Die Wiederaufarbeitung ist eine Möglichkeit, die Kreislaufwirtschaft in der Industrie zu verwirklichen. Bei diesem Verfahren wird ein Produkt in seine Bestandteile zerlegt. Die gebrauchten oder verschlissenen Teile werden aufbereitet und sind somit in einem fast neuen (oder sogar besseren) Zustand. Der Gedanke hinter Remanufacturing ist, dass ein Produkt am Ende seiner Lebensdauer zwar in seiner ursprünglichen Form nicht mehr nützlich ist, aber immer noch über einen Wert in Form von Energie, Ressourcen und Materialien verfügt. Die Wiederaufbereitung zielt daher im Wesentlichen darauf ab, diesen Wert wieder in die Wirtschaft zu bringen.
Studien der University of Michigan haben gezeigt, dass die Wiederaufbereitung eines Mittelklassemotors etwa 68 bis 83 Prozent weniger Energie verbraucht als die Herstellung eines neuen Motors. Gleichzeitig lassen sich die Kohlendioxidemissionen um 73 Prozent bis 87 Prozent senken. Die Vorteile sind aber nicht nur ökologischer Natur. Die Wiederaufbereitung ist auch wirtschaftlich sinnvoll, denn sie senkt die Kosten: Ein wiederaufbereiteter Motor ist zwischen 30 und 53 Prozent günstiger als die Produktion eines neuen Motors. Gleichzeitig erschließt sich ein neuer Wirtschaftszweig, der entsprechend spezialisierte Arbeitsplätze schafft und so das Wachstum ankurbelt. Es überrascht daher nicht, dass die Wiederaufarbeitung bis 2030 ein Marktpotenzial von 90 Milliarden Euro bietet.
Trotz dieser Vorteile hat die Wiederaufarbeitung in Europa noch nicht richtig Fuß gefasst und macht weniger als zwei Prozent der neuen Produktionsleistung aus. Die Gründe dafür reichen von der mangelnden Anerkennung bei den Kunden und der schlechten Verfügbarkeit von „Kernen“ (gebrauchte Teile und Produkte, die wiederaufgearbeitet werden können) bis hin zu hohen Arbeitskosten. Aber auch an entsprechenden Technologien, Fähigkeiten und Wissen mangelt es momentan. Ein weiteres Hindernis: Die Vorschriften für die Wiederaufbereitung in den verschiedenen Regionen und Richtlinien sind nicht ausreichend klar.
Dringender Handlungsbedarf
Es besteht daher dringender Bedarf an Initiativen zur Förderung der Wiederaufarbeitung in Europa. Derzeit agieren die Hersteller in verschiedenen Sektoren wie der Automobilindustrie, der Luft- und Raumfahrt, der Medizintechnik und so weiter unabhängig voneinander. Das bedeutet, dass sie ihre Expertise nicht austauschen – und somit nicht wissen, welche Verfahren sich beispielsweise in anderen Branchen bewährt haben. Hier müssen Anstrengungen unternommen werden, um den Wissensaustausch und die Zusammenarbeit zu erleichtern. Akademische Forschung, Innovationen und Investitionen der Industrie sowie die Politik müssen zusammenarbeiten, um eine einheitliche Vision und einen Plan für die europäische Wiederaufbereitung als Ganzes zu entwickeln.
Einige bemerkenswerte Programme sind bereits im Gange: Die Circular Cars Initiative zielt darauf ab, die Kreislaufproduktion, Geschäftsmodelle und politische Agenden für den Mobilitätssektor zu fördern. Ziel ist es, die Lebenszyklusemissionen von Automobilen, insbesondere während der Herstellung, zu reduzieren oder idealerweise komplett zu eliminieren. Die Initiative konzipiert, realisiert und skaliert Pilotprojekte und Aktionsgruppen, die von der Industrie, politischen Entscheidungsträgern und Regulierungsbehörden leicht übernommen werden können. Es gibt auch eine Reihe von Mandaten der Europäischen Kommission, zum Beispiel die Abfallrahmenrichtlinie, die die Entwicklung der Wiederaufarbeitung in der Region vorantreiben könnten.
Frühe Vorreiter
Einige Unternehmen haben bereits hinsichtlich der Wiederaufbereitung signifikante Fortschritte erzielt. Der Maschinenhersteller Caterpillar ist beispielsweise für seine branchenführenden Wiederaufbereitungsstrategien bekannt. So entwickelt Caterpillar seine Produkte mit Blick auf die Wiederaufbereitung. Im Jahr 2021 sammelte das Unternehmen 88 Prozent der für eine Wiederaufbereitung in Frage kommenden Altgeräte ein und recycelte rund 127 Millionen Pfund Material. Auch der Agrartechnikkonzern John Deere bietet Kosteneinsparungen von 25 bis 30 Prozent bei wiederaufbereiteten Teilen im Vergleich zu Neuteilen.Zudem engagieren sich auch Automobilhersteller und -zulieferer.
Der deutsche Autoteilehersteller Continental verspricht eine 100-prozentige Leistung und Zuverlässigkeit der wiederaufbereiteten Teile bei nur zehn Prozent der Rohstoff- und Energiekosten. Borg Automotive, ein in Dänemark ansässiger Hersteller von wiederaufbereiteten OE-kompatiblen Autoteilen, betreibt das größte Kernlager in Europa mit mehr als einer Million Kernen.
Angesichts der schieren Größe des europäischen Marktes für gebrauchte Produkte, ist Europa gut positioniert, um bei den weltweiten Bemühungen um die Wiederaufbereitung von Produkten oder die Wiederverwertung von Materialien, eine führende Rolle zu spielen. Darüber hinaus könnte die Region als frühe Anwenderin digitaler Technologien innovative Lösungen nutzen, um das Remanufacturing in großem Maßstab einzuführen. So liefern beispielsweise Industrie-4.0-Technologien wie mit IoT-Sensoren ausgestattete Produkte und Datenkontrolle detaillierte Einblicke in die Produktnutzung (inklusive deren Abnutzung). Dadurch sind Hersteller in der Lage, in den Bereich des Remanufacturing einzusteigen.