Hot-Plug ist der Moment, in dem die Batterieüberwachung zum Leben erwacht. Gleichzeitig ist dies aber auch eine der schwierigsten Bedingungen, welche der Baustein überleben muss. Der beste Schaltkreis ist nutzlos, wenn er bei der ersten Verbindung mit der Batterie zerstört wird. Warum ist dieser simple Vorgang so kompliziert? Dafür gibt es im Wesentlichen zwei Gründe:
Die Batteriezellen sind niemals komplett entladen.Die Verbindung erfolgt also immer unter Last (Hot-Plug). Aus Kostengründen verbietet sich ein sequenzielles Verbinden der Zellen. Es ist also nicht vorhersagbar, welche Steckerpins zuerst kontaktieren.Aus dem letzten Grund ist es wahrscheinlich, dass einzelne Zellen bereits mit den Messeingängen verbunden sind, während Masse und Betriebsspannung noch offen sind. Ein Schaltkreis, der nicht für diese Situation entwickelt wurde, wird diesen Moment vermutlich nicht überstehen. Ein besonderes Problem dabei sind die Ströme, welche auf unkontrollierten Pfaden in die Schaltung hineinfließen und so die dort befindlichen Kapazitäten aufladen. Diese Ströme können Spitzen von mehreren Ampere aufweisen und müssen deshalb durch externe Widerstände begrenzt werden.
Da die meisten dieser Pfade durch die Zellspannungseingänge des ICs führen, hat dies immer negative Auswirkungen auf die Genauigkeit. Schutzwiderstände erzeugen Spannungsabfälle, vor allem dann, wenn die Eingangsströme groß sind. Noch schwieriger wird es, wenn diese Ströme stark temperaturabhängig sind. Dies verursacht erhebliche Messfehler, die außerdem schwer abzuschätzen sind. Im schlimmsten Fall wird so eine Kalibrierung des gesamten Boards in der Produktion erforderlich.
Um dies auf jeden Fall zu vermeiden, benötigt man Eingangsstufen, die mit sehr kleinen und außerdem konstanten Eingangsströmen arbeiten. Mit bipolaren Eingangsstufen ist dies schwer zu schaffen. Besser geeignet dafür sind jedoch Charge-Transfer-Architekturen, wie sie in der neuesten Generation der Batteriemonitor-ICs oft verwendet werden. Die Eingangsströme liegen im Bereich <2 μA und sind sehr stabil. Folgende Rechnung verdeutlicht dies:
Mit einem Vorwiderstand von 1 kOhm und einem Eingangsstrom von 2 μA ergibt sich ein Spannungsabfall von 2 mV. Da der Eingangsstrom nur äußerst gering variiert, wird dieser Effekt bei der Kalibrierung des ICs kompensiert. Die einzige verbleibende Unsicherheit ist die Toleranz des Widerstandes. Selbst ein Widerstand mit einer Toleranz von 5 Prozent beeinträchtigt die Messgenauigkeit kaum.
Diagnose und Fehler
Der Aufbau heutiger Li-Ionen-Zellen macht sie viel sicherer als sie es in der Vergangenheit waren. Trotzdem ist es wichtig, sie richtig zu managen und jeden Fehler im Batteriesystem sofort aufzudecken. Die Überwachungsschaltungen müssen die Zellen permanent auf Erscheinungen wie Über- und Unterspannung sowie Übertemperatur überprüfen.
Was aber passiert, wenn die Überwachungsschaltung selbst nicht mehr korrekt funktioniert? Die Batterie könnte so unbemerkt in einen kritischen Betriebszustand geraten. Es ist deshalb mindestens genau so wichtig, dass die korrekte Funktion des Bauteils permanent überprüft wird. Dies ist eine sehr umfangreiche Aufgabe, zumal sie zyklisch neben den Spannungs- und Temperaturmessungen durchgeführt werden muss. Nur so lässt sich gewährleisteen, dass der Nutzer der gewonnenen Information über den Zustand des Systems auch vertrauen kann. Diese Eigentestroutinen prüfen neben der bestehenden Verbindung zwischen dem IC und den Batteriezellen vor allem die Einhaltung wichtiger Systemparameter (z. B. Genauigkeit der Spannungsreferenz, Oszillatorfrequenzen usw.), die korrekte Funktion von externen Komponenten und stellen sicher, dass ein Fehler, sobald er diagnostiziert ist, gemeldet wird. Die Sicherheitsnorm ISO26262 verlangt die Abdeckung aller identifizierten Fehlerszenarien, um die Wahrscheinlichkeit unentdeckter Restfehler auf ein akzeptables Maß zu reduzieren.
Die Detektion eines Fehlers löst eine Kommunikation aus und setzt ein logisches Fehlersignal am Ausgang der Überwachungsschaltung. Optional kann man das Monitormodul bei bestimmten Fehlermeldungen auch auf automatische Systemabschaltung einstellen. Eine sofortige Abschaltung kann bei bestimmten Fehlerarten auch ohne Intervention des Mikrocontrollers erfolgen. Die spezifische Reaktion auf unterschiedliche Fehlerarten lässt sich so programmieren, dass die Fahrzeughersteller entsprechende Auswahloptionen für bestimmte nationale Märkte mit ihren unterschiedlichen Gesetzgebungen vorsehen können. Abbildung 1 zeigt wie durch die Verwendung eines geeigneten Backup-ICs, das Sicherheitsniveau weiter angehoben werden kann. Der Backup-Baustein kann bei Ausfall der Batteriemonitore immer noch sicherstellen, dass die Zellen weder in einen Betriebszustand mit Über- noch mit Unterspannung gebracht werden. Auf diese Art lässt sich zum Beispiel eine Limp-Home-Funktion garantieren. Der Fahrer könnte es also noch von der Autobahn zur nächsten Raststätte fahren.
Kommunikation
Da es sich bei der Batterieüberwachung um ein verteiltes System handelt, besteht die Notwendigkeit, die einzelnen ICs mit der zentralen Batteriemanagement-Unit kommunizieren zu lassen. Die dabei zu überwindenden Entfernungen zwischen den einzelnen Monitor Boards können 1 m und mehr betragen. Da aus Kostengründen eine Abschirmung der Kabel nicht in Betracht kommt, sind die Leitungen den elektromagnetischen Störfeldern ungeschützt ausgesetzt. Trotzdem darf es keinesfalls zu einem Ausfall der Kommunikation kommen. Hinsichtlich der Robustheit und Datenrate muss sich diese Übertra-gungsstrecke also mit solch ausgereiften Bussystemen wie CAN vergleichen lassen. Die Verwendung einer CAN-Schnittstelle zwischen allen Überwachungsschaltungen brächte aber einen großen zusätzlichen Aufwand mit sich. Ein galvanisch getrenntes CAN-Interface kostet einige US-Dollar pro Überwachungsschaltung. Ein speziell für diese Anwendung entwickeltes Interface erledigt diese Aufgabe für einen Bruchteil dieses Betrags. Abbildung 2 zeigt die Auslegung als Verbindung zwischen zwei Boards.
Diese Schnittstelle ist ein Zweidraht-Interface nach dem Daisy-Chain-Prinzip, das voll differenziell arbeitet und so konfiguriert ist, dass es die Empfindlichkeit gegenüber Transienten und HF-Störungen vermeidet. Es arbeitet völlig gleichstromfrei und kann dadurch zwischen Teilnehmern mit stark unterschiedlichen elektrischen Potenzialen funktionieren. Der Aufwand zur Filterung ist minimal. Der Vorteil dieser kapazitiven Kopplung besteht darin, dass das System bei hohen Frequenzen niederohmig wird. Dies erhöht die Widerstandsfähigkeit gegen eingekoppelte HF-Störungen. Die Leitungstreiber sind sehr gut kontrolliert und schalten symmetrisch, sodass auch die HF-Abstrahlung unterhalb den für CAN- und LIN-Transceivern in der OEM-Spezifikation "OEM Hardware Requirements For CAN, LIN and FlexRay Interfaces" geforderten Grenzwerten bleibt. Die Länge der möglichen Verbindung wird aussschließlich durch die Kapazität des Kabels und der Datenrate bestimmt.
Zur Potenzialtrennung werden auf beiden Seiten eines Segments Kondensatoren (C1 in Abbildung 2) verwendet. Diese können als so genannte Y-Caps ausgeführt werden, um so den Sicherheitsanforderungen der Fahrzeughersteller Rechnung zu tragen. Auf diese Weise wird auch im Fall eines beschädigten oder abgerissenen Kabels der von den Autoherstellern geforderte Isolationswiderstand gewährleistet. Der in Abbildung 1 gezeigte unterste IC arbeitet als Daisy-Chain-Master und wickelt die gesamte Kommunikation zwischen dem Host in der BMU und der Daisy-Chain ab. Man kann diesen Master auch in die BMU integrieren, um ihn dort als reines Gateway zu betreiben. Auf diese Weise lässt sich mit der Daisy-Chain auch die Brücke zwischen der Hochspannungsdomäne und der 12-V-Autobatterieumgebung schlagen. Sollen mehr als zwölf Zellen mit einem Monitorboard überwacht werden, ist es erforderlich, zwei ICs auf einem Board zu haben. In diesem Fall vereinfacht sich die Beschaltung der Daisy-Chain, da auf einige Filterkomponenten verzichtet werden kann.
Probleme der Messgenauigkeit
Jeder, der schon einmal mit genauen Spannungsreferenzen zu tun hatte, kennt das Problem. Das Datenblatt verspricht höchste Genauigkeit, aber auf der Platine sieht es deutlich schlechter aus. Nicht anders verhält es sich bei so einem genauen Messsystem wie dem Batteriemonitor. Hauptursache ist oft mechanischer Stress, der auf den Chip wirkt. Dieser entsteht durch die schnelle und hohe Erhitzung des Bauteils beim Löten. Feuchtigkeit, die im Gehäuse enthalten ist, dehnt sich aus und erzeugt so mechanischen Spannungen. Man kann den IC vor dem Verbauen backen und den Chip innerhalb des Gehäuses mit einer weichen Schicht umgeben, welche diese Spannungen absorbiert, aber ganz kann man diesen Effekt nie neutralisieren. Der Anwender sollte dies immer bei der Spezifizierung seines Systems bedenken, damit die angestrebte Systemgenauigkeit auch tatsächlich erreicht werden kann. Abbildung 3 zeigt den durchschnittlichen Messfehler aller zwölf Zellen eines Batteriemonitor-ICs in der Applikation (nach erfolgtem Löten). Gegenüber einem unverbauten IC ergibt sich ein Messfehlerversatz, der innerhalb statistischer Grenzen bei allen Bauteilen auftritt. Diesen kann man bei der Kalibrierung des ICs unter Umständen mit einkalkulieren. Eine weitere Herausforderung ist das Messen unter realen Bedingungen. Der Baustein sitzt direkt in der Batterie. Dies bedeutet, dass in unmittelbarer Nachbarschaft hohe Ströme geschaltet werden. Diese Schaltvorgänge erzeugen Transienten an den Batterieklemmen, die der Baustein mit minimalem externen Filteraufwand unbeschadet überstehen muss. Ebenso störend kann sich die über die Daisy-Chain eingekoppelte HFEnergie auswirken. Die Verbindung der einzelnen Überwachungsmodule durch die Daisy-Chain stellt wirkungsvolle Antennen da. Design und Layout der Leiterplatte müssen deshalb auf diese raue Umgebung abgestimmt sind. Der genaueste Schaltkreis ist nutzlos, wenn seine Referenzspannung mit eingekopppelter HF-Spannung moduliert wird. Im Allgemeinen wird gefordert, die volle Funktion und spezifizierte Genauigkeit bei einer HF-Feldstärke von 200 V/m bzw. einem Strom von 100 mA im BCI-Test zu gewährleisten. Das ist eine schwierige aber lösbare Aufgabe.
Zusammenfassung
Die nächste Generation von Elektro- und Hybridautos stellt neue und härtere Anforderungen an die Batterie und die Überwachungselektronik, damit die Produkte wirklich alltagstauglich werden. Dies erfordert bei der gesamten Lieferantenkette große Anstrengungen, um die Batterie leistungsfähiger, billiger und sicherer zu machen. Die in diesem Beitrag diskutierten Anforderungen sind dabei nur die Spitze des Eisbergs. Die neue Generation der Batteriemonitor-ICs leisten bei der Erfüllung dieser Anforderungen einen wichtigen Beitrag, indem sie einen großen Teil der geforderten Funktionen bereits integrieren. Sie messen genauer, überwachen sich und kommunizieren sicher untereinander, ohne dabei die Kosten in die Höhe zu treiben. Mit einem Batteriemonitor-IC dieser Generation ist es möglich, ein ASIL-C-klassifiziertes System zu realisieren, ohne einen Backup-IC verwenden zu müssen.