, und der des elektrischen Zylinders liegt lediglich bei 816 Kilowattstunden pro Jahr. Ein jährlicher CO 2-Ausstoß von 5,3 Tonnen für den pneumatischen und von 2,3 Tonnen für den hydraulischen Zylinder stehen einem CO 2-Ausstoß von nur 525 kg beim elektrischen gegenüber. Das ist eine Ersparnis von 90Prozent gegenüber dem pneumatischen und 77Prozent gegenüber dem hydraulischen Zylinder.
Der errechnete Energieverbrauch pro Jahr multipliziert mit einem günstigen, in der Industrie üblichen, Strompreis von 0,1 Euro liefert die Kosten pro Jahr. Der Ermittlung des CO 2-Ausstoßes liegt der Wert 644 g CO 2pro Kilowattstunde für den deutschen Strommix zugrunde.
Faktorisiert dargestellt ergibt sich anhand des energetischen Vergleichs ein 4,4-mal höherer Energieeinsatz zur Erfüllung der Bewegungsaufgabe mittels Hydraulik. Die Pneumatik zieht sogar einen zehn Mal höheren Energieeinsatz nach sich. Basis der Faktorisierung ist dabei die Elektromechanik mit dem Faktor 1.
Weitere Informationen
[1] Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (Hrsg.): Energiekonzept für eine umweltschonende, zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung. Berlin, 2010
[2] BMU: Erneuerbare Energien in Zahlen, Berlin 2011.
[3] Pohl, C.; Hesselbach, J.: Substitution von Druckluft in der Produktion �?? Potentiale zur Senkung des Energiebedarfs. In: Industrie Management, Gito mbH �?? Verlag für Industrielle Informationstechnik und Organisation, Berlin, Ausgabe 2011/6.
[4] Paetzold, W./Hemming, W.: Hydraulik und Pneumatik, Christiani GmbH - Technisches Lehrinstitut und Verlag, Konstanz 1992.