AMD und Intel bekommen Konkurrenz Marvell kauft Cavium

27.11.2017

Der Chiphersteller Marvell kauft seinen Mitstreiter Cavium für insgesamt sechs Milliarden US-Dollar, um sich gemeinsam gegen die noch größere Konkurrenz behaupten zu können.

Marvell Technology hat sich bereiterklärt, den konkurrierenden Chiphersteller Cavium für sechs Milliarden US-Dollar (umgerechnet rund fünf Milliarden Euro) in einem sogennanten Cash-and-Stock-Deal, also einer Transaktion mit Bar- und Aktienkomponenten, zu kaufen. Das gaben die beiden Unternehmen am vergangenen Montag bekannt.

Es ist ein ehrgeiziger Schritt

Marvells Hauptgeschäft ist die Herstellung von Chips zur Steuerung von Festplattenlaufwerken – ein Markt, der nicht mehr wächst, da neue Technologien die Datenspeicherung übernehmen. Cavium stellt Netzwerkprozessoren her und ist eines von mehreren Unternehmen, die versuchen, die Technologie von ARM Holdings Plc zu nutzen, um in den Markt für Server-Mikroprozessoren einzudringen. Es ist ein ehrgeiziger Schritt, denn Intel, der weltgrößte Chiphersteller, dominiert die Branche.

Das Geschäft war teuer, aber notwendig, um beiden Unternehmen dabei zu helfen, mit den Giganten der Halbleiterindustrie zu konkurrieren, darunter Intel, Qualcomm und Broadcom. Kosteneinsparungen könnten zehn Prozent zum Jahresgewinn des kombinierten Unternehmens beitragen, sagte Kevin Cassidy, ein Analyst der Branche, gegenüber der Finanznachrichtenagentur Bloomberg.

Die Karten werden neu gemischt

Es wird erwartet, dass die Cavium-Aktionäre auf einer Pro-forma-Basis rund 25 Prozent des kombinierten Unternehmens besitzen werden. Said Ali, Mitbegründer und Chief Executive Officer von Cavium, wird dem Vorstand von Marvell beitreten, während sein Mitbegründer Raghib Hussain und der technische Leiter Anil Jain das Führungsteam von Marvell vervollständigen. Marvells neuer Chief Executive Officer Matthew J. Murphy soll das neue Unternehmen künftig leiten.

Der Deal ist ein weiterer Schritt zur Konsolidierung der 300-Milliarden-Dollar-Halbleiterindustrie. Die Chiphersteller haben sich in den letzten zwei Jahren im Rekordtempo zusammengeschlossen und versucht, Skaleneffekte zu erzielen, um den steigenden Kosten und einer schrumpfenden Kundenliste zu begegnen. Im bisher größten vorgeschlagenen Deal hat Broadcom angeboten, Qualcomm für mehr als 100 Milliarden US-Dollar zu kaufen.

Größter Deal für den neuen CEO

Die Übernahme von Cavium in San Jose, Kalifornien, ist der größte Deal für Murphy, der im vergangenen Jahr die Rolle des Chief Executive Officer übernahm, nachdem ein Buchhaltungsskandal den Rücktritt seines Vorgängers erzwungen hatte. „Dies ist eine spannende Kombination aus zwei sehr komplementären Unternehmen, die zusammen mehr als die Summe ihrer Teile ergeben“, sagte Murphy in einer Erklärung.

Marvell versucht sich nach einem Firmenskandal neu zu formieren. Im Jahr 2015 leitete das Unternehmen eine interne Untersuchung seiner Rechnungslegungspraktiken ein und kam zu dem Schluss, dass einige Umsätze vorzeitig realisiert wurden. Die Untersuchung ergab auch, dass das Top-Management Druck auf das Vertriebs- und Finanzpersonal ausübte, um die Umsatzziele zu erreichen und keine Bedenken hinsichtlich der Behauptung des ehemaligen CEO Sehat Sutardja über die persönliche Eigentümerschaft an Patenten äußerte.

Während der Untersuchung beteiligte sich Starboard Value LP an Marvell und drängte auf Veränderungen im Management und auf Veräußerungen. Im April 2016 traten Sutardja und seine Frau, Präsident Weili Dai, die das Unternehmen 1995 gründete, zurück.

Aktien sind gestiegen

Starboard hält immer noch einen Anteil von 6,8 Prozent und die Aktien von Marvell sind in diesem Jahr bis Freitag um 46 Prozent gestiegen, was dem Unternehmen einen Marktwert von etwa zehn Milliarden US-Dollar bescherte. Cavium-Aktien haben in dieser Zeit um 21 Prozent zugelegt. Zu den Kunden von Marvell zählen laut Bloomberg Supply Chain Analysis Western Digital, Toshiba und Samsung Electronics.

Marvell hat von Goldman Sachs und der Bank of America ein Überbrückungsdarlehen in Höhe von 850 Millionen US-Dollar und ein Darlehen in Höhe von 900 Millionen US-Dollar erhalten. Der Abschluss der Transaktion wird für Mitte 2018 erwartet.

Firmen zu diesem Artikel
Verwandte Artikel