Ansätze für eine resilientere Supply Chain Lieferengpässe bei passiven Bauelementen: Das können Unternehmen tun

Die Supply Chain für Elektronik ist wieder weitgehend stabil. Mit einer Ausnahme: Passive Bauelementen verzeichnen nach wie vor große Herausforderungen.

Bild: iStock, Andrii Yalanskyi
14.01.2025

Obwohl sich die Liefersituation für elektronische Komponenten im Allgemeinen erholt hat, verzeichnen passive Bauelemente nicht die erhoffte Besserung an Lagerbeständen. Besonders betroffen sind Kondensatoren und Induktivitäten. Was die Hintergründe der derzeitigen Situation sind und was betroffene Unternehmen tun können.

Probleme in der Lieferkette sind bei deutschen Unternehmen weit verbreitet. Laut einer aktuellen Umfrage von Reichelt Elektronik berichteten etwa vier von fünf Unternehmen (83 Prozent) von großen oder mittelgroßen Beeinträchtigungen durch Lieferkettenengpässe. Speziell bei passiven Bauelementen wie Widerständen, Kondensatoren und Spulen können diese durch eine Vielzahl von Faktoren verursacht werden.

Ein Grund ist die globale Zunahme der Elektronikproduktion: Die Nachfrage nach Elektronikgeräten wie Smartphones, Computern und auch IoT-Geräten für die Industrie und Automobilbranche ist enorm gestiegen. Dazu kommt, dass die Hersteller von passiven Bauelementen der enormen Produktionskapazität, die sich durch die gestiegene Nachfrage ergibt, nicht mehr gerecht werden können. Beispielsweise werden spezielle Dielektrika wie Bariumtitanat in Multilayer-Keramikkondensatoren (MLCCs) eingesetzt, die wiederum für den Bau von Elektrofahrzeugen stark gefragt sind.

Außerdem erfordert die Herstellung vieler passiver Bauelemente spezielle und teure Rohstoffe wie etwa Tantal, das begrenzt verfügbar ist und bei dem der Abbau kritisch gesehen wird, da es in politisch instabilen Regionen gewonnen wird. Tantal wird beispielsweise in Tantal-Elektrolytkondensatoren für industrielle Anwendungen verarbeitet, die unter anderem auch in Deutschland hergestellt werden.

Strategische Ansätze für Unternehmen

Auch wenn deutsche Unternehmen sehr darum bemüht sind, passive Bauelemente aus dem eigenen Land oder anderen Märkten wie USA zu beziehen, bleiben asiatische Länder wie China und Taiwan die Hauptakteure. Grund dafür ist die größere Produktionskapazität und die kosteneffizientere Preisstruktur, die dort besteht. In dem Fall gilt nicht der Preis als Hürde, sondern eine instabile Lieferkette, die durch geopolitische, logistische und produktionstechnische Herausforderungen hervorgerufen wird.

Die Gründe für Lieferengpässe sind also vielfältig, beruhen oft auch auf externen Faktoren, auf die Unternehmen kaum oder wenig Einfluss haben. Dennoch gibt es Maßnahmen, die Unternehmen proaktiv ergreifen können, um Konflikte in der Lieferkette zu vermeiden.

Die Diversifizierung ist eine Möglichkeit, die Unternehmen dabei hilft, wettbewerbsfähig und innovativ zu bleiben. Diese kann sich sowohl auf eine geografische Diversifizierung als auch auf die Diversifizierung von Zulieferern konzentrieren. Beides führt dazu, dass eine Abhängigkeit und Störungen bestmöglich vermieden werden.

Enge, langfristige Beziehungen zu allen Lieferanten fördern außerdem Vertrauen und Transparenz. Dies ermöglicht eine bessere Zusammenarbeit, um mögliche Ausfälle gemeinsam zu bewältigen. Auch wenn die Kostenstruktur in Asien eine andere sein mag als in Europa, so ist es doch sehr wichtig, in jedem Fall mit langfristigen Verträgen eine stabile Preislage zu gewähren.

Hilfe durch IoT, Big Data und KI

Weiterhin relevant ist die Erhöhung der Lagerbestände für kritische Bauteile: Unternehmen sollten für bestimmte Bauteile, die schwer zu beschaffen sind oder lange Lieferzeiten haben, Sicherheitsbestände aufbauen. Dies bietet eine Pufferzeit, um Produktionsunterbrechungen zu vermeiden. Der Einsatz von Technologien wie IoT, Big Data und Künstlicher Intelligenz kann dabei helfen, in Echtzeit Einblicke in Lieferketten zu erhalten. Das verbessert die Prognosegenauigkeit und die Reaktionsfähigkeit bei eventuell anfallenden Störungen.

Eine gewisse Flexibilität bei der Konstruktion, zum Beispiel in modularem Design, kann auch helfen. Denn so lässt es sich bei Komponenten, die schwer zu erreichen sind, leichter auf verfügbare Bauteile umsteigen. Last but not least, beugt eine proaktive Risikoanalyse unvorhergesehenen Ereignissen und Schwachstellen vor. Dadurch können Unternehmen schneller reagieren, falls es Schwierigkeiten mit der Lieferkette gibt, und sich anderweitig nach Alternativen umsehen.

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Fazit: proaktives Handeln entscheidend

Die Komplexität globaler Liefernetzwerke, wirtschaftliche Abhängigkeiten und geopolitische Spannungen machen moderne Lieferketten zunehmend empfindlich gegenüber verschiedensten Risiken. Wir sind zum Glück noch nicht von einem Abriss der Lieferkette passiver Bauelemente betroffen, aber Unternehmen müssen unbedingt auf die fragile Situation proaktiv reagieren, um sich an die veränderten Bedingungen anzupassen. Dadurch können sie negative Auswirkungen auf Produktion, Umsatz und Kundenbeziehungen minimieren.

Bildergalerie

  • Sven Pannewitz, Produktmanager bei Reichelt Elektronik, erklärt in seinem Kommentar, wie Unternehmen smart auf fragile Lieferketten reagieren.

    Sven Pannewitz, Produktmanager bei Reichelt Elektronik, erklärt in seinem Kommentar, wie Unternehmen smart auf fragile Lieferketten reagieren.

    Bild: Reichelt

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