Die Datensicherheit im Netz ist bedroht: Zukünftig könnten Quantencomputer selbst verschlüsselte Dateien, die über das Internet gesendet werden, in kürzester Zeit decodieren. Forschende weltweit experimentieren deswegen mit Quantennetzwerken, die künftig, zum Quanteninternet verbunden, einen Paradigmenwechsel ermöglichen sollen. Über ein solches System kann dann mittels quantenmechanischer Phänomene wie Überlagerung (Superposition) und Verschränkung sowie kryptographischer Quantenprotokolle eine abhörsichere Kommunikation gewährleistet werden. Doch bislang steckt das Quanteninternet noch in den Kinderschuhen: Hohe Kosten gepaart mit einem hohen Energieverbrauch und einer hohen Komplexität für die notwendigen Technologien verhindern bislang eine einfache Skalierung von Quantennetzwerken.
Abhilfe wollen zwei Forschende des Instituts für Photonik an der Leibniz Universität Hannover schaffen. Sie haben ein neuartiges Verfahren für eine verschränkungsbasierte Quantenschlüsselverteilung mittels Frequenz-bin-kodierung entwickelt. Bei dieser quantenmechanischen Verschlüsselungstechnik werden unterschiedliche Lichtfrequenzen, also Farben, verwendet, um die jeweiligen Quantenzustände zu kodieren. Das Verfahren erhöht die Sicherheit und die Ressourceneffizienz. „Durch unseren Ansatz könnten Quantennetzwerke in Zukunft ressourcensparender skaliert werden, um höhere Nutzerzahlen über größere Entfernungen zu verbinden“, sagt Prof. Dr. Michael Kues, Leiter des Instituts für Photonik und Mitglied im Vorstand des Exzellenzclusters PhoenixD der Leibniz Universität Hannover. Die Forschung zu optischen Technologien und photonischen Quantenbits zählt zu den Schwerpunkten der Universität.
Neue Technik reduziert Kosten
Durch die Umsetzung der verschränkungsbasierten Quantenschlüsselverteilung mittels der Frequenz als Freiheitsgrad ergeben sich zwei Vorteile. „Zum einen verhält sich die Frequenz im Vergleich zu Polarisation sehr robust gegenüber dem Rauschen, das durch Umweltfaktoren wie Temperaturschwankungen und mechanische Schwingungen in den verwendeten Glasfasern induziert wird und die Schlüsselübertragung stört“, sagt Anahita Khodadad Kashi, Doktorandin am Institut für Photonik. „Der zweite Vorteil ist, dass wir durch die Nutzung der Frequenz die Komplexität des Verfahrens und damit auch die Kosten reduzieren konnten“, sagt Khodadad Kashi.
Den Forschenden ist es gelungen, die Quantenzustände der Lichtteilchen nicht mehr an vier hochempfindlichen Photonendetektoren zu messen, sondern nur an einem Detektor. Um die vier benötigten Messungen durchzuführen, haben sie ein Verfahren, einen Frequenz-zu-Zeit-Transfer, genutzt, welches Frequenzkomponenten in die Ankunftszeit auf dem Detektor abbildet. Dadurch ließen sich die Kosten für die handelsüblichen Telekommunikationskomponenten von rund 100.000 Euro auf ein Viertel senken, sagt Kues. „Zudem sinkt die Anfälligkeit für Detektorangriffe und das System wird sicherer“, sagt Khodadad Kashi.
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Das Verfahren nutzt nicht nur einen, sondern mehrere Kanäle gleichzeitig. Dieses sogenannte adaptive Frequenzmultiplexing erhöhe auch die Schlüsselverteilungsrate ohne weitere technische Geräte zu benötigen. „Mit diesem Ansatz kann zudem die Leistung des Quantennetzwerks dynamisch auf die aktuelle Auslastung angepasst werden“, sagt Khodadad Kashi. „Perspektivisch ermöglicht unser Ansatz eine dynamische, ressourcenminimierte Quantenschlüsselverteilung zwischen mehreren Nutzern. Damit könnten Quantennetzwerke skalierbar werden“, sagt Kues. „Quantennetzwerke könnten ein wichtiger Baustein sein, um kritische IT-Infrastruktur beispielsweise im Banken- und Gesundheitssektor sicherer zu machen.“
Weiteren Forschungsbedarf sieht Kues im Zusammenspiel der Nanophotonik mit der Quantenoptik, um weitere Verfahren und Komponenten zur Erzeugung von vielfältigen Quantenzuständen zur multidimensionalen Kodierung von Quanteninformation zu entwickeln. „Mit dem Aufbau von Quantennetzwerke werden wir künftig eine neue Qualität an Verbindungsmöglichkeiten, Kapazitäten, Reichweite und Sicherheit von Quantenkommunikation erleben“, sagt Kues.
Förderung
Die Forschung wurde gefördert von TÜV Nord / Alter Technology, vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und dem Europäischen Forschungsrat (ERC).