Aktive Mikropartikel für die Künstliche Intelligenz Neuronale Netze ohne Strom betreiben

Das neu entwickelte neuronale Netz arbeitet nicht mit Strom, sondern mit sogenannten aktiven kolloidalen Teilchen.

Bild: iStock, DKosig
30.01.2024

Künstliche Intelligenz mit neuronalen Netzen führt Berechnungen digital mithilfe von mikroelektronischen Chips durch. Physiker der Universität Leipzig haben nun eine Form des neuronalen Netzes realisiert, das nicht mit Strom, sondern mit sogenannten aktiven kolloidalen Teilchen arbeitet. Jetzt geht es darum, diese Mikropartikel als physikalisches System für die Künstliche Intelligenz und die Vorhersage von Zeitreihen zu benutzen.

„Unser neuronales Netzwerk gehört in den Bereich des Physical Reservoir Computing, in dem die Dynamik physikalischer Prozesse, wie Wasseroberflächen, Bakterien oder Tentakelmodelle von Kraken zur Berechnung herangezogen werden“, erläutert Prof. Dr. Frank Cichos, dessen Arbeitsgruppe das Netzwerk mit Unterstützung von ScaDS.AI entwickelt hat. Als eines von fünf neuen KI-Zentren in Deutschland wird das Forschungszentrum mit Standorten in Leipzig und Dresden seit 2019 im Rahmen der KI-Strategie des Bundes gefördert und durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie den Freistaat Sachsen unterstützt.

Synthetische Partikel in Mikrometer-Größe

„Bei unserer Realisierung verwenden wir synthetische, selbstangetriebene Partikel, die nur wenige Mikrometer groß sind“, führt Cichos aus. „Wir zeigen, dass diese für Berechnungen genutzt werden können und stellen gleichzeitig eine Methode vor, die den Einfluss von störenden Effekten wie dem Rauschen in der Bewegung der kolloidalen Teilchen unterdrückt.“ Kolloidale Teilchen sind Partikel, die in ihrem Dispersionsmedium (Feststoff, Gas oder Flüssigkeit) fein verteilt sind.

Für ihre Experimente haben die Physiker kleine Einheiten aus Plastik- und Gold-Nanopartikeln entwickelt, bei denen ein Partikel angetrieben durch einen Laser um ein anderes Partikel rotiert. Diese Einheiten haben bestimmte physikalische Eigenschaften, die sie für das Reservoir Computing interessant machen. „Jede dieser Einheiten kann Informationen verarbeiten, und viele Einheiten bilden das sogenannte Reservoir. Wir verändern die Rotationsbewegung der Partikel im Reservoir durch ein Eingangssignal. Die daraus resultierende Drehung enthält das Ergebnis einer Berechnung“, erläutert Dr. Xiangzun Wang. „Um eine bestimmte Berechnung durchzuführen, muss das System trainiert werden, wie viele neuronale Netzwerke.“

Rauschminderung verbessert Leistung

Das störende Rauschen hat die Arbeitsgruppe besonders beschäftigt. „Da unser System extrem kleine Partikel in Wasser enthält, ist das Reservoir starkem Rauschen ausgesetzt, ähnlich dem Rauschen, dem alle Moleküle in einem Gehirn unterliegen“, berichtet Professor Cichos. „Dieses Rauschen, die Brownsche Bewegung, stört die Funktion des Reservoir-Computers stark und erfordert in der Regel ein sehr großes Reservoir, um Abhilfe zu schaffen. In unserer Arbeit haben wir herausgefunden, dass die Nutzung vergangener Zustände des Reservoirs die Computerleistung verbessern kann, sodass kleinere Reservoirs für bestimmte Berechnungen unter verrauschten Bedingungen verwendet werden können.“

Somit habe man nicht nur einen Beitrag geleistet im Feld der Informationsverarbeitung mit aktiver Materie, sondern zugleich eine Methode entwickelt, die mittels Rauschminderung für eine Verbesserung des Reservoir Computing sorgen könne.

Bildergalerie

  • Schema des kolloidalen Reservoir Computers: Polymer- und Gold-dekorierte Partikel, die durch einen Laser kontrolliert werden und Berechnungen ausführen.

    Schema des kolloidalen Reservoir Computers: Polymer- und Gold-dekorierte Partikel, die durch einen Laser kontrolliert werden und Berechnungen ausführen.

    Bild: Universität Leipzig / Frank Cichos

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