Risikomanagement und Resilienz Lieferketten müssen noch deutlich resilienter werden

Die Studie zeigt: Unternehmen schätzen ihre Lieferketten heute als robuster ein als vor der Covid-19-Pandemie – aber es gibt noch Luft nach oben.

Bild: iStock, sarawut burarak
19.11.2024

Die Umsetzung eines Supply Chain Risk Managements (SCRM) befindet sich immer noch in einem frühen Stadium und es gibt noch viel Raum für Verbesserungen. Störereignisse haben eindeutig gezeigt, dass es für Unternehmen unerlässlich ist, auf resiliente Lieferketten zu setzen. Um dies zu erreichen, müssen Unternehmen ihre Lagerhaltung verbessern, ihre Beschaffungsstruktur anpassen und ihre Prozesse digitalisieren. Dabei ist Transparenz in den Lieferketten eine weitere Herausforderung, die es zu meistern gilt. Diese Ergebnisse sind zentrale Erkenntnisse der BME-Logistikstudie 2024 „Risikomanagement und Resilienz in Supply Chains“.

Die BME-Logistikstudie 2024 „Risikomanagement und Resilienz in Supply Chains“ belegt: Obwohl die Turbulenzen für die Weltwirtschaft nicht abnehmen und zu einer immer größeren Belastung der globalen Lieferketten werden, erhält ein umfassendes SCRM in vielen Unternehmen noch zu wenig Aufmerksamkeit. „Lediglich 26 Prozent der befragten Unternehmen haben eine explizite Funktion eingerichtet, die sich mit SCRM befasst. Diese Zahl verdeutlicht, dass mehr als zwei Drittel bislang keine strukturelle Verankerung für dieses wichtige Thema geschaffen haben“, betont BME-Hauptgeschäftsführerin Dr. Helena Melnikov. Angesichts der zunehmenden globalen Risiken sei dies ein alarmierendes Signal, das zum Nachdenken und Handeln anregen sollte.

Untersucht wurde auch den Grad der Wirksamkeit des SCRM: Nur 31 Prozent der Befragten sind damit zufrieden oder sehr zufrieden. „Dies zeigt, dass viele Unternehmen den Nutzen ihrer Maßnahmen noch nicht voll ausschöpfen. Angesichts weltweiter Bedrohungen der Lieferketten durch unvorhersehbare Krisen muss die Effektivität von Risikomanagement-Systemen gestärkt werden“, so Michael Jungk, Leiter der BME-Sektion Supply Chain Management und Logistik.

Transparenz in den Lieferketten bleibt eine weitere Herausforderung

Die Studie weist aus, dass zwar 79 Prozent der Unternehmen die erste Lieferantenstufe und 53 Prozent die erste Kundenstufe abdecken, jedoch werden tiefere Stufen innerhalb der Lieferkette häufig vernachlässigt. Nur knapp ein Drittel der Unternehmen berücksichtigen die zweite Lieferantenstufe, und bei lediglich 14 Prozent werden weitere Stufen miteinbezogen. Auch auf der Kundenseite zeigt sich ein ähnliches Bild: Lediglich 13 Prozent der befragten Firmen gehen über die erste Stufe hinaus. Das macht es schwierig, Risiken in der Tiefe der Lieferkette zu erkennen und rechtzeitig darauf zu reagieren.

Die am intensivsten genutzte Maßnahme, um nach den Störereignissen zu Resilienz in der Lieferkette beizutragen, war die Lagerhaltung. Dabei ging es einerseits darum, Störungen in der Inbound-Supply-Chain durch erhöhte Lagerhaltung von Rohmaterialien, Bauteilen, Komponenten und Modulen abzufedern. Andererseits sollten in der Outbound-Supply-Chain die Auswirkungen durch die Bevorratung von Fertigprodukten und Handelsware möglichst geringgehalten werden. Mehr als 40 Prozent der Unternehmen setzten diese Maßnahmen in großem und weitere mehr als 40 Prozent in gewissem Umfang um. Weitere Maßnahmen, die relativ häufig umgesetzt wurden, waren die Digitalisierung von Prozessen, Anpassungen in der Beschaffungsstruktur und bei den Beschaffungswegen.

Supply Chains werden heute als deutlich resilienter eingeschätzt

Insgesamt zeigt die Studie, dass Unternehmen ihre Lieferketten heute als deutlich resilienter einschätzen als vor Beginn der Covid-19-Pandemie. Der Anteil der Betriebe, die ihre lieferantenseitigen Supply Chains als widerstandsfähig oder sehr robust ansehen, ist von 22 Prozent auf 44 Prozent gestiegen. Auch auf der Kundenseite erhöhte sich dieser Wert von 29 Prozent auf 55 Prozent. Insbesondere der Informationsaustausch zwischen Unternehmen innerhalb der Lieferkette wurde vorangetrieben. Diese Entwicklung ist ermutigend und zeigt, dass die Unternehmen aus den Krisen der vergangenen Jahre gelernt haben.

Abschließend wird deutlich, dass es trotz weiterer Fortschritte noch viel Handlungsbedarf gibt. Die Sicherstellung einer nachhaltigen und resilienten Lieferkette erfordert kontinuierliche Anpassungen, Investitionen und die Weiterentwicklung der Risikomanagement-Systeme. Die nächsten Herausforderungen für Einkauf, Beschaffungslogistik und Supply Chain Management kommen bestimmt. Die gute Vorbereitung zahlt sich spätestens dann aus.

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Basis der BME-Logistikstudie 2024 „Risikomanagement und Resilienz in Supply Chains“ waren Expertinnen- und Experteninterviews im Zeitraum Juli bis August. Zuvor wurde eine Online-Befragung durchgeführt. Diese Erhebung fand vom 17. Juni 2024 bis einschließlich 22. Juli 2024 statt, an der sich 232 Personen beteiligten. Projektpartner der BME-Logistikstudie 2024 waren der BME und Prof. Dr. Michael Huth, Hulocon.

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